Von der Hausfrau zur Rebellin gegen die Gesellschaft – Thelma & Louise zeigen im gleichnamigen Film nicht nur durch ihre Taten, dass sie nach Freiheit streben. Auch ihr veränderter Look spricht dafür.
Hatten Sie auch schon einen Thelma-&-Louise-Moment?* Zurück schauen, die Probleme angehen oder einfach so weiterfahren – diese Entweder-Oder-Situation kennt eigentlich jeder. Thelma und Louise, unsere beiden Heldinnen, die befanden sich nach ihrem Roadtrip mit dem Thunderbird ’66 durch den Südwesten Amerikas ebenfalls in einer solchen Situation. Gefängnis oder Freiheitstod? Das war die Frage, welche die beiden Heldinnen mit einer Fahrt über die Klippe beantworteten. T-Shirt, Jeans und Cowboy-Stiefel trugen sie dabei. Mannsweiber? Mitnichten. Nur selbstbewusste Frauen, die sich ihr Recht auf Freiheit gleich für eine Vielzahl von weiblichen Zuschauer zumindest auf der Leinwand erkämpften.
Von der braven Hausfrau zur Killerin
Die Verwandlung der Hausfrau Thelma (Geena Davis) und der Kellnerin Louise (Susan Sarandon) in Outlaws, das funktioniert äusserlich ganz einfach. Tritt Thelma anfänglich im Morgenmantel als brave Hausfrau in ihrem Zuhause auf, gibt sie später mit hochgekrempeltem T-Shirt und Jeans die knallharte Killerin. Sah Thelma Louise anfänglich beim Rauchen nur zu, zündet sie sich auf der Flucht genüsslich selbst eine an. Von Kopf bis Fuss in Jeansstoff gehüllt, der von seiner genuesischen Seemannsherkunft als Inbegriff von Freiheit durchgehen kann, schreitet Thelma nach ihrer Nacht mit dem jungen und knackigen Cowboy (Brad Pitt) zum Morgenessen. Vom Schmuck entledigt sich Louise bei einer Rast und knotet sich dafür lässig ein cowboyanisches Dreieckstuch um den Hals. Als Thelma und Louise dem sexistischen Truckfahrer eine Lektion erteilen und sein Gefährt in die Luft gehen lassen, da stehen sie beide mit dem angewinkelten Bein auf ihrem Thunderbird `66 da. Sie sind bei sich angekommen. Ihr Leben als Hausfrau und Kellnerin haben sie hinter sich gelassen. Ein Zurück gibt es nicht mehr. Ihr «Oder», das ist der Weg nach vorne. Über die Klippe, ins Leere. «Louise, I’m so glad I came with you», sagt Thelma. Die Reise, die durften unzählige Frauen miterleben. Der Look der Freiheit, der riecht nach Herrenunterhemd und Seemannskluft.
Zwei Frauen, die für ein Wochenende verreisen, ihre Männer zu Hause lassen, einen Vergewaltiger kaltstellen und in Cowboy-Kluft einen Truck hochgehen lassen, das gab damals zu reden. Als der Film von Ridley Scott in den Neunzigerjahren in die Kinos kam, sprach man schon davon, dass dies der Beginn einer ganzen Reihe von Filmen sein würde, die Frauen in den Mittelpunkt stellt. Und zwar nicht so wie bis anhin, wo sie hauptsächlich in Liebeschnulzen oder sogenannten «Chick-Flicks» Hauptrollen übernahmen, sondern eben in meist von Männerrollen dominierten Genres, wie beispielsweise dem Road-Movie oder dem Action-Film. Doch dem war nicht so. Die grosse Welle der starken Frauenfiguren, die sich in männerbehafteten Genres behaupten blieb aus. «Thelma & Louise» bekam sechs Oscarnominationen und gewann einen für das beste Drehbuch. Das wars dann schon.
Die kleidertechnische Ebene führt uns vor: In Filmen, da kann man als Frau ganz einfach mit Knarre und Cowboy-Montur zu Outlaws mutieren. In der männerdominierten Filmindustrie, da reicht es nicht, den Morgenmantel gegen eine Jeans einzutauschen.
*Nice to know: Der Ausdruck «to have a Thelma-&-Louise-moment» ist seit dem Film in den amerikanischen Sprachgebrauch übergegangen. Sogar Barack Obama brauchte den Ausdruck vor zwei Jahren, als er noch um die Gesundheitsreform in den Staaten kämpfte. Er war der Meinung, dass sich das Gesundheitssystem ganz klar in einer Entweder-Oder-Situation befindet. Zurück schauen, die Probleme angehen oder einfach so weiterfahren, und immer mehr Menschen ohne Krankenversicherung leben lassen? Mittlerweile ist das Thema vom Tisch, und Obama hat seine Reform durchgebracht.
«Thelma & Louise», Ridley Scott, USA, 1991, 130 Minuten. Kostüm-Designerin: Elizabeth McBride
Quelle Titelbild: 20th Century Fox
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