Die Geschichte des Löwendompteurs Tairo (Tairo Caroli) ist allem Anschein nach schnell erzählt: Er verliert seinen Glücksbringer und macht sich dann auf die Suche nach dem verlorenen Talisman. Der Regisseur Rainer Frimmel und die Regisseurin Tizza Covi zeichnen den Weg des jungen Italieners, der weniger vom Finden, als vom Begegnen handelt.
Scheinbar ununterbrochen kopfschüttelnd stapft Tairo durch sein Leben. Er liebt seine Löwen und fühlt sich eigentlich auch im Zirkuszyklus zu Hause. Trotzdem sieht er sich mit wachsender Unzufriedenheit konfrontiert. Gerade den Tod eines älteren Löwens kann er nur schleppend verdauen. Seine missliche Stimmung krallt sich einen neuen Tiefpunkt, als sein Talismann, ein verbogenes Eisen, verschwindet. Das Wegkommen verwandelt sein bereits angeschlagenes Gleichgewicht in ein Glücksspiel. Mit dem untrüblichen Drang eines stolzen Geistes ausgestattet macht er sich quer durch Italien auf den Weg den Mann zu finden, welcher ihm in seiner Kindheit das Eisen einst gebogen hatte: Arthur Robin, ehemaliger Mister Universo.
Die urteilsfreie Aufnahme ist möglich
Es ist eine Geschichte eines Menschen. Nicht eines Helden, sondern eines Menschen. Ein Umstand, der schwierig auf die Leinwand zu bringen ist. Der Grad zwischen unspektakulär, aber menschlich und langweilig ist oftmals so schmal wie die Hüften von Heidi’s Girls. Es ist eine Wohltat, dass «Mister Universo» punktgenau auf diesem Grad balanciert. Ohne zu stürzen, über die gesamte Filmlänge. Der Zuschauer darf aufmerksam das Schicksal eines jungen Menschen miterleben und hat die Möglichkeit mitzufühlen, ohne urteilen zu müssen. Ein sehr angenehmer Aspekt beim Zuschauen. Viele Filme, welche so vehement mit der Moralkeule schwingen, lassen eine urteilsfreie Aufnahme der Geschichte fast nicht zu. Nicht nur deshalb tänzelt «Mister Universo» so authentisch durch die Manege des filmischen Geschichtenerzählens.

«Mister Universo»
Das Hamsterrad der Melancholie
Gerade der raue Zirkusalltag wird immer wieder roh illustriert: Aufbauen, Regen, putzen, abbauen, verpatzte Zirkusnummer, kurze Zimmerstunde, aufbauen, putzen… Gerade der ungeschönte Blick in den Alltag, der nichts mit dem Scheinwerferlicht zu tun haben möchte, sprüht nur so von Poesie und Melancholie, denn schlussendlich macht der Besucher oder die Besucherin im Zirkus keinen Unterschied zwischen Mensch und Tier – hauptsache Unterhaltung! So sind die Akteure und Akteurinnen in der Regel freiwillig gefangen in diesem sich immer wiederholenden Ablauf des unterhalten Müssens. Ein Hamsterrad, welches ungefragt Melancholie, aber wohl auch Genugtuung hervorruft.
Unser Glück!
Eine Genugtuung, welche mit dem Zuschauenden geteilt wird. Zum Glück! Sowieso ist ein solcher Streifen Glück. Er ist in einem solch übersättigten Markt eine blühende Frühlingsknospe, die den Sturm des Kommerzes selbstbewusst ignoriert und blüht wie es ihr passt. Prächtig!
Kinostart: 11.5.2017 / Regie: Titta Covi / Rainer Frimmel / Mit Tairo Caroli, Wendy Weber, Arthur Robin, Lilly Robin
Trailer- und Bildquelle: Kino Xenix.
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