«The Long Walk» ist kein Spaziergang. In der Verfilmung des Buchs von Stephen King begeben sich 50 junge Männer auf einen Todesmarsch. Ohne Ziel, dafür mit Hoffnung und einem Balanceakt zwischen Überleben und Freundschaft. Nur einer kann überleben.
Das repressive Regime in einem dystopischen Amerika organisiert jedes Jahr einen Wettkampf in Form eines Fussmarschs. 50 junge Männer aus allen Bundesstaaten treten gegeneinander an. Es gibt kein Ziel und keine Zeitvorgabe, ausser, dass das Tempo von 5 km/h nicht unterschritten werden darf. Pausen und Schlaf: Fehlanzeige. Schon wer stehenbleibt oder sich die Schuhe bindet, wird verwarnt. Bei drei Verwarnungen wird man disqualifiziert, was gleichbedeutend mit der augenblicklichen Exekution ist. Wer am Schluss als Letzter übrig bleibt, gilt als Sieger.
Dieser Todesmarsch wird landesweit verfolgt und soll die Volkswirtschaft in den zerrüttenden USA ankurbeln. Das erinnert unweigerlich an «The Hunger Games»-Trilogie (2012– ). So verwundert es kaum, dass sich mit Francis Lawrence «Mister Hunger Games» himself in den Regiestuhl setzte: Schon vier Filme hat Lawrence im dystopischen Universum von Suzanne Collins‘ Büchern gemacht. Die Buchvorlage von «The Long Walk» stammt aber bereits aus dem Jahr 1979, aus der Feder von Horror-Altmeister Stephen King.

Cooper Hoffman und David Jonsson in «The Long Walk» / © Ascot Elite Entertainment. All Rights Reserved.
Der Film startet ohne Vorgeplänkel mit Raymond Garrity (Cooper Hoffman), direkt vor dem Startschuss zum Wettkampf. Nach dem Abschied von seiner Mutter (Judy Greer) trifft er auf Peter McVries (David Jonsson), und fortan begleiten wir die beiden Protagonisten auf den endlosen Highways auf ihrem Weg ins Glück – oder ins Verderben. Schnell freunden sie sich an, obwohl ihnen sehr wohl bewusst ist, dass sie nicht gemeinsam aus diesem Marathon herauskommen werden.
«Die fehlende Charaktertiefe führt dazu, dass kaum dynamische Konflikte zwischen den Kontrahenten entstehen.»
Leider erfahren wir während der 108 Minuten Laufzeit kaum etwas über die Figuren oder ihre wahre Motivation, am Todesmarsch teilzunehmen. Die fehlende Charaktertiefe führt dazu, dass kaum dynamische Konflikte zwischen den Kontrahenten entstehen. Emotionale Beziehungen bleiben oberflächlich. Dies macht es den Zuschauer*innen schwer, mitzufühlen. Trotzdem: Cooper Hoffman («Licorice Pizza») bringt als Hauptfigur eine solide Leistung auf den Asphalt; David Jonsson («Rye Lane», «Alien: Romulus») läuft ihm jedoch mit seiner Leinwandpräsenz und Lockerheit schauspielerisch den Rang ab.

Mark Hamill in «The Long Walk» / © Ascot Elite Entertainment. All Rights Reserved.
Ebenso erfahren wir fast nichts über die leblose Welt oder die politischen Umstände, ausser ein paar abgefackelter Fahrzeuge und vereinzelter, teilnahmsloser Personen am Wegesrand. Die Story bleibt hier zwar nahe am Buch, dem Film hätte es jedoch gutgetan, ein grösseres Ganzes zu zeigen. Man erfährt nicht einmal, was dem Gewinner für eine Belohnung winkt – ausser der vagen Aussage «ganz, ganz viel Geld und ein Wunsch». Während Lawrence in den «Hunger Games» das ausladende Zelebrieren des titelgebenden Anlasses überschwänglich zeigte, wird all das in «The Long Walk» in einem Nebensatz abgetan. In Panem werden das mächtige System und seine Ungerechtigkeiten in Form von Präsident Snow (Donald Sutherland) als Bösewicht greifbar gemacht; hier jedoch schreit nur ein fader Major (Mark Hamill) die Teilnehmer an.
«Ob bei einem Kopfschuss oder der Verrichtung der Notdurft: Die Kamera hält gnadenlos drauf.»
Überspielt wird dieser Umstand mit expliziter Gewalt. Ob bei einem Kopfschuss oder der Verrichtung der Notdurft: Die Kamera hält gnadenlos drauf. Das ist nichts für schwache Gemüter und gehört zu einer King-Geschichte, bringt dem Film aber keinen Mehrwert. Immerhin lässt der Schluss des Films die Zuschauer*innen mit einer kurzen Frage über Sinn und Moral nachdenklich in den Abspann versinken, bevor man den Heimweg unter die Füsse tritt.
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Kinostart Deutschschweiz: 11.9.2025
Filmfakten: «The Long Walk» / Regie: Francis Lawrence / Mit: Cooper Hoffman, David Jonsson, Garrett Wareing, Mark Hamill, Charlie Plummer, Ben Wang, Tut Nyuot, Joshua Odjick, Judy Greer / USA / 108 Minuten
Bild- und Trailerquelle: © Ascot Elite Entertainment. All Rights Reserved.
Worldbuilding und Charaktertiefe hätte «The Long Walk» mehr Grip für den Marsch verliehen. So bleiben lustlose Schockermomente. Für King-Fans solid, für alle anderen ein zäher Marsch für den Heimweg.











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