Mit «War Dogs» kam 2016 ein etwas ernsterer Film von «Hangover»-Kultregisseur Todd Phillips in unsere Kinos. Basierend auf einem Artikel im«Rolling Stone» von 2011 erzählt «War Dogs» eindrücklich die wahre, aber nicht minder skurrile Geschichte, zweier völlig ahnungsloser Dudes, die während des Irakkriegs damit beginnen, von zu Hause aus tüchtig im internationalen Waffenhandel mitzumischen. Neu auf Netflix Schweiz.
Miami im Jahre 2005: David Packouz (Charmant: Miles Teller) und Efraim Diveroli (Wunderbar geldgeil: Jonah Hill) sind ehemalige Yeshiva-Schul-Kameraden, knapp über zwanzig und treffen sich nach Jahren an einer Beerdigung wieder. Sie beschliessen – der eine aus Not, der andre aus Gier – gemeinsame Sache zu machen. Durch eine kaum bekannte Gesetzesänderung ist es jetzt auch für kleinere Privatfirmen möglich, bei von der US-Regierung öffentlich ausgeschriebenen Rüstungsaufträgen mitzubieten. Und genau so eine Firma will der opportunistische Efraim gründen.
Frisch ins Waffengeschäft eingestiegen, interessiert sich Diveroli vor allem für die «Krumen» der kleinen unbeachteten Deals, nicht für den ganzen Kuchen, wie er sagt – denn schon die Krümelchen werfen Hunderttausende von Dollars ab. Der offensichtlich nicht nur machthungrige, mit prallem Doppelkinn und hebräischem Goldkettchen versehene Efraim holt sich Verstärkung ins Boot und schafft es mit seiner gerissenen Art, den ohnehin abgebrannten doch überaus gutmütigen David für ihn zu gewinnen um mit ihm ins Waffen-Business einzusteigen.
Sex, Money & Guns
Der eigentlich strikte Kriegsgegner und gescheiterte Qualitäts-Bettwäschehändler Dave, der sich den Lebensunterhalt als Masseur alter, reicher Säcke verdienen muss und eigentlich der moralische Gegenpart zu Efraim ist, lässt sich vom offen zur Schau gestellten Reichtum und der «Fickt-euch-alle»-Attitude seines Buddys blenden, belügt schon bald seine verführerisch hübsche Freundin IZ (Etwas farblos aber sexy: Ana de Armas) über Job, den plötzlichen Geldsegen, die neue Wohnung – eigentlich über alles was sein zweifelhafter Lebenswandel mit sich führt und lässt sich auf ein adrenalin-pumpendes Spiel mit Geld, Waffen und natürlich, ganz in «Wolf of Wallstreet»-Manier, jede Menge Drogen ein. Warum sich Dickerchen Diveroli dazu hinreissen lässt, gegen die eigenen Regeln zu verstossen und einen gigantischen 300-Millionen-Dollar-Deal mit dem Pentagon anzunehmen, der die Kapazitäten der Zwei-Mann-Firma freilich bei weitem übersteigt, liefert der Film nicht. Wohl handelt der massige Typ aus simpler, purer Gier. Bald schon verstricken sich die zwei Waffenbrüder in grössere Geschäfte, zu grosse, bei denen unter anderen auch die US-Regierung involviert ist und es kommt wie es kommen muss: Sie haben sich übernommen und müssen bald den Platz vorm Computer aufgeben, ihr sicheres Büro verlassen um selbst in den Krisengebieten und brennenden Höllenlöchern dieser Erde aufzutauchen und vor Ort mit führenden US-Militärs sowie der übelsten Sorte Waffenschiebender Aas-Geier zu verhandeln – und zu überleben.
Fazit
In der Karriere von Todd Philips markiert «War Dogs» sicherlich einen Wendepunkt. Als Buddy-Comedy getarnt muss der Film schon nur wegen seiner Brisanz und schwere des Stoffs als Drama bezeichnet werden. Er ist sehr unterhaltsam, machohaft, ästhetisch und abschreckend zu gleich. Doch leider kommt der in rasant-flüssiger «Hang-over»-Manier gedrehte Film, mit Voice-over-Erzählung & dramatischer Kapitelunterteilung nicht ganz an seine grossen Vorbilder wie «Lord of War», «Wolf of Wallstreet» oder den oft zitierten «Scarface» heran – was allein schon Bildstärke, Set-Design oder den Soundtrack betrifft – die zwar meist passend, stellenweise aber ein bisschen lasch und einfallslos wirken. «War Dogs» mit seiner unverblümten Direktheit, ist aufschlussreich, spannend und witzig, doch manchmal etwas zu vorhersehbar und so ist dieses Werk ein gelungenes und mitreissendes Comedy-Drama über Macht und Korruption, das einem die grundlegenden Fehler und Verstrickungen eines auf Gier und Kapitalismus basierenden Systems, mehr als deutlich vor Augen führt.
Der Streifen, cool gemacht; voll mit Jonah Hill-Swag ist überaus unterhaltsam, machohaft, ästhetisch und abschreckend zu gleich.
Mit einem wunderbaren Cast – unter anderem Bradley Cooper als rotäugiger und überaus undurchsichtiger Waffenschieber mit 70er-Jahre-Brille – und dem herrlich harmonierenden Hippie/Munitions-Dealer-Gespann Teller-Hill, wird der Film nie langatmig, ist gut mit schwarzem Humor durchzogen und lässt nur erahnen, was der Regie-Künstler Todd Phillips in Zukunft noch alles auf die Leinwand bringen wird. Extra-korpulent und mit neuem Hyänen-Lacher der etwas an den verrückten «Goldständer» erinnert, verkörpert Jonah Hill brillant und aberwitzig den fetten, amerikanischen Kapitalisten – luxusgeil, egoistisch, rücksichtslos.
Der seit seiner Nebenrolle an der Seite von Leonardo DiCaprio in «Wolf of Wallstreet» zur A-Klasse der Hollywood-Schauspieler zählende Comedian, stützt mit seiner wuchtigen Präsenz den ganzen Film und liefert eine echte Meisterleitung mit seinem Spiel ab. «War Dogs» ist packend, gut gemacht und nicht nur für Hill-Fans ein absolutes Muss.
Kinostart: 29. September 2016 / Regie: Todd Phillips / Darsteller Miles Teller, Jonah Hill, Ana de Armas, Barry Livingston, Shaun Toub, JB Blanc / Neu auf Netflix Schweiz
Trailer- und Bildquelle: TM and ©Warner Bros. Ent. All rights reserved.
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