Die Serie «The Handmaid’s Tale», adaptiert vom gleichnamigen Roman der kanadischen Autorin Margret Atwood, zeichnet die albtraumhafte Dystopie einer radikal-religiösen, gnadenlos repressiven Gesellschaft, in der Frauen jegliche Rechte genommen wurden. Und dies in den schönsten Bildern, die der Fernsehschirm seit langem gesehen hat.
Der Zerfall kommt schleichend: Zuerst der Ausnahmezustand nach einem (fingierten) Anschlag aufs US-Parlament, dann sind plötzlich die Kreditkarten sämtlicher Frauen gesperrt und Arbeitgeber werden von paramilitärischen Truppen gezwungen ihre weiblichen Mitarbeiterinnen zu entlassen. Spätestens als bei Protestmärschen gegen das neue repressive Regime rücksichtslos auf Demonstranten geschossen wird, ist klar, hier ist etwas ausser Kontrolle geraten. So erzählt «The Handmaid’s Tale» in Flashbacks den unheimlich unterschwelligen Wandel vom Zerfall des demokratischen Staats USA bis zur Etablierung des totalitär-repressiven Regimes von Gilead. Vorwand für seine grausamen und menschenverachtenden Massnahmen liefert dem Regime von Gilead der Umstand, dass in dieser dystopischen Zukunft (oder alternativen Realität) von «The Handmaid’s Tale» der grösste Teil der Frauen unfruchtbar geworden sind. So wird die auf einer fundamentalistischen Form von Religion basierende Theokratie mit dem Schutze dieser wertvollen Mütter und dem Fortbestand der Gesellschaft legitimiert; und alle Greueltaten – von öffentlichen Hängungen, über Zwangslager in radioaktiv verseuchten Gebieten, bis zu rituellen Vergewaltigungen – im Namen des Wohls der Gesellschaft gerechtfertigt.
Erzählt wird die Geschichte von «The Handmaid’s Tale» aus der Perspektive von Offred alias June (Elisabeth Moss, «Mad Men», «Top of the Lake»). Offred ist eine der wenigen verbleibenden fruchtbaren Frauen, eine sogenannte Handmaid, und gezwungen die Kinder für Gileads Elite auszutragen. Als eine solche Handmaid lebt Offred als Fruchtbarkeitssklavin und Eigentum im Hause des Commanders Fred (Joseph Fiennes) und dessen Ehefrau Serena Joy (Yvonne Strahovski). Jeden Monat – pünktlich zum Eisprung – wird Offred in einer sogenannten Zeremonie rituell vom Commander vergewaltigt, während sie in Serena Joys Schoss liegt um so für das unfruchtbare Ehepaar ein Kind zu empfangen.
Eine albtraumhafte Zukunftsvision
Obwohl die Buchvorlage bereits 1985 veröffentlicht und auch die Serie lange vor den Ereignissen des letzten Jahres aufgegleist wurde, lassen sich die Assoziationen vor allem mit Trumps Amerika (und anderen repressiven, anti-demokratischen Tendenzen in der Welt) kaum unterdrücken. «The Handmaid’s Tale» wirkt wie eine albtraumhafte Zukunftsvision, oder ein unheimliches Warnzeichen dafür, wie fragil und wertvoll unsere hart erkämpften Rechte eigentlich sind. Das Verstörende und zugleich Faszinierende dabei ist die umwerfende Bildsprache in «The Handmaid’s Tale»: Die tristen grau-grünen Bilder werden nur durchbrochen durch die blutroten Roben und weissen Hauben der Handmaids. Dabei kontrastiert die makellose Bildkomposition gekonnt den grausamen Inhalt. Die rigide Welt von Gilead ist durchzogen von einer geradezu faschistoiden Ästhetik: Etwa wenn die rot gekleideten Handmaids in einer Art Schauprozess einen angeblichen Vergewaltiger zu Tode prügeln – aus der Vogelsicht gefilmt wirkt die brutale Exekution wie ein perfekt choreographiertes Tanzstück.
«The Handmaid’s Tale» ist definitiv keine leichte Kost. Aber so unheimlich meisterhaft gemacht und gespielt, dass man nicht wegsehen kann.
Die erste Staffel von «The Handmaid’s Tale» läuft derzeit auf Hulu. Weitere Staffeln sind bereits angekündigt.
Creator: Bruce Miller / DarstellerInnen: Elisabeth Moss, Yvonne Strahovski, Joseph Fiennes, Alexis Bledel, Samira Wiley.
Bild- und Trailerquelle: Hulu.
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