Wie jedes Jahr wurden am letzten Abend der Solothurner Filmtage anlässlich der «Nacht der Nominierten» jene Filme bekannt gegeben, die am 23. März um den Schweizer Filmpreis buhlen werden. Die grossen Überraschungen blieben aus: Erwartungsgemäss geht das erfolgreiche Coming of Age-Drama «Blue My Mind» von Lisa Brühlmann mit sieben Nominationen (in acht möglichen Kategorien) als Kronfavorit ins Rennen um den Quartz – zu Recht. Das Debüt der Zürcher Regisseurin ist ein eindrückliches Werk, das die Pubertät zum Horrorszenario macht und lange nachhallt. Herausragend ist dabei Hauptdarstellerin Luna Wedler, die für den Preis der Besten Darstellerin nominiert wurde.
Der Publikumsliebling der Solothurner Filmtage «Mario» folgt mit 4 Nominationen, während «Tiere» und «Papa Moll» mit jeweils 3 Nominationen bedacht wurden. Die grossen Verlierer in diesem Jahr sind die Komödien: Obschon «Papa Moll» für drei Preise nominiert ist, fallen zwei davon in technische Kategorien. Auch Rolf Lyssy und «Die letzte Pointe» sind lediglich für einen Darstellerpreis nominiert und Peter Luisis beim Publikum erfolgreicher «Flitzer» fehlt sogar gänzlich.

«Blue My Mind» von Lisa Brühlmann ist für sieben Preise nominiert.
Boykott der Studierenden
Ein Gewinner steht bereits heute Abend fest: Der Kurzfilm «Ma Yan Chan – Waves of Transition» von Jonas Scheu ist als einziger Film für den besten Abschlussfilm nominiert und hat somit den Preis auf sicher. Der Regisseur kann einem Leid tun, muss es doch alles andere als eine Freude sein, auf diese Art und Weise einen Preis zu gewinnen. Dass nur ein Film nominiert ist, ist kein Zeichen mangelnder Qualität im Schweizer Schulfilm, sondern eine direkte Reaktion der Filmschaffenden auf eine umstrittene Entscheidung der Organisatoren des Filmpreises. Diese haben sich vor drei Jahren entschieden, Schulfilme aus den anderen Kurzfilmkategorien zu verbannen und eine eigene Abschlussfilmkategorie ins Leben zu rufen. Dass sich die Studierenden – ihrerseits verdiente Filmschaffende – nun mit einem Boykott wehren, ist nachvollziehbar. Auf Anfrage bestätigen die Solothurner Filmtage (zuständig für die «Nacht der Nominierten»), dass für die aktuelle Ausgabe lediglich der eine nominierte Abschlussfilm eingereicht wurde.
Ja lustigerweise wurde nur einer eingereicht bzw. erfüllte die Kriterien!
— Solothurner Filmtage (@sofilmfest) January 31, 2018
Das Verhalten beider Seiten hilft niemandem und schon gar nicht dem Schweizer Filmschaffen. Es ist an den Veranstaltern, zu reagieren und in einen Dialog mit den Schulen und den Filmschaffenden zu treten. Schliesslich haben sie gezeigt, dass sie mit ihrem Boykott diese Kategorie ihrer Glaubwürdigkeit berauben können. Ziel muss sein, den Wettbewerb auch auf Studierendenebene aufrechtzuerhalten und zu beleben – und nicht abzuwürgen. Erst recht nicht in einem Jahr, in dem mit «Blue My Mind» ausgerechnet ein Abschluss-Langspielfilm der Zürcher Hochschule der Künste als grosser Favorit ins Rennen geht.
Die Übersicht der Nominierungen:
Bester Spielfilm:
BLUE MY MIND (Lisa Brühlmann)
DENE WOS GUET GEIT (Cyril Schäublin)
IL COLORE NASCOSTO DELLE COSE (Silvio Soldini)
MARIO (Marcel Gisler)
TIERE (Greg Zglinski)
Bester Dokumentarfilm:
A LONG WAY HOME (Luc Schaedler)
ALMOST THERE (Jacqueline Zünd)
AVANT LA FIN DE L’ÉTÉ (Maryam Goormaghtigh)
DAS KONGO TRIBUNAL (Milo Rau)
L’OPÉRA DE PARIS (Jean-Stéphane Bron)
Bester Kurzfilm:
EN LA BOCA (Matteo Gariglio)
FACING MECCA (Jan-Eric Mack)
INS HOLZ (Corina Schwingruber Ilić, Thomas Horat)
RAKIJADA (Nikola Ilić)
REWIND FORWARD (Justin Stoneham)
Bester Animationsfilm:
AIRPORT (Michaela Müller)
IN A NUTSHELL (Fabio Friedli)
LE FIL D’ARIANE (Claude Luyet)
Bestes Drehbuch:
BLUE MY MIND (Lisa Brühlmann)
MARIO (Marcel Gisler, Thomas Hess)
VAKUUM (Christine Repond)
Beste Darstellerin:
Loane Balthasar (Sarah) in SARAH JOUE UN LOUP-GAROU
Monica Gubser (Gertrud Forster) in DIE LETZTE POINTE
Luna Wedler (Mia) in BLUE MY MIND
Bester Darsteller:
Max Hubacher (Mario Lüthi) in MARIO
Stefan Kurt (Papa Moll) in PAPA MOLL
Sven Schelker (David) in GOLIATH
Beste Darstellung in einer Nebenrolle:
Jessy Moravec (Jenny Odermatt) in MARIO
Zoë Pastelle Holthuizen (Gianna) in BLUE MY MIND
Mona Petri (Mischa/Andrea/Eisverkäuferin) in TIERE
Beste Filmmusik:
BLUE MY MIND (Thomas Kuratli)
DAS KONGO TRIBUNAL (Marcel Vaid)
DIE KLEINE HEXE (Diego Baldenweg, Lionel Vincent Baldenweg, Nora Baldenweg)
Beste Kamera:
BLUE MY MIND (Gabriel Lobos)
KÖHLERNÄCHTE (Pio Corradi)
TIERE (Piotr Jaxa)
Beste Montage:
ALMOST THERE (Gion-Reto Killias)
BLUE MY MIND (Noemi Preiswerk)
PAPA MOLL (Kaya Inan)
Bester Abschlussfilm:
MA YAN CHAN – WAVES OF TRANSITION von Jonas Scheu (HES-SO ECAL/HEAD)
Bildquelle: Schweizer Filmpreis.
No Comments