«The Sisters Brothers» markiert Jacques Audiards («Un prophète», «De rouille et d’os», «Dheepan») englischsprachiges Filmdebüt und wurde am letztjährigen Filmfestival in Venedig mit dem «Silbernen Löwen» für die beste Regie ausgezeichnet. Audiard bedient mit «The Sisters Brothers» zum ersten Mal das Western-Genre und schafft dabei seine eigene Version. Zudem präsentiert er seinen Neuling mit einem beachtlichen männlichen Staraufgebot in Form eines starken Quartetts: John C. Reilly, Joaquin Phoenix, Jake Gyllenhaal sowie Riz Ahmed nehmen die Leinwand unmissverständlich für sich ein und bereichern den wilden Westen mit ihrer Präsenz.
Eli (John C. Reilly) und Charlie (Joaquin Phoenix) Sisters sind zwei unerbittliche sowie gefürchtete Auftragskiller eines Grosskriminellen namens «Commodore» (Rutger Hauer). Auf dessen Geheiss sollen sie den Chemiker Hermann Kermit Warm (Riz Ahmed) dazu bringen, seine «Wunderformel» preiszugeben und ihn anschliessend aus dem Weg räumen. Der Commodore hat bereits den Kopfgeldjäger Jim Morris (Jake Gyllenhaal) auf Warm angesetzt mit dem Auftrag, diesen vorab aufzuspüren und anschliessend an die Sisters-Brüder auszuliefern. Jedoch kommt es dabei zu einem Sinneswandel, der die Pläne der Sisters massgeblich durchkreuzt. Die Folge ist ein Katz-und-Maus-Spiel von Oregon nach San Francisco, wodurch alle Beteiligten auf ihre Weise zu sich selbst finden.

Credit : Magali Bragard / Annapurna Pictures
Piff-Paff-Puff mit einem Schuss Sentimentalität, vor allem aber Bruderliebe
Das Drehbuch zu «The Sisters Brothers» ist das Resultat einer weiteren Zusammenarbeit zwischen Audiard und seinem langjährigen Schreibpartner Thomas Bidegain («Un prophète», «De rouille et d’os», «Dheepan»), wobei Audiard bei der filmischen Umsetzung jegliche Freiheiten genoss. So ist «The Sisters Brothers» kein Western im klassischen Sinne: Trotz reichlich Schiessereien sowie Blut verzichtet Audiard auf den finalen Showdown und legt den Fokus stattdessen auf (Selbst)-Erkenntnis, Menschlichkeit sowie Nostalgie. Ausserdem sind Eli sowie Charlie für hartgesottene Cowboys erstaunlich gesprächig, wobei Eli in seiner Tiefsinnigkeit seinen jüngeren, impulsiven sowie etwas versauten Bruder auch mal vor den Kopf stösst. Zudem sorgt Audiard inmitten des von Rauheit und Gewalt geprägten wilden Westens auch für witzige Momente, indem er Eli die Mundhygiene sowie Klospülung entdecken lässt (herrlich gespielt von John C. Reilly).

Joaquin Phoenix als “Charlie Sisters” / Credit : Magali Bragard / Annapurna Pictures
Trotz stilistischen Freiheiten, die Coen– sowie Tarantino-esque Einlagen einschliessen, sind Präzision in der Ausstattung sowie Kostümierung erkennbar, was «The Sisters Brothers» zu einem visuellen Vergnügen macht. Letzteres verdankt der Film sicherlich Kameramann Benoît Debie («Submergence»,«Every Thing Will Be Fine»): Mit seiner Kameraarbeit intensiviert er die Schönheit der Landschaft und lädt sie atmosphärisch auf, indem er dunkle Farbvariationen mit farbenprächtigen, hellen Filmbildern alterniert. Zudem begleiten Parallelfahrten Eli und Charlie auf dem Pferderücken, was das Publikum an der Dynamik der Szene teilhaben lässt.
Auffallend sind ausserdem Rebecca Root als Mayfield sowie Allison Tolman als Prostituierte, die trotz kurzer Leinwandpräsenz durch ihre jeweilige Darbietung den Raum für sich einnehmen und so inmitten der harschen, von Männern dominierten Welt des Westerns brillieren.
«The Sisters Brothers» ist ein stimmungsvoller Western mit überraschenden Bekenntnissen, Neubewertungen von Schuld und Unschuld sowie hart gesottenen Cowboys, die auch mal empfindsam sein dürfen.
–
Kinostart Deutschschweiz: 21. März 2019
Filmfakten: « The Sisters Brothers » / Regie: Jacques Audiard / Mit: John C. Reilly, Joaquin Phoenix, Jake Gyllenhaal, Riz Ahmed, Rebecca Root, Allison Tolman, Carol Kane, Rutger Hauer / Frankreich, Spanien, Rumänien, USA / 121 Minuten
Bild- und Trailerquelle: Ascot Elite
Eine gelungene Alternative zum klassischen Western.
No Comments