«Sicario: Day of the Soldado», dem Sequel zum Actiondrama «Sicario» über den Kampf gegen die Drogenkartelle beidseits der amerikanisch-mexikanischen Grenze, hat Regisseur Stefano Sollima einen deutlich düstereren Anstrich verpasst. Das Resultat ist ein Film, der in den Knochen stecken bleibt.
CIA-Agent Matt Graver (Josh Brolin) trägt nun nicht mehr Flip-Flops sondern Crocks. Aber nicht nur das Schuhwerk ist in «Sicario: Day of the Soldado» hässlicher geworden. Auch Matt’s Geschäft, der ewige Kampf gegen die übermächtigen mexikanischen Drogenkartelle ist um einiges brutaler, erbarmungsloser und dreckiger geworden als er im ersten «Sicario» von 2016 war. Nun schmuggeln die Kartelle nicht mehr nur Drogen über die Grenze in die USA, sondern auch noch islamistische Terroristen, die dort anscheinend Anschläge verüben. So verschlägt es CIA-Agenten und zweifelhaften (Anti-)Helden aus dem ersten «Sicario» sogar ans Horn von Afrika, wo somalische Piraten auch noch in den wüsten Menschenhandel verwickelt sind. Um die Drogenkartelle aus der Reserve zu locken inszeniert Matt im Auftrag der USA die Entführung der Tochter eines Drogenbosses. Für dieses dreckige Geschäft holt sich Matt wieder den geheimnisvollen Söldner Alejandro (Benicio del Toro) ins Boot. Und so ist die Crew aus dem ersten «Sicario» wieder komplett – ausser der Figur von Emily Blunt, welche im Sequel leider fehlt. Das letzte Drittel, wo aus «Day of the Soldado» plötzlich zu einem düsteren Neo-Noir-Western mit Benicio del Toro als Hauptfigur, ist denn auch mit Abstand der beste Moment des Films.
Neo-Noir-Western mit Benicio del Toro
“I’m gonna have to get dirty”, sagt Josh Brolins Figur Matt über seine Mission. Und dies scheint auch das Motto für Regisseur Stefano Sollimas («Suburra», «Gomorra») stilistischer Handschrift für seinen «Sicario» gewesen zu sein. Im Vergleich zu seinem Vorgänger – damals unter der Regie von Denis Villeneuve noch mit atemberaubenden Totalen und gezielt eingesetzten stilistischen Experimenten wie der mittlerweile berüchtigten Nachtsichtsequenz – ist «Sicario: Day of the Soldado» chaotischer, unübersichtlicher, dreckiger. Oft bleibt dem Publikum die Übersicht über den filmischen Raum verwehrt, in vielen Einstellungen scheinen Bildkomposition und Perspektive irgendwie aus dem Lot. Das passt zwar bestens zum Plot von «Sicario: Day of the Soldado», der von Unübersichtlichkeit und ständigem Gefahrenpotential erzählt, hinkt seinem Vorgänger visuell aber leider nach.
«Im besten Fall ist «Sicario: Day of the Soldado» ein filmischer Kommentar ohne Helden über einen sinnlosen Krieg ohne Gegner»
Und auch von der Geschichte her enttäuscht «Sicario: Day of the Soldado». Es fängt beim unglücklichen Timing des Release an: Ein Actiondrama über die Bedrohung, welche von Mexiko über die Grenze in die USA schwappt, wenn zur gleichen Zeit an derselben Grenze unschuldige Kinder von ihren Eltern getrennt und in Lagern eingesperrt werden, alles hinter dem vermeintlichen Vorwand der Kriminalitätsbekämpfung. Dazu kommt aber auch die eher schwerfällig zusammengestrickte Story. Drogenkartelle, islamistische Terroristen, somalische Piraten, korrupte Polizisten, alles in einer grossen, dunklen Verschwörung verbunden – das wirkt zuweilen etwas gar konstruiert. Und schliesslich die Gewalt. In «Sicario: Day of the Soldado» ist sie ausser Kontrolle. Menschen mit schwarzer bis brauner Hautfarbe werden im Kampf gegen die Kartelle erbarmungslos niedergemetzelt, denn sie haben keinen Wert ausser Kanonenfutter – weder in der konstruierten Welt der Story, noch für die dramatische Abwicklung des Films. Das ist nichts Neues in diesem Genre, wirkt aber angesichts der politischen Weltlage zunehmend geschmacklos. Im besten Fall ist «Sicario: Day of the Soldado» ein filmischer Kommentar ohne Helden über einen sinnlosen Krieg ohne Gegner – im schlechtesten ist er eine mehr oder weniger geschmacklose Ausbeutung menschlicher Abgründe und grausamer Gewaltexzesse im Zeichen der Unterhaltung.
Kinostart Deutschschweiz: 19. Juli 2018
Trailer- und Bildquelle: Sony Pictures.
Regie: Stefano Sollima / DarstellerInnen: Josh Brolin, Benicio del Toro, Catherine Keener, Isabela Moner, Matthew Modine, uvm.
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