«Spider-Man: Into the Spider-Verse» von Bob Persichetti, Peter Ramsey und Rodney Rothman
Es ist nur menschlich, nach dem Jahr von «Black Panther», «Avengers: Infinity War» und «Ant-Man and the Wasp» ein wenig Superheldenmüdigkeit zu verspüren. Doch das ist dennoch keine Ausrede, um «Spider-Man: Into the Spider-Verse» zu überspringen – einen der besten Animationsfilme des Jahres.
Wie, schon wieder ein Spider-Man? Tatsächlich steht der junge Mann mit den Spinnen-Superkräften seit der Jahrtausendwende praktisch im Dauereinsatz: Erst schlüpfte Tobey Maguire in Sam Raimis Trilogie (2002, 2004, 2007) ins rot-blaue Kostüm; dann versuchte sich Andrew Garfield unter Marc Webb zweimal an der Rolle (2012, 2014); bevor Tom Holland in «Spider-Man: Homecoming» (2017) ins offizielle «Avengers»-Universum von Marvel aufgenommen wurde.
Der neueste Spinnen-Darsteller im Bunde ist Shameik Moore («The Get Down»). Doch zwei Dinge unterscheiden ihn grundlegend von seinen Vorgängern: Erstens spielt er in einem Animationsfilm mit, leiht dem Spider-Man also «nur» seine Stimme. Und zweitens heisst sein Spider-Man in Zivil nicht Peter Parker, sondern Miles Morales und bewohnt ein anderes Universum. Denn zwecks erzählerischer Vielfalt fahren die grossen Comicverlage mit ihren Figuren gerne mehrgleisig und stellen sie sich in unzähligen Paralleluniversen vor – mit anderen Namen, anderen Charakterzügen, anderen Hintergrundgeschichten.
In «Spider-Man: Into the Spider-Verse» wird dem Publikum dieser Sachverhalt nicht nur fein säuberlich erklärt; er bildet sogar den Kern der Geschichte. Miles, ein hochbegabter Teenager, wird eines Nachts – kurz nachdem er von einer radioaktiven Spinne gebissen wird – Zeuge, wie der Bösewicht Kingpin (Liev Schreiber) während eines Kampfes mit Peter Parker alias Spider-Man (Chris Pine) ein Dimensionstor öffnet. Wenig später trifft Miles – dank Spinnenbiss nun selber ein angehender Superheld – auf Peter B. Parker (Jake Johnson), einen etwas abgehalfterten Spider-Man aus einem anderen Universum. Und es bleibt nicht bei einer einzigen ungewohnten Spider-Person.
Produziert und mitkonzipiert wurde das Ganze von Phil Lord und Christopher Miller, dem Zweiergespann hinter «21 Jump Street» und «The Lego Movie». Entsprechend überrascht es nicht, dass der Film des Regie-Trios Bob Persichetti, Peter Ramsey («Rise of the Guardians») und Rodney Rothman vorab mit schrägem Humor und sympathischen Figuren glänzt. Mit viel Liebe werden hier vergangene «Spider-Man»-Adaptionen auf die Schippe genommen, während zwischen den Spider-People – allesamt echte Comicfiguren, ausgestattet mit berühmten Stimmen wie jenen von Hailee Steinfeld («True Grit») und dem einzig wahren Nicolas Cage – eine wunderbare Gruppendynamik entsteht. Gleichzeitig findet das Drehbuch von Lord und Rothman auch Platz für bedächtigere Momente, insbesondere zwischen Miles, seinem Vater (Brian Tyree Henry) und dessen entfremdetem Bruder (Mahershala Ali).
«Ein rasantes, buntes, ungemein witziges Superheldenabenteuer, das bis nach dem Ende des Abspanns bestens unterhält.»
Veredelt wird die Angelegenheit von einem äusserst eigensinnigen Animationsstil, dessen Inspiration anscheinend sowohl in Comic-Panels als auch in den Videospielen von Telltale Games zu finden ist. Somit ist Spider-Mans neueste Leinwand-Inkarnation – weit abseits des Marvel Cinematic Universe – eine wahre Freude: ein rasantes, buntes, ungemein witziges Superheldenabenteuer, das bis nach dem Ende des Abspanns bestens unterhält.
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Kinostart Deutschschweiz: 13.12.2018
Filmfakten: «Spider-Man: Into the Spider-Verse» / Regie: Bob Persichetti, Peter Ramsey, Rodney Rothman / Mit: Shameik Moore, Jake Johnson, Liev Schreiber, Hailee Steinfeld, Brian Tyree Henry, Mahershala Ali, Lily Tomlin, Nicolas Cage, John Mulaney, Kimiko Glenn, Luna Lauren Velez, Chris Pine / USA / 117 Minuten
Bild- und Trailerquelle: Sony Pictures Releasing Switzerland GmbH
Rasant, bunt, witzig und niveauvoll – der beste «Spider-Man» seit Jahren.
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