Das Marvel Cinematic Universe macht sich auf, die Serienwelt zu erobern, und gibt mit «WandaVision» einen starken Auftakt. Die Serie folgt dem Traumpaar Wanda und Vision durch Jahrzehnte der Fernsehgeschichte, in der die zu Beginn heile Fassade bald zu bröckeln beginnt.
Der Beginn der Serie kann gleichzeitig Verwirrung und Faszination auslösen: Im Stil einer Komödie der Fünfzigerjahre – und ganz authentisch in schwarz-weiss – werden die beiden Avengers Wanda Maximoff (Elizabeth Olsen) und Vision (Paul Bettany) als frisch verheiratetes Paar gezeigt, das sich in einer Kleinstadt niederlässt. Während einen die Retro-Kulisse in den Bann zieht und man als Zuschauer*in die aufwändige Inszenierung geniesst, versucht man in freudiger Erwartung herauszufinden, welches Geheimnis diese trügerische Idylle zu verbergen versucht – immerhin ist dies eine Produktion des Marvel Cinematic Universe (MCU), und die Protagonisten haben Superkräfte.
«‹WandaVision› ist überraschend tiefgründig, rückt ernste Themen ins Zentrum und verwendet mehr Zeit für das Innenleben und die persönliche Entwicklung der Charaktere als für actionreiche Kampfszenen.»
Mit «WandaVision» beginnt Marvel ein neues Kapitel des MCUs, das nun neuerdings Serienproduktionen beinhaltet, die Teil der verwobenen Gesamtgeschichte sind. Marvel wagt jedoch nicht nur mit dem seriellen Format Neues, sondern zeigt sich auch inhaltlich von einer anderen Seite. «WandaVision» ist überraschend tiefgründig, rückt ernste Themen ins Zentrum und verwendet mehr Zeit für das Innenleben und die persönliche Entwicklung der Charaktere als für actionreiche Kampfszenen. So entsteht eine durchdachte und glaubwürdige Hintergrundgeschichte über Wanda Maximoffs Kindheit und deren Auswirkungen auf die Gegenwart, sowie eine berührende Darstellung der Beziehung zwischen ihr und Vision.

Elizabeth Olsen als Wanda Maximoff / Photo courtesy of Marvel Studios. ©Marvel Studios 2021. All Rights Reserved. © Disney+
«Besonders Olsen gelingt es eindrucksvoll, die aufgewühlte Zerrissenheit von Wanda sichtbar zu machen. Es sind diese ruhigeren Momente der Serie, die in Erinnerung bleiben.»
Die Serie steht und fällt mit der Darbietung von Elizabeth Olsen und Paul Bettany. Die beiden überzeugen in der herausfordernden Aufgabe, ihre Figuren in den unterschiedlichen Fernsehepochen der Jahrzehnte von den Fünfzigerjahren bis heute darzustellen, und ankern ein komplexes Drehbuch in der innigen Vertrautheit zwischen Wanda und Vision. Besonders Olsen gelingt es eindrucksvoll, die aufgewühlte Zerrissenheit von Wanda sichtbar zu machen. Es sind diese ruhigeren Momente der Serie, die in Erinnerung bleiben.
«WandaVision» wäre jedoch keine Marvel-Serie, wenn die Actionszenen gänzlich fehlen würden. So kommt es in den letzten Folgen der neunteiligen Staffel zu kampflastigen Showdowns, in denen sowohl Wanda als auch Vision ihre Superkräfte zur Schau stellen können. Die Serie fällt in diesen Momenten jedoch etwas in sich zusammen – wohl auch, weil die Bösewichte quasi aus dem Nichts aufzutauchen scheinen keine Zeit vorhanden ist, ihre Hintergründe vollumfassend zu erklären. So entsteht der Eindruck, dass die Actionszenen mehr eine Pflichtübung sind als ein wesentlicher Teil von Wandas und Visions Geschichte. Zudem hat Wanda stets so klar die Kontrolle über das grosse Ganze, dass kein wirkliches Mitfiebern entstehen kann. Und als Zuschauer*in verspürt man auch etwas Wehmut, da der Fokus auf den Kampfszenen das Ende des Auspackens von Wandas Gefühlswelt verheisst, wovon man gerne noch mehr gesehen hätte.

Paul Bettany als Vision / Photo courtesy of Marvel Studios. ©Marvel Studios 2021. All Rights Reserved. © Disney+
«Mit dem Loslösen vom bekannten und lange erfolgreichen Superhelden-Action-Schema, werden sie mit dieser Serie womöglich einen Teil ihres loyalen Publikums verlieren, doch gleichzeitig – auch wegen des Nostalgiegefühls, das die parodierten Fernsehsitcoms auslösen – neue Zuschauer*innen hinzugewinnen.»
Marvel schlägt mit «WandaVision» eine spannende neue Richtung ein. Mit dem Loslösen vom bekannten und lange erfolgreichen Superhelden-Action-Schema, werden sie mit dieser Serie womöglich einen Teil ihres loyalen Publikums verlieren, doch gleichzeitig – auch wegen des Nostalgiegefühls, das die parodierten Fernsehsitcoms auslösen – neue Zuschauer*innen hinzugewinnen. «WandaVision» muss man nicht gesehen haben, doch die von Jac Shaeffer inszenierte Serie bietet dank eines cleveren Drehbuchs, der aufwendigen Produktion und der amüsanten Nebencharaktere (besonders hervorzuheben: Kat Dennings und Randall Park) gute Unterhaltung. Nach den ausgezeichneten Darbietungen von Olsen und Bettany freut man sich zudem auf weitere Abenteuer mit Wanda und Vision und hofft, dass sie nicht wieder als Nebenfiguren an den Rand des MCUs gedrängt werden.
Über «WandaVision» wird auch in Folge 21 des Maximum Cinema Filmpodcasts diskutiert.
—
Jetzt auf Disney+
Serienfakten: «WandaVision» / Creator: Jac Schaeffer / Regie: Matt Shakman / Mit: Elizabeth Olsen, Paul Bettany, Debra Jo Rupp, Fred Melamed, Kathryn Hahn, Teyonah Parris, Randall Park, Kat Dennings, Evan Peters / USA / 9 Episoden à 29-49 Minuten
Bild- und Trailerquelle: Photo courtesy of Marvel Studios. ©Marvel Studios 2021. All Rights Reserved. © Disney+
No Comments