Schöne neue Welt: In «The Pod Generation», der neuen Sci-Fi-Komödie von Sophie Barthes, dreht sich alles um das Geschäft mit der Gebärmutter. Oder, besser gesagt, um das Geschäft mit den sogenannten Pods, die mithilfe künstlicher Intelligenz Kinder ausserhalb der menschlichen Gebärmutter austragen – und somit Menschen ermöglichen, Eltern zu werden, ohne ihr Leben einer Schwangerschaft anpassen zu müssen. Leider gelingt dem Film der Spagat zwischen amüsanter Unterhaltung und dystopischer Gesellschaftskritik nicht vollumfänglich.
Rachel (Emilia Clarke) ist ausser sich vor Freude, als sie den Anruf des «Womb Center» erhält: Ein Platz für einen Pod ist spontan frei geworden. Blöd nur, dass sich Emilias Partner Alvy (Chiwetel Ejiofor) als Biologe in jeglicher Hinsicht der Natur verschrieben hat und für ihn dementsprechend der Kinderwunsch nur auf natürlichem Weg erfüllt werden kann.
Im «Womb Center» geschieht aber nun einmal das komplette Gegenteil: Der ganze natürliche Prozess von Befruchtung über Schwangerschaft bis hin zur Geburt wird mithilfe von künstlicher Intelligenz komplett auf einen Pod ausgelagert, was vor allem karriereorientierten Frauen entgegenkommen soll. Findet das Paar einen Kompromiss? Und ist die Schwangerschaft im Kunststoff-Oval wirklich das Gelbe vom Ei?
Es macht Spass, sich in die kreativ konstruierte Zukunftswelt von Regisseurin und Drehbuchautorin Sophie Barthes («Madame Bovary») entführen zu lassen. Diese scheint nämlich auf den ersten Blick gar nicht so schlimm zu sein. Zum Beispiel gibt es dort «nature pods», in denen man, umgeben von Klängen der Natur – Wasserrauschen, Blätterrascheln im Wind –, Sauerstoff atmen und sich eine Auszeit vom hektischen Alltag gönnen kann. Der Haushalt von Alvy und Rachel wiederum wird von einer KI namens Elena unterstützt, die jeden morgen pünktlich einen perfekten Kaffee aufbrüht. Auch Rachels Therapeutin ist eine KI, die in Form eines überdimensionalen Auges mit einem arroganten Unterton festhält, dass das Analysieren von Träumen ins 20. Jahrhundert gehört und keine Indizien für psychologische Diagnosen liefert.
«Die ‹schöne neue Welt›, die Barthes ihrem Publikum in ‹The Pod Generation› vorlegt, ist schräg, unterhaltsam und überzeugt auch in ihrer Ästhetik – was immerhin etwas von ihren Schwachstellen ablenkt.»
Logischerweise ist auch im «Womb Center» die Technologie der Star. Die Pods werden per App gesteuert: Die werdenden Eltern können darüber ihr Kind ernähren oder ihm Musik, Klänge, ja sogar Podcasts vorspielen lassen. Die «schöne neue Welt», die Barthes ihrem Publikum in «The Pod Generation» vorlegt, ist schräg, unterhaltsam und überzeugt auch in ihrer Ästhetik – was immerhin etwas von ihren Schwachstellen ablenkt.
Der Film vermittelt das Gefühl, dass er seinem Publikum partout nicht auf die Füsse treten will – doch je mehr sich die Geschichte entfaltet, desto sehnlicher wünscht man sich genau das herbei. Der Reiz anderer Produktionen, die mit dystopischen Szenarien spielen – etwa die diesbezüglich übermächtige Serie «Black Mirror» (2011– ) –, ist, dass das Publikum schockiert oder vor den Kopf gestossen wird und so gewisse Gedankengänge zumindest angestupst werden. Gesellschaftskritik in Form von satirischen Szenen wird in «The Pod Generation» zwar angerissen, aber nicht ausgeführt – und bleibt vor allem viel zu zahm.
«Gesellschaftskritik in Form von satirischen Szenen wird in ‹The Pod Generation› zwar angerissen, aber nicht ausgeführt – und bleibt vor allem viel zu zahm.»
Der Film lässt immer wieder durchschimmern, dass er sich der gekoppelten Thematiken von Schwangerschaft, Politisierung des Frauenkörpers und Emanzipation durchaus bewusst ist, belässt es aber bei ein paar Dialogen und Szenen, die plump daherkommen und bloss Offensichtliches darlegen.
Auch die zwei Hauptfiguren und ihre Beziehung zueinander sind zu wenig ausgefeilt. Das hat zur Folge, dass auch das Schauspiel von Emilia Clarke («Game of Thrones») und Chiwetel Ejiofor («12 Years a Slave»), die beide schon zigfach ihr schauspielerisches Talent bewiesen haben, ebenfalls nicht überzeugt. Aus diesem Teufelskreis finden leider weder das Drehbuch noch die schauspielerischen Leistungen heraus. Sogar ganz zum Schluss des Films, als sich narrativ eine Möglichkeit auf dem Silbertablett präsentieren würde, um den nötigen Twist einzubringen, zeigt Barthes zu wenig Mut und bleibt auf der sicheren – sprich: langweilen – Seite.
«Für eine gute Sozialsatire ist ‹The Pod Generation› zu wenig pointiert.»
Für eine gute Sozialsatire ist «The Pod Generation» somit zu wenig pointiert; die Szenen mit potenziellem Unterhaltungsfaktor sind meist zu wenig lustig; und den dramatischen Elementen fehlt es an Tiefe. Da hilft leider auch die stete Auseinandersetzung mit der hochaktuellen Thematik der KI herzlich wenig. So verliert der Film sehr schnell an Momentum und bleibt in seiner zahmen Version einer Dystopie gefangen, in der weder die Figuren noch die Handlung das Publikum langfristig zu packen vermögen.
Über «The Pod Generation» wird auch in Folge 63 des Maximum Cinema Filmpodcasts diskutiert.
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Kinostart Deutschschweiz: 14.9.2023
Filmfakten: «The Pod Generation» / Regie: Sophie Barthes / Mit: Emilia Clarke, Chiwetel Ejiofor, Vinette Robinson, Rosalie Craig, Kathryn Hunter / Belgien, Frankreich, Grossbritannien / 109 Minuten
Bild- und Trailerquelle: © 2023 Ascot Elite Entertainment. All Rights Reserved.
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Interessensbindung der Autorin: Aline Schlunegger ist Mitarbeiterin bei der Neugass Kino AG im Bereich Marketing und Kommunikation. Bei Maximum Cinema schreibt sie aber unabhängig von ihrer Position beim Kino über Filme und Serien.
Sophie Barthes' futuristischer «The Pod Generation» will unterhalten und gesellschaftliche Strukturen hinterfragen. Leider gelingt dem Film nur seichte Unterhaltung.
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