Die HBO-Serie «Succession» von Jesse Armstrong über den Nachfolgekrieg innerhalb eines Medienkonzerns bietet einen Blick in die intrigenhafte Welt von Corporate-Amerika. Auch wenn man keine der Protagonisten ausstehen kann, kommt man kaum ums Mitfiebern herum.
Wie der Titel bereits ankündigt, beschäftig sich «Succession» mit einer Thronfolge. Es ist allerdings keine königliche Nachfolge, sondern die des Medienmoguls Logan Roy (Brian Cox), der mit tyrannischer Strenge über sein Geschäft waltet. Er ist der Patriarch einer dysfunktionalen Familie und das sinnbildliche Oberhaupt einer maroden amerikanischen Elite, die verbittert an den existierenden Strukturen festhält. «Succession» erzählt vom Ende dieser Ära: Der scheinbar senile Logan taumelt zu Beginn durch die Dunkelheit seiner herrschaftlichen Wohnung und fragt sich wiederholt: «Where the fuck am I?!» Man versteht, dass hier das Portrait eines wankenden Kolosses, des sinnbildlichen Übervaters einer Nation gezeichnet wird.
Wie ein alter König, der das Ende seiner Herrschaft ahnt, will Logan nun sein Zepter an die nächste Generation weiterreichen. Kendall (Jeremy Strong) scheint der natürliche Nachfolger des Medienkonglomerats zu sein, doch wittern seine drei Geschwister eine Möglichkeit zur Selbstbemächtigung – und so beginnen schon bald die Intrigen. Während sich der älteste Sohn, Connor (Alan Ruck), auf seiner abgelegenen Ranch vom Machtzentrum fernhält, beginnt Shiv (Sarah Snook) mit ihrem Partner Tom (Matthew Macfadyen) Pläne für die Übernahme zu schmieden. Und Roman (Kieran Culkin), ein neurotisches Ekelpaket und das jüngste Geschwister, hält sich mittlerweile im Hintergrund. Es scheint, als ob sich Logan ein Umfeld geschaffen hat, das der Unternehmenswelt nähersteht als dem Familienleben.
Mittels Sprache und cleveren Anspielungen erinnert Showrunner Jesse Armstrong immer wieder an Themen, die man von William Shakespeare kennt. Anlehnungen an Charakterkonstellationen oder implizierte Zitate reichen von «Hamlet» bis zu «King Lear» und versetzen das Publikum in die mittelalterlichen Welten des Barden. Ritterrüstungen und Dolchstösse werden hier durch schnittige Business-Anzüge und verbale Seitenhiebe ersetzt. Aussenstehende wie der eingeheiratete Tom werden zerfleischt und schöpfen eigenen Selbstwert aus dem psychologischen Missbrauch von Neuankömmlingen wie dem entfernten Cousin Greg (Nicholas Braun). Es ist ein Gerüst aus fragilen Hierarchien, das bei jeder Gelegenheit ausgenutzt wird.
«Mit ‹Succession› schafft es Jesse Armstrong, die mittelalterlichen Machkämpfe aus den vornehmen Palästen in die verspiegelten Bürokomplexe von Downtown Manhattan zu transportieren. Das Spiel um Macht und Geld wird hierbei durch eine sensationelle Ensembleleistung und einem facettenreichen Drehbuch veredelt.»
Mit «Succession» schafft es Jesse Armstrong, die mittelalterlichen Machkämpfe aus den vornehmen Palästen in die verspiegelten Bürokomplexe von Downtown Manhattan zu transportieren. Das Spiel um Macht und Geld wird hierbei durch eine sensationelle Ensembleleistung und einem facettenreichen Drehbuch verdelt. Die Musik von Nicholas Britell («Moonlight», «If Beale Street Could Talk»), eine Mischung aus Klassik und Hip-Hop, verleiht dem Drama eine Autorität, die wiederum durch verspielte Elemente wie den frenetischen Jump-Zooms, die an Mockumentery-Satiren wie «Parks and Recreation» oder «The Office» erinnern, gebrochen wird. Diese Spannung zwischen Ernsthaftigkeit und Absurdität – zwischen Shakespeares Tragödien und melodramatischen Seifenopern – macht die Serie nicht nur zu einer der einfallsreichsten, sondern auch unterhaltsamsten TV-Erlebnisse unserer Zeit.
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Jetzt verfügbar auf Sky Show
Serienfakten: «Succession» (1. und 2. Staffel) / Creator: Jesse Armstrong / Mit: Brian Cox, Jeremy Strong, Sarah Snook, Kieran Culkin, Matthew Macfayden, Nicholas Braun, Alan Ruck, Hiam Abbass / USA / 20 Episoden à 56–66 Minuten
Bild- und Trailerquelle: © Home Box Office, Inc. All rights reserved. HBO® and all related programs are the property of Home Box Office, Inc.
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