Bitte mal Tinder weglegen und Netflix anmachen! «The One» ist eine der besten Serien, die der Streamingdienst seit Langem veröffentlicht hat und trifft in vielen Aspekten genau den Nerv der Zeit.
Unsere herkömmlichen Dating-Apps haben dank der Pandemie wohl nochmals Aufschwung bekommen – doch was, wenn du deine*n wissenschaftlich belegte*n Traumpartner*in durch einen DNA-Match finden könntest? Genau das macht «The One»: mithilfe der Wissenschaft den Einen oder die Eine ermitteln – voilà, genetisch abgesicherte Liebe, kein Zögern, keine Aussicht auf Herzschmerz. Klingt verlockend? Doch der erste Eindruck täuscht: Nicht nur haben auch wissenschaftlich belegte Liebesbeziehungen ihre Tücken, sondern auch der Weg zu einem erfolgreichen Dating-Unternehmen, das auf DNA-Daten basiert, fordert seine Opfer. CEO Rebecca (Hannah Ware) nahm diese gerne auf sich, ohne mit der Wimper zu zucken – doch nun fallen sie auf sie zurück.
«You want power and success?» – «Yeah, I’m supposed to apologize for that? Men never do.»
Die Serie überzeugt an erster Stelle durch grossartiges Schauspiel, allen voran Hannah Ware als CEO von «The One». Sie mimt die skrupellose Geschäftsfrau, die über Leichen geht, mit einer ausdrucksstarken Selbstverständlichkeit. Auch wenn die Handlung hie und da die Empathie in ihr durchschimmern lässt, wird diese meistens in der nächsten Szene gleich wieder mit einem Akt der Machtgier im Keim erstickt. Das ist Balsam für die Augen, zumal solche Rollen mehrheitlich eher Männern zukommt. Auch sonst ist der Cast verhältnismässig divers und zeigt People of Colour in Schlüsselrollen, sowie körperlich beeinträchtigte Menschen, und tangiert unterschiedliche Nationen und Kulturen.
«Auch vom Cast und den schauspielerischen Leistungen abgesehen, ist ‹The One› absolut ‹bingewatchworthy›. Neben den Flashbacks, welche die kriminelle Entstehungsgeschichte des Dating-Unternehmens aufrollt, verweben sich geschickt unterschiedliche Seitenhandlungen über die Auswirkungen der neuen Technologie.»
Doch auch vom Cast und den schauspielerischen Leistungen abgesehen, ist «The One» absolut «bingewatchworthy». Neben den Flashbacks, welche die kriminelle Entstehungsgeschichte des Dating-Unternehmens aufrollt, verweben sich geschickt unterschiedliche Seitenhandlungen über die Auswirkungen der neuen Technologie. So werden zum Beispiel Beziehungen auf die Probe gestellt durch «The One»-Tests, die hinter dem Rücken des aktuellen Partners durchgeführt werden; oder notorische Lügner*innen müssen sich eingestehen, dass sie sich auch für ihren perfekten Match kaum ändern können. Und in extremen Fällen verleiten die Konsequenzen der Partnerfindung zu kriminellen Taten. So wird immer wieder die Frage aufgeworfen, inwiefern ein solcher technologischer Fortschritt tatsächlich die Partnersuche vereinfacht und die Lebensqualität erhöht.
In diesem Zusammenhang beschleicht einen oftmals das Gefühl, die Serie sei die kleine Cousine von «Black Mirror». Nicht nur aufgrund der inhaltlichen Parallelen zum technologischen Fortschritt, der die menschlichen Abgründe aufzeigt, sondern auch vom Filmstil her, der mehrheitlich auf ein kühles, steriles Bild setzt. Das ist nicht unbedingt negativ, doch der Stoff hätte eigentlich das Potenzial, seine eigene Filmsprache zu entwickeln.
«In diesem Zusammenhang beschleicht einen oftmals das Gefühl, die Serie sei die kleine Cousine von ‹Black Mirror›.»
Dennoch ist «The One» nicht nur hochkarätige Serienunterhaltung, sondern zeigt auf seine eigene kalte Art und Weise, wie sehr sich unsere immer digitalere Gesellschaft nach verbindlicher Liebe und menschlicher Bindung sehnt. Damit gelingt es der Netflix-Produktion, in einer thrillerähnlichen Geschichte die Dystopie unserer heutigen Datingwelt zu inszenieren, und setzt sich damit für eine – hoffentlich – zweite Staffel selbst eine hohe Messlatte.
–––
Jetzt auf Netflix Schweiz
Serienfakten: «The One» / Creator: Howard Overman / Mit: Hannah Ware, Dimitri Leonidas, Amir El-Masry, Stephen Campbell Moore, Wilf Scolding, Diarmaid Murtagh / Grossbritannien / 8 Episoden à 38–43 Minuten
Bild- und Trailerquelle: Netflix
«The One» begeistert mit einem tollen Cast, einer tollen Geschichte und einer Thematik, die – vor allem auch in der Pandemie – den Nerv der Zeit trifft.
No Comments