Korruption, Geldwäscherei, Verstösse gegen die Menschenrechte. Eigentlich wissen wir es alle: Die Auswahl des WM-Gastlandes ist skandalös, die Arbeitsbedingungen auf den Stadionbaustellen ebenso. Aber dann flimmern die ersten Spiele über die Bildschirme und alle fiebern mit. «The Workers Cup» zeigt, wie selbst die ausgebeuteten Arbeiter sich vom Fussball blenden lassen.
Jetzt sind sie da, in dieser Barackenstadt mitten in Katars Wüstenlandschaft. Aus Nepal, Bangladesch, Ghana sind sie angereist, manche, weil sie arbeiten wollten, Schulden hatten, andere, weil sie mit falschen Versprechungen herlgelockt wurden. Sie bauen Stadien, Strassen, Hotels und Einkaufszentren. Denn 2022 wird in Katar die FIFA Weltmeisterschaft stattfinden, bis dahin muss die nötige Infrastruktur stehen. Die Arbeiter aus dem Ausland stellen 60% der Bevölkerung Katars.
Für seinen Dokumentarfilm «The Workers Cup» hat Adam Sobel ein Dutzend der auf dem Bau beschäftigten Arbeiter begleitet. Es sind aussergewöhnliche Wochen: Der «Workers Cup» findet statt. Die verschiedenen am Bau tätigen Firmen stellen eine Mannschaften, die Teams bestehen aus Arbeitern, die Trainer sind Vorarbeiter mit Bürojobs.
Der Film zeigt den Verlauf des Turniers aus Sicht einer dieser Mannschaften, bald schon fiebert man mit, denn Kenneth, Samuel, Umesh, Padam und der Rest des Teams sind mit Leib und Seele dabei. Sie lieben Fussball, geniessen die Abwechslung zum Arbeitsalltag und erfahren Gemeinschaft, wo bisher sprachliche und kulturelle Barrieren im Weg standen.

Kenneth, 21 (vorne), sieht im Fussballturnier seine Chance
Sobel und sein Team begleiten die Männer aber auch in ihre Barackenstadt, in ihre Massenschläge und in die Kantine. Die Gesprächen die hier, neben dem Platz, geführt werden, machen klar: Die Männer wissen, in was für einer Lage sie sind, verstehen, dass das Turnier das Zuckerbrot ist und sie bald schon wieder die Peitsche spüren werden. Sie können ihre Jobs nur mit Einwilligung ihres Arbeitgebers künden, dürfen das Camp nur zum Arbeiten verlassen, haben dubiosen Agenten sogar Unsummen für eine Reise ins vermeintliche Paradies bezahlt.
«The Workers Cup» fängt die zwiespältige Rolle des Fussballturniers wunderbar ein. Es dient Veranstaltern und Firmen aus Aushängeschild und Werbefläche, soll die Arbeiter besänftigen. Die Teammitglieder und Fans wissen darum – und verfallen dem Versprechen Fussball doch. Wer weiss, vielleicht bekommen sie Anerkennung von ihrem Boss, wenn sie gewinnen? Oder es kommen tatsächlich Fussball-Scouts vorbei, die den Weg aus der Misere bieten könnten? Dass selbst die ausgebeuteten Arbeiter sich blenden lassen, kann als Erklärung für das Wegschauen der Welt verstanden werden. Sobald Fussball gespielt wird, sind Menschenrechte nebensächlich.

Kurze Pause vom harten Arbeitsalltag: der Workers Cup in Katar
Wir konnten den Film im Rex Bern ansehen, wo er hoffentlich wieder läuft. Ansonsten kann man ihn auf Amazon mieten.
Regie: Adam Sobel / Mit: Kenneth, Calton, Samuel, Umesh, Padam, Paul
Bild und Trailerquellen: www.theworkerscupfilm.com
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