Jedes Jahr trifft sich die Schweizer Filmbranche im verschneiten Solothurn, um an den Filmtagen die neusten nationalen Produktionen zu sichten, über die Zukunft des Schweizer Filmes zu diskutieren und dieses Jahr zum bereits 54. Mal die besten Werker und Werke auszuzeichnen. Wie sich am letzten Festivalabend zeigt, habe ich während meines kurzen Ausflugs an die Aarestadt keinen der Gewinnerfilme gesehen, dafür aber aber einige andere Filmperlen und weitere Highlights fernab der Leinwand entdeckt.
Pro-Prolog: Die Reise in das Schweizer L.A.: Letzte Missverständnisse werden aufgeräumt
Die jährlich in der letzten Januarwoche stattfindenden Solothurner Filmtage sind das wichtigste Filmfestival des Schweizer Films. Seit 1966 treffen sich cinephile Kinogänger, Regisseure, die ihre neusten Werke präsentieren, sowie Filmschaffende aus allen Sparten und Ecken des Landes an dem eidgenössischen Pendant der Oscars. Klingt gut, klingt wichtig. Dennoch war ich selbst noch nie an diesem Festival, der Schweizer Film ist auch nicht unbedingt mein Métier. Mein Unwissen bestätigt sich in einem Moment der Epiphanie, als der Schaffner die Anfahrt der Festivaldestination mit “Prochain arrêt: Soleure” ankündigt. Fast wäre ich im Zug sitzen geblieben und munter bis Lausanne weitergefahren. Die Erkenntnis, dass Soleure die französische Variante von Solothurn ist, setzt sich irgendwo hinter meinen Synapsen zusammen. Zu meiner Verteidigung: “Soleure” habe ich als so etwas wie “alleine an der Spitze” interpretiert, was in meinen Augen als Titel des Hauptpreises (und des Festivals im Allgemeinen) Sinn macht. Nun, ich lag falsch, die Antwort lag mehr auf der Hand, als ich gedacht habe, und ich steige aus dem Zug, hinein in das Westschweizer Schneegetümmel, hungrig auf Filmschätze, die ich im normalen Kinoprogramm nicht mehr wieder finden werde.
Prolog: Spielregeln und Rahmenbedingungen
Das verschneite Solothurn zeigt sich am Montag nach dem Festivalwochenende ruhig. Nur die zahlreichen Wegweiser und Infotafeln machen auf das wichtigste Festival der Schweizer Filmszene aufmerksam. Glanz und Glamour in Form von Smoking über dem Hemd und Green Carpet unter den Füssen wie beispielsweise am Zurich Film Festival findet man hier nicht, ergo werden einem auch nicht von allen Seiten Lindor-Kugeln und Etihad-Gutscheinen zugesteckt. Dafür bekommt man Kräuterbonbons, Taschentücher und einen Handwärmer in Herzform, um der bissigen Kälte zu trotzen. Omnipräsent ist hier neben Väterchen Frost die SRG. Sie ist (als Schweizer Service Public logischerweise) der Hauptmedienpartner des Festivals, flankiert wird ihr Logo von denen der Hauptsponsoren SwissLife und Swisscom. (Mehr Swissness scheint unmöglich.) Auch sehr schweizerisch: Das sehr ökonomische und überaus praktische Ticketing. Wer über einen Festivalpass verfügt, meldet sich einfach mit seinen Daten online an und kann ohne zeitintensives und nervenaufreibendes Anstehen an der Festivalkasse in real life seine Kinosessel im Netz buchen. Adié, Schlangestehen!
Tag 1, Teil 1: Vier Regisseure an einem Tisch, drei Jurymitglieder vor einer Kamera
Bevor es nun aber in einen Kinosaal geht, suche ich das Landstudio auf. Hier präsentiert das SRF im Rahmenprogramm ein Gespräch namens “Kontext: Schweizer Film jetzt” mit den Regisseuren Markus Imhof, Annie Gisler, Aron Nick und Fanny Bräuning. Zur Radiosendung samt Videomitschnitt ist öffentlich, dennoch sitzen im schlanken Studio im Obergeschoss des Festivalzentrums Landhaus nur sieben neugierige Nasen, die die Live-Aufzeichnung mitverfolgten. Leicht irreleitend geht es aber nicht um den allgemeinen “Schweizer Film jetzt”, vielmehr stellen alle vier Regisseure ihren neusten Dokfilm vor. Moderator und SRF-Filmexperte Michael Sennhauser verbindet diese geschickt miteinander, spürt Parallelen und Gesetzmässigkeiten der vier Festivalfilme auf. Themen wie Filmfinanzierung, Trends des aktuellen Schweizer Film oder Aussichten auf zukünftiges Filmschaffen werden allerdings nicht angeschnitten. Aron Nick, der Regisseur von «Tscharniblues II», der am Donnerstag das Festival eröffnet hat, spricht von der heutigen Angst der jungen Menschen, zu scheitern – und diieser Bammel davor, nicht gut anzukommen, steht den anderen beiden Jungregisseuren ebenfalls ins Gesicht geschrieben.
Am Schluss wirft Sennhauser die Frage in die Runde, was die vier RegisseurInnen über die Diskussion denken, zu der Festivaldirektorin Seraina Rohrer am Samstag einberufen hat. Zur Erinnerung: Nachdem Christian Labharts Film «Passion» abgelehnt wurde, unterschrieben 30 Zürcher Filmschaffende eine Petition, die eine weitere Überprüfung dieser Entscheidung einforderte. Daraus entstand die Debatte, an der sich die Film-Geister schieden: Sollten alle eingereichten Filme einen Programmplatz bekommen?
Sennhausers Gäste finden die Diskussion einstimmig wichtig, werfen aber auch ein, dass das Einbinden aller Filme in das Festival am Aareufer in der jetzigen medienüberfluteten Zeit weder sinnvoll noch realisierbar sei.
Schlussendlich sind die Filmtage immer noch ein Wettbewerb, bei dem Preise verliehen werden, zudem hätten die eingeladenen Regisseure schon im jetzigen System kaum Zeit, überhaupt andere Filme von Kollegen zu sehen.
Im Landstudio zu Gast: Vier RegisseurInnen vom “Schweizer Film jetzt”.
Nach der Diskussion widme ich mich dem Filmprogramm. Einen Überblick zu gewinnen, ist gar nicht einfach: Über 150 Filme, verteilt auf zehn Kategorien suchen ihr Publikum, daneben gibt es Talks, Workshops und Ehrungen. Mein Kopf schwirrt, ich entscheide mich für drei der für den Hauptpreis nominierten Filme. Die Jury, die den Prix de Soleure vergibt, besteht dieses Jahr aus der Regisseurin Esen Isik, dem politische Unternehmer Nicola Forster und der Schauspielerin Noémie Schmidt, die wir zuletzt in der Rolle der Laura in Michael Steiners Hit «Wolkenbruch» gesehen haben. Laut Newsletter kommen diese am Montag in Solothurn an, um sich während der letzten Festivaltage die nominierten Filme anzusehen. Zufälligerweise wähle ich die gleichen Filme, die sie sich ansehen, und tatsächlich trudelt das Komitee kurz vor dem ersten Screening ein, und lässt sich just neben meinem Laptop von Festivalfotografen ablichten.
Die Jury posiert, der Fotograf findet’s super. (v.l.n.r.: Daumen des Fotografen, Esen Islik, Nicola Forster, Noémie Schmidt)
Tag 1, Teil 2: Bangladesch, Künstler-Porträt, «Taxi Driver» im Kreis 4-Milieu-Style
Ich stapfe weiter Richtung Reithalle, die für das Festival zur bestuhlten Screeninghalle ummodifizert ist. Als erstes sehe ich mir «Digitalkarma» an. Ich habe diesen Film aus zwei Gründen gewählt: Erstens, weil er in Bangladesch spielt und ich von Filmen in fremden Kulturen selten enttäuscht werde, und zweitens wegen des Titels. Wobei ich bei der Anmoderation überrascht feststellen muss, dass ich diesen falsch gelesen habe: Es geht nicht um Digitalkameras, sondern digitales Karma. Das Lautbild der beiden Begriffe ist aber auch zum Verwechseln ähnlich und ich verzeihe mir. Es gibt also keine Digitalkameras zu sehen, sondern Rupa, die in Bangladesch lebt und von einem unabhängigen Leben träumt. Vier Jahre lang begleiteten die beiden RegisseurInnen Mark Olexa und Francesca Scalisi die starke junge Frau, die sich zur E-SheBee, eine Art emanzipierten und mit digitalen Kommunikationsmitteln arbeitende Selbstständigen ausbilden lässt und gegen die alteingesessenen Landestraditionen und somit gegen die eigene Zwangsheirat kämpft. Der Film packt mich, das Ende ist herzzerreissend.
Als nächstes steht das Künstler-Portrait «Eisenberger – Kunst muss schön sein, sagt der Frosch zur Fliege» über den titelgebenden Künstler Christian Eisenberger, der bereits mehr als 45’000 Werke geschaffen hat und nie richtig zur Ruhe kommt. Der experimentierfreudige Künstler redet nicht allzu gern, seine zynische Kunst entsteht meist ziellos, im Sinne von “der Weg ist das Ziel”. Nihilistisch und lakonisch wie er ist, bringt Eisenberger aber nicht massenhaft neue Gedankenanstösse, vor allem, weil ihn die Welt des kommerziellen Kunstmarktes einfach nicht interessiert. So bleiben die Zuschauer beim Q&A mit Regisseur Hercli Bundi stumm, denn Boden für konsistente Fragen liefert der experimentierfreudige Künstler mit Punk-Attitude nicht. Das ist aber auch gar nicht nötig, das Künstler-Porträt ist ein ungezwungener, frischer und inspirierender Film, der dazu anregt, einfach selbst zu machen ohne nachzudenken, denn eben, Kunst muss nicht schön sein und auch keinen tieferen Sinn haben.
-> «Eisenberger – Kunst muss schön sein, sagt der Frosch zur Fliege» ist ab 28. März im Kino zu sehen.
In der Zwischenzeit hat es geschneit, der nasse Schnee sammelt sich auf dem unebenen Boden der Solothurner Altstadt und bringt so manchen Fahrradfahrer zu Fall. Als letzter Programmpunkt steht «Der Büezer» von dem im Zürcher Kreis Vier ansässigen Hans Kaufman an. Die Beschreibung im Katalog preist den Film als Schweizer «Taxi Driver» mit Joel Basman in der Hauptrolle an. Beides finde ich gut, doch mein Sitzfleisch schmerzt nach drei Stunden auf den ungepolsterten Stühlen der Reithalle, die Festival-Sandwiches sind mir zu teuer und die angebrochene Dunkelheit stimmt mich leicht depressiv. Nichtsdestotrotz vertraue ich meinem Bauchgefühl, das mich zurück ins Landhaus navigiert. Hier wird «Der Büezer» des im Zürcher Kreis Vier ansässigen Jung-Regisseurs Hans Kaufmann gezeigt. Die Geschichte: Sigi ist ein “Büezer”, kommt bei den Frauen nicht richtig an, verliebt sich in eine Dame aus der Freikirche und verstrickt sich im Zürcher Rotlicht-Milieu. In den Rollen: Der zum wohl beliebtesten Schweizer Schauspieler aufgestiegene Joel Basman, der den Film als Protagonist trägt, Cecilia Steiner als love interest (auf Tsüridütsch: “Rösli”) und Andrea Zogg, welcher als Zuhälter eine Performance mit Charakter abliefert. Beim Q&A bitten Basman und Kaufmann einen schrulligen Herren mit Pferdeschwanz auf die Bühne, der ihnen die Zürcher Locations besorgt hat, ohne Drehbewilligungen bei der Stadt einholen zu müssen. Ihn kenne an der Langstrasse jeder (mir kommt er auch nicht ganz unbekannt vor) und nach eigenen Angaben sind sich die Einwohner gewohnt, dass er in ihrem Milieu Filme drehe, meistens zwar Sexfilme. Das Publikum lacht verhalten ob der skurrilen Situation, ich denke an meine traute Heimat und meinen besten Freund Stefan aus dem 24 Hours-Shop, der im «Büezer» ebenfalls ein paar zerquetschte Screensekunden ergattert hat.
Es zeigt sich: Ein gutes Netzwerk ist bei der Realisation eines Filmes mindestens das A vom A und O. Ich plaudere mit einigen Leuten, die ich von dort und da kenne, entdecke einen meiner Zürcher Mitbewohner auf dem Gässchen vor dem Landhaus und lasse mich in dem sich gebildeten Grüppchen bei tagesabschliessenden Gesprächen in der wolkenverhangenen Nacht vollschneien.
Joel Basman und Hans Kaufmann, kurz bevor sie ihr Ass im Ärmel auf die Bühne bitten.
Tag 2: Sci-Fi-Experimente, Animationsskizzen und gemischtes Kurzes
David Ronner erzählt von seinen Gedanken, die zur Umsetzung von «Palindrome» führten.
Am Dienstag widme ich mich den kleineren, weniger Wirbel verursachenden Filmen, die im belebten Kino Canva gezeigt werden. Den Anfang macht das Doppel «Alors, elles deviennent eternelles», ein in Lesotho gedrehter Experimental-Kurzfilm von Delphine Mouly und der monochrom-athmosphärische Langspielfilm «La Terre est plate» von Matteo Carrega Bertolini. Beide sind schön anzusehen, hauen mich aber nicht gleich vom Kinosessel. Darauf folgt eine Doppelvorstellung, auf die ich schon sehr gespannt war: Gezeigt werden «Palindrome» des Filmstudenten David Ronner und «Project Memory Scan» von Hans Peter Scheier. Beiden kann das Genre Sci-Fi-Experimentalfilm zugeordnet werden. Der Kurzfilm «Palindrome» mit Dialogen aus dem Off erzählt von der Vision eines schrulligen Filmarchivisten aus den 1930er Jahren, der seine beiden Gästen von seiner Theorie, dass sich die Zeit rückwärts bewegt, überzeugen. Der Experimentalfilm spielt mit der Filmgeschichte und prophezeit in einem leicht unheimlichen Ton die Entwicklung der Filmtechnik zurück zu ihrem Ursprung.
Die Synopsis von «Project Memory Scan» erinnert stark an die grossartig schwarzgezeichnete Netflix-Serie «Black Mirror»: In der Schweiz ist ein System erfunden worden, dass im Allgemeinen vor dem Bösen im Menschen schützen sollte, in dem es quasi direkt in die Seele eines Menschen sehen kann, um dessen Verhalten zu entschlüsseln oder Motivation zu entziffern. Dies geschieht, in dem die Erinnerung eines Probanden in audiovisuelles Material umgewandelt wird, welches für jeden Betrachter dann wie ein Film anschaubar ist. Die Testperson, ein psychisch labiler Mann, stirbt bei der Demonstration. Das gewonnene Material zegt alle Traumata auf, die den Mann so geschädigt und seinen Charakter so antisozial gefärbt haben – und das sehr explizit und in Dauerschleife. Dies bekommt der Zuschauer dann ungefiltert (sowie in masslos übertriebener Weise) serviert: Autounfälle, Feuer und ein Blender-Penis im Riesenformat (in Bezug an einen Missbrauch im Knabenalter). Mit solchen Bildern sollte man allerdings vorsichtig sein, denn sie alle beherbergen eine Triggergefahr, die einen ahnungslosen Zuschauer überrumpeln kann.
Dieser Gedanke würde nun in die Frage der Freiheit oder Autonomie der Kunst führen. Was darf gezeigt werden? Welche Darstellungen sind dem Publikum zumutbar, was überschreitet die Grenze? Sollte Filme mit Triggergefahr im Programm mit einem Warnhinweis versehen?
Gespaltener Meinung verlasse ich den Saal noch während des Q&As und dackle für die nächste Koffeinration in Form eines Flat White an die Kinobar.
Um den von flimmernden Bildprojektionen geröteten Augen eine Pause von der Leinwand zu gönnen, statte ich einem weiteren Programmpunkt der Filmtage einen Besuch ab: Unweit des Festivalzentrums befindet sich das Künstlerhaus S11, welche die Ausstellung “Swiss Animation – bewegt!” der Schweizer Trickfilmgruppe GSFA beherbergt. In dem kleinen Museum, das höher als breit ist, sind Exponate sowie Skizzen zahlreicher Schweizer Animationsfilme vertreten, darunter Zeichnungen von Anja Kofmels «Chris The Swiss» oder Claude Barras preisgekrönte Stop-Motion-Animation «Ma Vie De Courgette». Im obersten Stockwerk werden zudem animierte Kurzfilme in Dauerschleife gezeigt. So und wird für einen Moment von der Welt der Animation komplett vereinnahmt.
-> Die Ausstellung kann noch bis 16. Februar besucht werden.
Die Miniaturwelt von “Ma Vie De Courgette”
Als letztes schaue ich mir einen Kurzfilmblock an, in welchem ebenfalls der neuste Wurf «Tote Tiere» von meinem alten Freund David Oesch gezeigt wird, der seinen Kurzfilm schon bei der Medienkonferenz der Filmtage präsentieren durfte. Das Programm ist abwechslungsreich, die erzählten Geschichten originell, farbenfroh und kurzweilig.
Der stilisierte Kurzfilm über Alter und Tod «Schächer» von Flurin Giger und der animalische Acid-Trip «Coyote» von Lorenz Wunderle sahnen dann einen Tag später an der Nacht der Nominationen je eine Nomination für den Schweizer Filmpreis ab, dessen Verleihung dieses Jahr am 22. März in Genf stattfinden wird.
-> alle Informationen zum Schweizer Filmpreis unter https://www.schweizerfilmpreis.ch/de
Am Donnerstag dann stehen die Gewinner der 54. Ausgabe der Solothurner Filmtage fest: Fanny Bräuning heimst mit ihrem Dokumentarfilm «Immer und ewig» den Prix de Soleure ab. In ihrem Dokumentarfilm begleitet die Jungregisseurin ihre Eltern auf einem Roadtrip durch Europa und untersucht dabei ihre Beziehung zu den beiden Menschen, die sie grossgezogen haben. Eine Suche, die vor allem durch die fortgeschrittene Erkrankung an Multiple Sklerose Bräunings Mutter gezeichnet ist. Der mit 60’000 Franken dotierte Preis ist bereits der zweite Prix de Soleure, den die Basler Regisseurin in ihrem Trophäenschrank zuhause aufstellen darf.
Den Prix De Publique gewinnt Martin Witz mit seinem Film «Gateways to New York», in welchem er der Geschichte des Schweizer Ingenieurs Othmar H. Amman nachgeht, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts in New York die Regeln des Brückenbaus neu erfand.
Epilog: Fazit, Eindrücke und Nachspiele
Der Schweizer Film hat es schwer und wird selbst beim einheimischen Publikum in punkto Beliebtheit von Grossproduktionen aus den USA und der restlichen Welt übertrumpft, das ist nicht in Frage zu stellen. Dennoch habe ich in Solothurn keinen Film gesehen, dem ich nicht wenigstens das Prädikat “interessant” vergeben und mindestens einer mir bekannten Person weiterempfehlen könnte. Dass zwei Dokumentarfilme gewonnen haben, zeigt einmal mehr, wie viel etablierter der Schweizer Dokfilm verglichen mit einer Schweizer Spielfilmproduktion ist. Mit rund 64’000 gut gelaunten Besuchern dürfte auch das Festival-Komitee unter Leitung von Seraina Rohner zufrieden sein. Auch fällt die Familiarität und Zugänglichkeit auf, die in Solothurn herrscht: Zwischen Festivalgästen und Filmschaffenden schwirren auch kleine Berühmtheiten der Szene unaufgeregt durch das kleine Film-Mekka der Schweiz. Nur an der hölzernen Bestuhlung muss noch gearbeitet werden. Mir schmerzen noch tagelang Sitzfleisch, Oberschenkel und Körperstellen, von deren Existenz ich bisher nicht wusste. Und meine Augen lechzen nach einer Leinwandpause, bekommen sie aber nicht.
Film muss manchmal einfach wehtun.
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Titelbild: moduleplus.ch
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