«Er sass mit dem Rücken zur Tür. Und immer wenn die Tür aufging, fuhr er zusammen.»
Lyrisch, poetisch, dystopisch. «Transit» von Christian Petzold, der an der Berlinale Premiere feierte, verlegt das besetzte Frankreich in die Gegenwart. In «Casablanca»-Atmosphäre ist ein solides Drama entstanden.
Georg (Franz Rogowski, «Frantz», «In den Gängen») ist politischer Flüchtling im von den Nazis besetzten Paris der Gegenwart. Zufällig kommen ihm die Ausweispapiere und ein Manuskript von einem Autoren namens Weibel in die Hände, der kurz davor Suizid begangen hatte. Zusammen mit einem verletzten Freund macht er sich in einem Güterzug auf den Weg nach Marseille – eine Reise, die sein Freund nicht überlebt. Dort angekommen überbringt Georg der Frau und dem Sohn die traurige Nachricht, freundet sich mit ihnen an und bleibt vorerst.
Kurze Zeit später wird er auf dem mexikanischen Konsul versehentlich für Weibel gehalten, da er dessen Papiere auf sich trägt. Ohne die Verwechslung aufzuklären, gibt er sich ab diesem Zeitpunkt als Weibel aus. Ein Umstand, den auch Weibels in Marseille weilende Frau (Paula Beer, «Frantz») nicht verborgen bleibt. Diese ist schon lange auf der Suche nach ihrem Mann.

Georg (Franz Rogowski) in Marseille.
«Es gibt keine direkte Verbindung nach Mexiko. Sie brauchen Transits.»
Anna Seghers hat den Roman «Transit» bereits in den 1940er-Jahren geschrieben, und die Verlegung der Geschichte in die Gegenwart ist eine äusserst interessante Entscheidung. Die dadurch erzeugte Atmosphäre der Geschichte entpuppt sich als grosse Stärke des Films. Ohne spezifisch auf neuzeitliche gesellschaftliche und politische Entwicklungen einzugehen, wird der Umstand des besetzten Frankreichs stillschweigend vorausgesetzt. Dies macht «Transit» auch zu einer dystopischen Zukunftsvision.
Die mediterranen, hellen, und sonnigen Schauplätze stehen im Gegensatz zur düsteren Thematik des Films und verleihen ihm einen «Casablanca»-Vibe. Franz Rogowski (der kürzlich für «In den Gängen» den Deutschen Filmpreis gewann) enttäuscht nie und insbesondere der Jungschauspieler Lilien Batman kann hier auftrumpfen. Alles in allem ist «Transit» ein gelungenes Drama, das hin und wieder etwas mehr Spritz hätte vertragen können.

Georg (Rogowski) und Driss (Lilien Batman).
Der Regisseur und Drehbuchautor Christian Petzold wird seinen neuen Film, der auf Anna Seghers gleichnamigem Roman basiert, am 29. und 30. Mai persönlich in Basel, Zürich, Biel und Bern vorstellen.
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«Transit» läuft ab Donnerstag, 31. Mai in den Schweizer Kinos. / Neu auf Netflix Schweiz
Drehbuch von Christian Petzold, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Anna Seghers / Regie: Christian Petzold / Darsteller: Franz Rogowski, Paula Beer, Godehard Giese, Lilien Batman und Maryam Zaree
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