«The United States vs. Billie Holiday» von Lee Daniels ist zwar als Biopic der grossen Jazzsängerin gekennzeichnet, doch irgendwie passt das nicht so ganz.
Wird ein Film als Biopic beworben, sind daran gewisse Erwartungen gekoppelt. Man lernt (meistens) eine bekannte Person näher kennen, geht mit ihr durch Höhen und Tiefen ihres Lebens und weiss am Ende über die Person, oder zumindest über einen Aspekt ihres Lebens, Bescheid. So weit, so klar. Doch bei «The United States vs. Billie Holiday» gelingt es trotz einer vielversprechenden Geschichte irgendwie nicht, einem «Biopic» gerecht zu werden. Es scheint, als sei man sich nicht sicher gewesen, ob man «nur» die Biografie der Jazzsängerin Billie Holiday erzählen wollte oder noch mehr. Reichte die Reduzierung auf einen Aspekt aus Holidays Leben, oder sollte man alles in ein grosses Ganzes betten? Und wie verknüpft man das alles dann noch mit der Gegenwart, die ja doch immer noch einige Parallelen mit den Vierziger- und Fünfzigerjahren aufweist? Irgendwie war man sich da nicht so sicher und hat am Ende alles und nichts gemacht.
«Bei ‹The United States vs. Billie Holiday› gelingt es trotz einer vielversprechenden Geschichte irgendwie nicht, einem ‹Biopic› gerecht zu werden.»
Der Film setzt ein, da ist Billie Holiday (Andra Day) auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. Sie, eine der bedeutendsten Jazzsängerinnen ihrer und eigentlich auch aller anderen Zeiten, ist bei schwarzem wie weissem Publikum gleichermassen beliebt, spielt in den grössten Hallen des Landes und ist neben der Musik auch zwielichtigen Männern und dem Heroin verfallen. Sowohl ihr Drogenkonsum als auch ihr Mut, neben Liebesballaden auch politische Lieder – insbesondere «Strange Fruit», ein Proteststück gegen die in den Südstaaten stattfindenden Lynchmorde an schwarzen Menschen – immer wieder auf der Bühne zu singen, sind der amerikanischen Regierung ein Dorn im Auge.
So wird sie zum Zielobjekt von Harry J. Anslinger (Garrett Hedlund) dem Leiter des Federal Bureau of Narcotics. Immer wieder wird Holiday wegen Drogenbesitzes und Drogenkonsums verhaftet. Anslinger setzt den Ermittler Jimmy Fletcher («Moonlight»-Star Trevante Rhodes) auf Holiday an. Er soll sie beobachten, auf frischer Tat ertappen und hinter Gitter bringen. Fletcher tut, wie ihm geheissen, Holiday kommt ins Gefängnis, macht verschiedene Entzüge und kommt doch nicht von den Drogen los. Es ist klar, dass der vermeintliche Kampf gegen die Drogen nur ein Vorwand ist, um rassistische Strukturen aufrechtzuerhalten und, wie in diesem Fall, eine Sängerin zu diskreditieren und daran zu hindern, das zu singen, was sie möchte.
«Am stärksten ist der Film immer dann, wenn er der gelernten R&B-Sängerin Andra Day das Feld überlässt. Wenn sie als Billie Holiday wunderschönen, starken, bisweilen auch quirligen Jazz performt, weiss man, warum sie völlig zu Recht für einen Oscar als beste Hauptdarstellerin nominiert wurde.»
Diese Szenen lassen zum Glück die schwächeren Momente des Films ein wenig verblassen. «The United States vs. Billie Holiday» von Lee Daniels («Precious», «The Butler») versucht, viele Facetten der Billie Holiday einzufangen: die Geschichte einer schwarzen Sängerin im Amerika der Fünfzigerjahre, einer vom Leben Gezeichneten, einer im Leben Stehenden, einer Drogenabhängigen. Das gelingt stellenweise berauschend gut, lässt die Zuschauer*innen aber am Ende doch etwas unbefriedigt zurück.
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Kinostart Deutschschweiz: 29.4.2021
Filmfakten: «The United States vs. Billie Holiday» / Regie: Lee Daniels / Mit: Andra Day, Trevante Rhodes, Garrett Hedlund, Leslie Jordan, Natasha Lyonne / USA / 130 Minuten
Bild- und Trailerquelle: © 2021 Ascot Elite Entertainment Group. All Rights Reserved.
Irgendwie nicht so ganz rund. Doch Andra Days Interpretation der grossen Billie Holiday macht einiges wett, und ihr in «The United States vs. Billie Holiday» zuzuschauen, lohnt sich auf jeden Fall.
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