Tom Cruise: Kaum ein Name steht so für überdimensionales Actionkino wie der des 60-jährigen Amerikaners. Doch das ist nur die halbe Geschichte. Das Xenix widmet dem Hollywood-Star sein April-Programm und beleuchtet dabei sowohl sein Blockbuster-Schaffen als auch seine Independent-Anfänge.
Schon der Titel der Retrospektive des Zürcher Programmkinos macht deutlich, wie sehr sich das Werk des Schauspielers zwischen zwei Welten bewegt: «Independent Blockbuster Star» umschreibt perfekt die Karriere von Tom Cruise, der sich in den Achtzigerjahren zunächst als Charakterdarsteller in Filmen wie der Highschool-Komödie «Risky Business» (1983), dem Billard-Drama «The Color of Money» (1986) oder dem gefeierten Roadmovie «Rain Man» (1988) einen Namen machte, bevor er sich als Hollywood-Star etablieren konnte.
Mit Tony Scotts Kultfilmen «Top Gun» (1986) und «Days of Thunder» (1990) schnupperte er zwar schon Ende der Achtzigerjahre Action-Luft, endgültig als Mann für die rasanten Blockbuster durchsetzen konnte sich Cruise aber vor allem zur Jahrtausendwende mit Filmen wie «Mission: Impossible» (1996) und dessen Fortsetzungen, sowie der dystopischen Zukunftsvision «Minority Report» (2002) von Steven Spielberg.
Spielberg, Anderson, Kubrick
Was an Cruises Karriere auffällt, sind die grossen Namen mit denen er zusammengearbeitet hat. Mit dem bereits genannten Spielberg drehte er 2005 die Verfilmung von H. G. Wells‘ düsterem Endzeit-Roman «War of the Worlds», aber auch für Paul Thomas Anderson («Magnolia»), Tony («Top Gun») sowie Ridley Scott («Legend»), Rob Reiner («A Few Good Men»), Oliver Stone («Born on the Fourth of July») und Stanley Kubrick («Eyes Wide Shut») stand er vor der Kamera – einige von ihnen drehten mit Cruise gar ihre besten Filme.
Mit anderen Filmemachern entwickelte sich eine intensive Kollaboration, wie etwa mit Joseph Kosinski, mit dem Cruise 2013 das Sci-Fi-Quasi-Kammerspiel «Oblivion» inszenierte und mit dem er 2022 mit «Top Gun: Maverick» den erfolgreichsten Film seiner Karriere drehte – oder mit Doug Liman, für den Cruise im «Edge of Tomorrow» (2014) und «American Made» (2017) zweimal vor der Kamera stand.
Die vertiefteste Zusammenarbeit pflegt Cruise aber wohl mit Christopher McQuarrie, mit der er seit über einem Jahrzehnt mehrere Projekte realisierte: McQuarrie schrieb 2008 das Kriegsdrama «Valkyrie», in dem Cruise die Hauptrolle spielte, bevor der Schauspieler den Autor engagierte, um das Drehbuch von «Mission: Impossible – Ghost Protocol» (2011) aufzupolieren. McQuarrie blieb an Bord und schrieb und inszenierte die darauffolgenden vier Teile der Reihe gleich selber: Teil 7 erscheint in diesem Frühling, der abschliessende achte Film soll im Juni 2024 ins Kino kommen.
Die Highlights
Eine vier Jahrzehnte umspannende Karriere will das Xenix im April mit seinem Programm abdecken. Ein grosses Highlight ist dabei «Magnolia» (1999) von Paul Thomas Anderson, der Cruise auf der Höhe seiner Karriere zeigt. Seine erschreckend zeitgemässe Darbietung als misogyner «Meninist» ist eine seiner eindrücklichsten Schauspielleistungen, mit der er selbst aus einem Ensemble mit Julianne Moore, Philip Seymour Hoffman, John C. Reilly, William H. Macy und Jason Robards heraussticht.
Mit «Edge of Tomorrow» (2014) von Doug Liman bringt das Xenix zudem einen der schrägsten Science-Fiction-Blockbuster der letzten Jahre zurück auf die Grossleinwand, in dem Tom Cruise als US-Major Bill Cage in einer Tech-Uniform gegen Ausserirdische kämpfen muss. Der Clou: Wann immer Cage stirbt, erlebt er den Tag von Neuem. Dieser Blockbuster im Geiste von «Groundhog Day» (1993) war in den USA nicht sehr erfolgreich – dafür international umso mehr. Eine Fortsetzung hängt noch in der Luft und auch von einer Spin-Off-Serie ist seit einer Weile die Rede. So oder so: eine zwingende Empfehlung.
Rahmenprogramm
Wie immer gibt es im Xenix auch ein würdiges Rahmenprogramm: Bei einem Podium widmen sich die Kulturjournalistin Simone Meier und Giona A. Nazzaro, der künstlerische Direktor des Filmfestivals Locarno, der Hassliebe gegenüber dem Schauspieler, der vor allem wegen seiner Mitgliedschaft bei der Sekte Scientology in der Kritik steht. Passend dazu, nimmt das Xenix auch das Sektendrama «The Master» (2012) von Cruises Wegbegleiter Paul Thomas Anderson ins Programm. In der Reihe «Test of Time» fragen sich die Verantwortlichen zudem, wie gut «Hot Shots!» (1991), die Verballhornung von Cruises Überflieger-Erfolg «Top Gun», gealtert ist.
Die Abwesenden
Bei 19 Filmen fehlt unweigerlich der eine oder andere Klassiker. Am auffälligsten ist dabei die Abwesenheit der ganzen «Mission: Impossible»-Reihe, die sich aber einfach erklären lässt: Aufgrund des bevorstehenden Kinostarts von Teil 7 hat der Verleiher die Filme für Kinoveranstaltungen sperren lassen. Aber auch andere wichtige Filme in Cruises Vita sind nicht dabei: etwa «The Last Samurai» (2003) von Edward Zwick, in dem der Schauspieler einen US-Captain spielt, der sich im 19. Jahrhundert mit den Samurai zusammenschliesst. Den Vorwurf der «White Saviour»-Erzählung lässt Ken Watanabe, der im Film an der Seite von Cruise zu sehen ist, übrigens nicht gelten – vielmehr habe der Film Hollywood überhaupt erst für eine respektvolle Darstellung der japanischen Kultur sensibilisiert.
Auch Cruises schillerndste Darbietungen fehlen, etwa als Rockstar Stacee Jaxx im Musical «Rock of Ages» (2012) oder sein unvergessener Auftritt als pummeliger, glatzköpfiger Studioboss in «Tropic Thunder» (2008). Dass die Kriegskomödie vor dem aktuellen weltpolitischen Hintergrund nicht gezeigt wird, ist nachvollziehbar. Erst recht, wenn man an Robert Downey Jrs. Auftritt in Blackface – eine höchst umstrittene Kritik am Method Acting – denkt. Den gefeierten «American Made» (2017) mit Tom Cruise als CIA-Schmuggler oder den genialen dystopischen Thriller «Oblivion» (2014) haben die Verantwortlichen vom Xenix wohl einfach vergessen. Das kann passieren, vor allem bei so einer Karriere.
Tickets zu gewinnen
Das ganze Programm zum Tom-Cruise-Monat im Xenix und die genauen Spielzeiten sind auf der Webseite des Kinos zu finden. Maximum Cinema verlost zudem 1 x 2 Tickets für das Double Feature «Cruise Control» am Ostermontag, 10. April. An diesem Tag zeigt das Xenix «Top Gun» und «Days of Thunder» mit Tom Cruise. Um teilzunehmen, musst du die folgende Frage beantworten: Wie heisst der Regisseur der beiden Filme? Antwort an hello@maxmumcinema.ch mit dem Betreff «Cruise Control». Einsendeschluss ist der 5. April 2023.
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Titelbild aus «Top Gun: Maverick» / © Paramount Pictures
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