«What a shy little boy you were. Look at you now.»
Nur sieben Monate nach «Bohemian Rhapsody» kommt die nächste Musiker-Biographie in die Schweizer Kinos. Mitreissende Songs, ein hervorragender Taron Egerton und fantastische Bilder machen das Elton-John-Biopic zu einem wahren Vergnügen.
Nun erhält also auch Elton John das Biopic-Treatment. Ein gutes halbes Jahr nachdem «Bohemian Rhapsody» über Freddie Mercury und Queen in den Kinos angelaufen ist (und bis vor einer Woche immer noch lief) kommt nun «Rocketman» auf die grossen Leinwände. Seiner erfolgreichen Premiere an den Filmfestspielen von Cannes nach zu urteilen, scheinen Musiker-Biopics momentan Hochkonjunktur zu feiern. Es darf jedoch bezweifelt werden, dass dieser Film auch sieben (!) Monate in den Schweizer Kinos spielen wird. Was die Kritikermeinungen angeht, dürfte der Film bei Award-Shows aber auch mindestens so erfolgreich sein wie die Queen-Biographie.
Mit Kritikermeinungen ist es natürlich immer so eine Sache – insbesondere bei «Bohemian Rhapsody» gingen diese bekanntlich in ganz unterschiedliche Richtungen. Selbst bombastische Zuschauerzahlen und vier Oscars können nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Film ziemlich lose mit Fakten spielte, nie wirklich in die Tiefe ging und gewisse Aspekte von Freddie Mercurys Leben fast komplett ausklammerte, was dazu führte, dass insbesondere Queen-Kenner vom Film schlussendlich enttäuscht wurden.
Für «Rocketman» wählt Dexter Fletcher («Eddie the Eagle»), der, nachdem Bryan Singer geschasst wurde, interessanterweise auch bei «Bohemian Rhapsody» als Regisseur fungierte, eine andere Herangehensweise. Er versucht gar nicht erst, die Songs in korrekter Reihenfolge spielen zu lassen oder möglichst nah an den Tatsachen zu bleiben. Entstanden ist eher ein Fantasy-Musical mit Elton-John-Songs. Während wichtige Stationen seines Lebens durchaus ihren Platz im Film finden, werden sie unterbrochen durch bunte, quirlige Sequenzen, die etwas vom Innenleben des Künstlers preisgeben sollen – etwas, das «Bohemian Rhapsody» schmerzlich fehlte.
«Let them know who you are, and just don’t kill yourself with drugs.»
Die Geschichte, die in «Rocketman» erzählt wird, beginnt in der Reha-Klinik, in die sich Reginal «Elton John» Dwight freiwillig einweist, nachdem ihm der Ruhm, die Drogen und die Orgien zu viel wurden. Sie springt dann zurück in seine Kindheit, in der er die Liebe zur Musik entdeckt, und spannt sich durch seine Jugend, seine Beziehungen und seine Exzesse bis zum grossen Knall. (Das Leben danach, die 25-jährige Ehe zu seinem Mann und die gemeinsamen Söhne werden im Abspann erwähnt.) Die Sitzungen in der Klinik bilden sozusagen den Rahmen der Erzählung und lassen John aus einer objektiveren Perspektive zurückschauen.
Etwas, wovor «Bohemian Rhapsody» zurückschreckte, war Mercurys Homosexualität. Nicht so «Rocketman», der keinen Hehl aus Elton Johns sexueller Orientierung macht (auch wenn er zwischenzeitlich eine Frau heiratet) und somit der erste Studiofilm überhaupt darstellt, der gleichgeschlechtliche Sexszenen zeigt.
«Getragen wird der Film vor allem von einem fabelhaften Taron Egerton, der selber singt, tanzt, und eine ganze Palette an grossen Emotionen an den Tag legt.»
Getragen wird der Film vor allem von einem fabelhaften Taron Egerton (Eggsy aus den «Kingsman»-Filmen), der selber singt, tanzt, und eine ganze Palette an grossen Emotionen an den Tag legt. Die NebendarstellerInnen Bryce Dallas Howard («Jurassic World»), Jamie Bell («Billy Elliot») und Richard Madden («Game of Thrones», «Bodyguard») liefern allesamt solide, wenn auch weniger nennenswerte Leistungen ab. In Erinnerung bleiben wird einem neben der mitreissenden Musik wohl vor allem die bunten Bilder, die dynamische Kamera und die extravaganten Kostüme.
Kinostart Deutschschweiz: 30.5.2019
Filmfakten: «Rocketman» / Regie: Dexter Fletcher / Mit: Taron Egerton, Jamie Bell, Richard Madden, Bryce Dallas Howard, Gemma Jones / Grossbritannien, USA / 121 Minuten
Trailer- und Bildquellen: Paramount Pictures
Ein fabelhafter Taron Egerton, tolle Musik und eine dynamische Erzählweise machen «Rocketman» zum Überflieger.
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