Er ist gut. Dieser neue Film von Fatih Akin. Ein Highlight im düsteren, öden und abgelutschten Bazar, der ‚Kinosommer 2016‘ heisst. Aber zugleich – Vergleich ist wie wir alle wissen der Anfang vom Unglück – ist „Tschick“ gemessen an Fatihs vorhergehenden Filmen, eben doch nur gut geworden. Leider kein Meisterwerk.
Wo „Gegen die Wand“ noch ein ungeschliffener Diamant ist und „Soul Kitchen“ vor Charme und Witz sprühte, ist der neue Film zwar wirklich gut geworden und besitzt viel von diesem Witz und Charme, doch leider erzählt er eben vor allem eine Geschichte und nutzt wenig die filmische Sprache. Die Dialoge sind grossartig und wirklich lustig, aber das kann das Buch auch. Die einzigen filmischen Höhepunkte lassen sich an einer Hand abzählen. Es fehlen die Akzente, die Rauheit, das filmische Kalkül.
Klar, Film darf auch mal einfach eine Geschichte erzählen. Und das macht Fatih wirklich gekonnt. Er ist ein grossartige Regisseur und hat mit den zwei Hauptdarstellern ein tolles Händchen bewiesen (Anand Batbileg und Tristan Göbel). Die Geschichte geht ans Herz, die Freundschaft, die erste Liebe, Flucht und Konflikte im Alter, hat er hervorragend umgesetzt. Man nimmt es den Hauptdarstellern ab, sie sind tolle Buddys. Doch Fatih Akin ist für Grösseres bestimmt, als ein amüsantes und kurzweiliges Roadmovie zweier Teenager in der Walachei. Fatih Akin macht, ganz wie Woody Allen, auch bei seinen weniger guten Filmen immer noch 10 mal bessere Filme, als es viele andere Filmemacher tun.
Zum Inhalt:
Während die Mutter in der Entzugsklinik und der Vater mit seiner Assistentin auf „Geschäftsreise“ ist, verbringt der 14-jährige Aussenseiter Maik Klingenberg die Ferien allein am Pool der elterlichen Villa. Doch dann kreuzt Tschick auf. Tschick, eigentlich Andrej Tschichatschow, stammt aus dem tiefsten Russland, kommt aus einem der Hochhäuser in Berlin-Marzahn – und hat einen geklauten Lada dabei. Damit beginnt eine Reise ohne Karte und Kompass durch die sommerglühende ostdeutsche Provinz. Die Geschichte eines Sommers, den wir alle einmal erleben… Der beste Sommer von allen!
Fazit:
Tschick ist wirklich empfehlenswert, mit viel Herz und Humor. Wo Fatih Akin aber früher filmische Meisterleistungen gezeigt hat, hat er heute keine Ecken und Kanten mehr. Wo ist der filmische Exzess, die Abstraktion, die Reflexion geblieben? Der Film ist gut, keine Frage, aber wenn man mal die Latte hochsetzt, kann man nur noch verlieren.
Den Film sollte man nicht verpassen, die Hauptdarsteller sind grossartig, das Drehbuch sehr gelungen und der Drive vom kleinen feinen Roadmovie zieht einem aus dem Alltag, dem man im Kino sehr gern entflieht
Dennoch: Den Film sollte man nicht verpassen, die Hauptdarsteller sind grossartig, das Drehbuch sehr gelungen und der Drive vom kleinen feinen Roadmovie zieht einem aus dem Alltag, dem man im Kino sehr gern entflieht. Überraschungen gibt es wenige, aber wo sie einem entgegen knallen, da spürt man es kurz, das Feuer des südländischen Regisseurs, das durchaus ein wenig mehr lodern dürfte, als die Sonaten von Richard Clayderman.
Kinostart: 15. September / Neu auf Netflix Schweiz / Regie: Fatih Akin / Mit Anand Batbileg, Tristan Göbel, Mercedes Müller
Bild- und Trailerquelle: http://www.pathefilms.ch/
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