Bereits in ihrem Gastspiel in «Batman v Superman» und als Teil des Superheldenensembles «Justice League» war Gal Gadot als Wonder Woman, die Amazone mit Herz, ein Lichtblick im mittelprächtigen Œuvre von Superheldenfilmen aus dem Hause Warner Bros. und DC. Der erste «Wonder Woman» wurde danach zum Hoffnungsträger für die Filmschmiede. Und tatsächlich: Dank imposanter Actionszenen und liebevoller und interessanter Charakterzeichnung wusste das Superhelden-Debüt von Patty Jenkins durchaus zu fesseln. Auf das Sequel «Wonder Woman 1984» trifft das leider überhaupt nicht zu.
Der Einstieg in die Geschichte auf der Insel Themyscira, wo die noch junge Diana Prince an einem Wettkampf teilnimmt (und dabei schummelt), kann sich durchaus sehen lassen. Die Amazonen-Olympiade ist rasant und spannend in Szene gesetzt, und die Heldin lernt zudem eine wichtige Lektion über Wahrhaftigkeit und Fairness. Leider wird diese vielversprechende Episode später weder wieder aufgegriffen, noch spielt sie irgendeine Rolle im weiteren Verlauf der Geschichte.
Die darauf folgende, erstaunlich lieblose Einführung in die Achtzigerjahre lässt erahnen, dass sowohl die Drehbuchautoren Geoff Johns und Dave Callaham als auch Regisseurin Patty Jenkins («Monster») entweder unter Zeitdruck standen oder mit dem Herzen nicht ganz bei der Sache waren. Das 80s-Sujet in vielen aktuellen Film- und TV-Produktionen ist vielleicht schon etwas ausgelutscht – und wenn die Jahreszahl schon im Titel steht, dürfte man dann doch mehr erwarten als eine Handvoll «schräge» Klamotten und ein paar breakdancende Kids um die Ära abzubilden. Am ehesten kommt die Achtziger-Stimmung in einem halbwegs ordentlichen Kampf in einer Einkaufs-Mall zum Tragen. Die fetzigen Trailer und bunten Plakate liessen ein Zelebrieren der Retro-Nostalgiewelle vermuten, im Endeffekt ist das Jahr dann sogar so unwichtig, dass die Geschichte in jedem beliebigen Jahrzehnt hätte spielen können.
«Am ehesten kommt die Achtziger-Stimmung in einem halbwegs ordentlichen Kampf in einer Einkaufs-Mall zum Tragen. Die fetzigen Trailer und bunten Plakate liessen ein Zelebrieren der Retro-Nostalgiewelle vermuten, im Endeffekt ist das Jahr dann sogar so unwichtig, dass die Geschichte in jedem beliebigen Jahrzehnt hätte spielen können.»
Wie dem auch sei: Die Story setzt also im Orwell-Jahr ein, und Diana Prince (Gal Gadot) hat sich gut 70 Jahre nach den Ereignissen des ersten Teils in Washington D.C. niedergelassen, arbeitet in der kunsthistorischen Abteilung des Smithsonian-Instituts und setzt ihre Kräfte fürs Gute ein, indem sie hin und wieder kleine Verbrecher dingfest macht. Der Verlust ihrer grossen Liebe Steve Trevor (Chris Pine) nagt noch immer an ihr, weshalb sie meist für sich bleibt und sich am liebsten um die Artefakte des Museums kümmert. Nach einem von ihr vereitelten Raub wird dem Institut ein mysteriöser Stein zur Untersuchung geschickt, den weder Diana noch die neu angeheuerte und überaus kompetente Kollegin Barbara Minerva (Kristen Wiig) bestimmen können. Zudem hat der schmierige Unternehmer Maxwell Lord («The Mandalorian»-Star Pedro Pascal) ein verdächtig grosses Interesse an dem Artefakt – denn offenbar kann das Kleinod Wünsche wahr werden lassen.
Im Zentrum des Geschehens steht natürlich Wonder Woman, die von Gal Gadot wieder mit viel Kampfgeist, Wärme und Herz gespielt wird. Da sie mit einem Wunschstein konfrontiert wird, ist es naheliegend, dass sie sich Steve Trevor zurückwünscht – und so darf sich Chris Pine in seinen Fish-out-of-water-Momenten herrlich sympathisch über seine neue Umgebung wundern. Allerdings fühlt sich die Liebesbeziehung zwischen ihm und Diana mehr behauptet als gefühlt an, und die Umstände seiner Rückkehr sind in ihrer Darstellung zumindest fragwürdig und unnötig kompliziert.
«Im Zentrum des Geschehens steht natürlich Wonder Woman, die von Gal Gadot wieder mit viel Kampfgeist, Wärme und Herz gespielt wird.»
Den grössten Schnitzer leistet sich das Drehbuch aber bei der Charakterzeichnung der beiden Gegenspieler. Barbara Minerva wird als Frau porträtiert, die akademisch begabt, aber wahnsinnig tollpatschig ist. Und genau diese zwei Eigenschaften bindet sie jedem, der es nicht hören will, dauernd unter die Nase. Mehr Tiefe gesteht ihr das Drehbuch nicht zu.
Pedro Pascal darf dafür ordentlich am Rad drehen, und kompensiert mit seinen wilden Grimassen wohl den Umstand, dass er in «The Mandalorian» zwei Staffeln lang unter einem Helm versteckt war. Das macht den halben Film lang Spass, danach wirkt es nur noch ermüdend. Und ohne zu viel vorweg nehmen zu wollen: Der grosse Schurken-Masterplan gehört definitiv zu den bizarrsten und undurchdachtesten Plänen in der Geschichte der Superheldenfilme. Selbst der Maestro der Weltherrschaftspläne und James-Bond-Endgegner Ernst Stavro Blofeld wäre vor diesem Irrsinn zurückgeschreckt.
«‹Wonder Woman 1984› ist ein belangloser, konfuser und leider sehr langweiliger Film, der in seinen stolzen 151 Minuten keine Szene bietet, die auch später noch nachhallt, wie es etwa Wonder Womans Sturm ins Niemandsland im ersten Teil tat.»
Leider bietet der Film im Gegenzug keine überzeugenden Actionsequenzen, um über das schwache Drehbuch hinwegzusehen, sondern erstaunlich altbackene Effekte in Kämpfen ohne nennenswerte emotionale Tragweite. Das macht «Wonder Woman 1984» zu einem erschreckend belanglosen, konfusen und leider sehr langweiligen Film, der in seinen stolzen 151 Minuten keine Szene bietet, die auch später noch nachhallt, wie es etwa Wonder Womans Sturm ins Niemandsland im ersten Teil tat. Schade.
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Ab dem 20. April in den Schweizer Kinos!
Filmfakten: «Wonder Woman 1984» / Regie: Patty Jenkins / Mit: Gal Gadot, Chris Pine, Kristen Wiig, Pedro Pascal, Robin Wright, Connie Nielsen / USA / 151 Minuten
Bild- und Trailerquelle: WONDER WOMAN 1984 and all related characters and elements © & ™ DC Comics and Warner Bros. Entertainment Inc.
Patty Jenkins' «Wonder Woman 1984» ist eine in allen Belangen enttäuschende Fortsetzung mit gravierenden Schwächen beim Drehbuch und der Charakterzeichnung.
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