Mark Twain soll einmal gesagt haben: «Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich.» Frei nach diesem Motto beleuchtet Regielegende Steven Spielberg in «The Post» die politisch brisante Pentagon-Papers-Affäre von 1971 – mit Donald Trump im Hinterkopf.
Es war einer der lustigsten Momente bei den diesjährigen Golden Globes: Moderator Seth Meyers beschrieb «The Post» als «einen Film über journalistische Integrität, inszeniert von Steven Spielberg und mit Tom Hanks und Meryl Streep in den Hauptrollen», woraufhin eine Bühnenhilfe ins Rampenlicht stürzte, beladen mit Golden Globes. Doch Meyers intervenierte: «No, not yet, we have to wait.»
Tatsächlich klingt die Affiche wie ein stereotyper Filmpreis-Magnet, im Hollywood-Volksmund «Oscar bait» genannt – prestigeträchtige Namen, historische Figuren, eine inspirierende David-gegen-Goliath-Geschichte. 1971 beliefert der Pentagon-Whistleblower Daniel Ellsberg (Matthew Rhys) die «New York Times» mit geheimen Verteidigungsministeriumsberichten über den Vietnamkrieg, der weitaus weniger erfolgreich läuft, als es sämtliche Nachkriegsregierungen der USA zugeben mochten. Präsident Richard Nixon bildet da keine Ausnahme: Er verbietet der «Times» die Veröffentlichung der Ellsberg-Papiere.
Das Thema könnte relevanter nicht sein. Seit seiner Wahl im November 2016 beschimpft US-Präsident Donald Trump Publikationen, die kritisch über ihn berichten, als «Fake News». Propagandistische Organe wie Fox News und Breitbart werden bei Pressekonferenzen bevorzugt. Schon lange denkt der Pöbler-in-Chief laut über Mittel und Wege nach, unliebsame Zeitungen und Sender zu verklagen.
«The Post» erinnert daran, wie mit solchem Verhalten umzugehen ist. Denn Spielbergs Helden sind nicht die Journalisten der «Times», sondern «Washington Post»-Inhaberin Katharine Graham (Meryl Streep) und -Chefredaktor Ben Bradlee (Tom Hanks, der viel Gefallen an Bradlees Grummelstimme findet), der während der Ellsberg-Affäre die Chance wittert, den provinziellen Ruf seiner Zeitung endlich abstreifen zu können. Er und seine Redaktionskollegen begeben sich auf die Suche nach Ellsberg, um der «Times» erst Konkurrenz zu machen und, nachdem ihre New Yorker Rivalen vor Gericht gezogen werden, ihre Arbeit weiterzuführen – sehr zum Leidwesen der mächtigen «Post»-Investoren.
Die Stossrichtung ist offensichtlich; man kennt sie aus Filmen wie «All the President’s Men» (1976) von Alan J. Pakula oder «Spotlight» (2015) von Tom McCarthy: Nur eine ent- und geschlossene Journalistenfront kann sich dem Druck von oben widersetzen, kann die Bevölkerung davon überzeugen, dass Nixons Verbote – und Trumps Drohungen – verfassungswidrig sind.
Sonderlich subtil mag der Aktualitätsbezug nicht sein – das Drehbuch steckt voller Dialogzeilen, die aus dem gegenwärtigen Mediendiskurs gegriffen zu sein scheinen –, doch Spielbergs Qualitäten als Geschichtenerzähler und -inszenator bleiben unbestreitbar. «The Post» ist rasant und intensiv erzählt und ist ein höchst unterhaltsamer Beitrag zum altehrwürdigen Hollywood-Genre des journalistischen Kammerspiels.
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Kinostart Deutschschweiz: 22.2.2018
Filmfakten: «The Post» / Regie: Steven Spielberg / Mit: Meryl Streep, Tom Hanks, Bob Odenkirk, Tracy Letts, Sarah Paulson, Bradley Whitford, Bruce Greenwood, Matthew Rhys, Alison Brie, Carrie Coon, Michael Stuhlbarg, Carrie Coon / USA / 116 Minuten
Bild- und Trailerquelle: Universal Pictures Schweiz
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