In Brugg war es zwischen dem 26. und 29. April gruselig: Beim Brugggore-Filmfestival wurden vier Tage lang verschiedenste Horrorfilme gezeigt. Vom schwarzweissen Klassiker bis zum Low-Budget-Streifen war für jeden Geschmack etwas dabei.
Viele kennen Brugg, wenn überhaupt, nur vom Durchfahren oder Umsteigen. Umso überraschender ist die süsse kleine Brugger Altstadt – und insbesondere die zwei Kinos Odeon und Excelsior. So manche Schweizer Stadt kann mit dieser Auswahl an hochwertigen und hippen Kinos nicht mithalten. Allem voran gefällt bei beiden Kinos die gemütliche dazugehörige Bar, die, passend zum Gore-orientierten Brugggore Filmfestival, Bloody Marys und andere gruselige Cocktails servierte.
Eines der Highlights des diesjährigen Festivals war «Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens» aus dem Jahr 1922 von Friedrich Wilhelm Murnau, mit Live-Vertonung von Akkordeonist Goran Kovačević. Im Kerzenschein spielte der Akkordeonist 94 Minuten lang und sorgte somit für den einzigen Ton während der Vorführung.
«Nosferatu» erzählt die Geschichte von einem Vampir, der sich nach einer Frau sehnt und ist wohl einer der ältesten Horrorfilme überhaupt. Kennen tun ihn die meisten, aber gesehen haben ihn wahrscheinlich die wenigsten. Umso ausserordentlicher war es, den über 100 Jahre alten Film auf der grossen Leinwand zu sehen.
Der Weimarer Stummfilmklassiker ist gut gealtert. Zwar erweckt er kaum mehr Schrecken so wie damals – in Schweden war der Film mehrere Jahrzehnte lang verboten, da er zu gruselig sei –, aber sorgt für gute Unterhaltung. So bewirkte die Szene, in welcher Graf Orlok (Max Schreck) den Immobilienmakler Hutter (Gustav von Wangenheim) mit seiner Kutsche abholt, viele Lacher: Die gespensterhaften Kutschpferde sind in Bettlaken gehüllt, und um zu zeigen, dass die Kutsche in übernatürlicher Geschwindigkeit fährt, wird der Filmstreifen in dieser Szene in mehrfacher Geschwindigkeit abgespielt.
Für weniger Lacher und etwas mehr Grusel sorgte indes der mexikanische Horror-Fantasyfilm «Mal de ojo» von Isaac Ezban. Hier besucht die 13-jährige Nala (Paola Miguel) mit ihrer Familie ihre Grossmutter (Ofelia Medina) auf dem Land, um eine Heilung für ihre schwer kranke Schwester zu finden. Schnell stellt sich aber heraus, dass ihre Grossmutter nicht nur das Beste für die Schwestern im Sinn hat.
Zwar stimmen im Film die Stimmung und das mystische Ambiente; die schauspielerischen Darbietungen und die Geschichte überzeugen hingegen weniger. Das Spiel von Miguel und Medina wirkt aufgesetzt und ungewollt übertrieben; und der Plot ist am Ende so verworren, dass nicht klar ist, wer nun mit wem verwandt ist und wer sich an wem rächen möchte. Das ist bedauernswert und bewirkt aufgrund mangelnder Klarheit nicht den gewünschten Gänsehauteffekt.
Weitaus besser gefallen hat der italienische Grusler «L’orafo» von Vincenzo Ricchiuto, in dem ein älterer Goldschmied und seine Frau von drei Kriminellen überfallen werden. Die drei Kriminellen haben aber nicht damit gerechnet, dass das ältere Ehepaar allem Anschein entgegen alles andere als hilflos ist. Lügen werden aufgedeckt, Menschen erschossen, Organe entnommen. Das Ganze ist unterhaltsam und äusserst «gory» – so wie man sich das Brugggore eben vorstellt.
Ein weiterer Film, der mit seiner «Goriness» absolut ins Programm passte, war «The Barn Part II» von Justin M. Seaman. Hier braucht eine College-Sorority Geld und hält es für eine gute Idee, eine Halloween-Spenden-Aktion bei der Spukscheune zu veranstalten, wo vor ein paar Jahren dutzende Teenager umgebracht wurden.
Wie bereits «The Barn» (2016) ist diese Fortsetzung ein lustiger und überwiegend inhaltsloser Horrorfilm mit viel Kunstblut, nackter Haut und mehr als genug Monstern. Es scheint, als war das Ziel des Films, zu zeigen, auf wie viele Arten ein Kürbis- und Mais-Mensch Teenager ermorden kann – und Ziel wurde zweifellos erreicht.
«Die grosse Leidenschaft, mit der das Brugggore veranstaltet wird, übertrug sich auch in diesem Jahr wieder auf das Publikum. So kamen einige Zuschauer*innen als Gruselgestalten verkleidet und versuchten, nach beendeter Vorstellung das herausströmende Publikum zu erschrecken.»
Die grosse Leidenschaft, mit der das Brugggore veranstaltet wird, übertrug sich auch in diesem Jahr wieder auf das Publikum. So kamen einige Zuschauer*innen als Gruselgestalten verkleidet und versuchten, nach beendeter Vorstellung das herausströmende Publikum zu erschrecken. Nicht zuletzt deshalb ist das Brugggore ein sympathisches und gänzlich unprätentiöses Filmfestival, das genau weiss, was sein Publikum will.
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Fotos: Aline Locher
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