Die dritte Staffel von «Twin Peaks», einer der bedeutendsten und seltsamsten Fernsehproduktionen aller Zeiten, ist angelaufen. David Lynch geht konsequent seinen Weg. Dieser weist Ecken und Kanten und disparate Schrägen auf, die sein heterogenes Werk ab 2000 auszeichnen.
In bisher jedem seiner Filme bot Lynch mindestens eine Verstörung an, die auf der Hirnrinde kleben blieb. In «Eraserhead» war es am ehesten das „Baby“, in «Fire Walk With Me» war es der gesamte WTFilm feat. CCTV-Perversion (Überwachungskamerasysteme) feat. David Bowie, in «The Straight Story» war es die Abstrusitätsabstinenz – und in der aktuellen Lieferung von «Twin Peaks» schließlich ist es nicht zuletzt jener gräulich-weissliche Ruckelschemen, der sich in einem zuvor dunkel gewordenen Glasbehälter abzeichnet und anschließend als akuter Horrorwirbel ein junges Liebespärchen leichenhausreif raspelt.
«You’ve been Lynch’d!»
Das Groteske ist ein Spektrum: Am einen Ende stehen etwa komische Übertreibungen und diverse Skurrilitäten, Zeichentrickfilme, Monty Python etc. Irgendwo in der Mitte finden sich Zombies, Vampire, Werwölfe und dergleichen, keinesfalls ununheimliche Kreaturen, die jedoch selten jene ausschlaggebende Grenze zur Unfassbarkeit überschreiten. Eben hinter jener Grenze aber beginnt das kühne Reich der Safidalität und Weird Fiction, die die Lovecrafts, Ligottis, Egners, Cronenbergs und natürlich David Lynchs dieser Welt beheimatet. Der bedeutendste Konstitutionsfaktor ist dabei der Unbegreiflichkeitsterror, der Unvorhersagbarkeitsschock, der dissonante Kogelton. Safidal ist jede noch so subtile, raffinierte, ephemere Abartigkeit, die im Kern einer jeden Abstrusität steckt. Wahre Safidalität ist so extrem, dass sie den Rezipienten teilweise oder ganz vernichtet, weshalb selbst mächtige Vokabeln wie „grotesk“ oder „absurd“ nicht mehr ausreichen.
David Lynch ließ seine weltbewegende Mythologie stets in den höchsten Sphären der Seltsamkeit operieren und ist für das „Weird/Bizarro“-Genre fraglos ungefähr das, was «The Raid» für Action oder «Kung Fury» für Comedy ist. Am Ende muss man sich eingestehen: „You’ve been Lynch’d!“
Bild- und Trailerquelle: Showtime
Creators: David Lynch, Mark Frost / DarstellerInnen: Kyle MacLachlan, Mädchen Amick, Robert Forster uvm.
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