Die Träume vier junger Menschen im Iran der Gegenwart treffen auf die Realität des strengreligiösen Gottesstaates. Mit «Tehran Taboo» übt der iranische Regisseur Ali Soozandeh Kritik an der Oppression und dem Sexismus seines Heimatlandes – mit der Technik des Animationsfilms.
Es ist immer wieder schön, wenn es in der Schweiz ein kleiner Independent-Animationsfilm ins Kino schafft. Denn generell haben es Filme, die nicht bei einem der grossen US-Studios entstanden sind, schwer hierzulande ein Publikum zu finden. Ich vergesse nie, wie mir ein kleiner Schweizer Verleiher beinahe den Tränen nahe erzählte, dass sein Animationsfilm in der Startwoche landesweit gerade einmal 25 Tickets verkauft hatte. Der Film wurde später für einen Oscar nominiert – doch in der Schweiz interessierte das Niemanden.
Darum freue ich mich immer darüber, wenn es in der Schweiz auch mal ein kleinerer Film ins Kino schafft, der das Publikum ein bisschen mehr fordert, als dies die gängigen US-Produktionen tun. «Tehran Taboo» ist ein solcher Film – das Drama von Ali Soozandeh erzählt von vier jungen Menschen, die alle auf der Suche nach Glück und Freiheit mit den Konventionen ihres strengreligiösen Heimatlandes in Konflikt kommen. Die deutsch-österreichische Produktion wühlt auf – ein hochaktuelles, politisches Werk über alltägliche Formen der Oppression.
Das Büsi ist nicht echt
Da der Film mit seiner aufgeladenen Thematik unmöglich an echten Schauplätzen gedreht werden konnte, entschied sich Soozandeh dafür, die Geschichte komplett als Animationsfilm umzusetzen. Damit ist er in bester Gesellschaft – schon Ari Folman entschied sich vor rund zehn Jahren dazu, sein von der libanesischen Regierung boykottiertes Kriegsdrama «Waltz With Bashir» als Trickfilm umzusetzen. Es wird schnell deutlich, dass sich «Tehran Taboo» am grossen Vorbild aus Israel orientiert – aber leider bleibt Soozandehs Film visuell einiges schuldig. Die harten Kontraste, die den Look des Films dominieren, machen es immer wieder schwer, die Mimik der Figuren zu lesen.
Wohl aus budgettechnischen Gründen, hat man sich entschieden, diesen Film mit Rotoskopie (also Animation über echte Aufnahmen drüber) umzusetzen. In der Animationsbranche ist diese Technik umstritten, da sie nicht als «richtige Animation» gilt. Ich finde: Wenn man das gut macht, dann ist dagegen nichts auszusetzen. Und über weite Strecken machen Soozandeh und seine Leute ihre Arbeit gut, die Übersetzung der Realbilder in Animation funktioniert. Dass sich die Macher jedoch für einige Schlüsselszenen gegen ein echtes Büsi entschieden haben und stattdessen ein schrecklich gstabiges 3D-Wesen gebastelt haben, ist schon eher lausig.
Als Animationsfilm ist «Tehran Taboo» nur mit einigen Vorbehalten zu empfehlen. Doch zum Glück ist Ali Soozandehs Film nur ein Zweck-Trickfilm, dessen Geschichte unter die Haut geht und um jeden Preis erzählt werden muss. Dafür verzeiht man dann auch so manche visuellen Schnitzer.
Kinostart: 16. November / Regie: Ali Soozandeh
Trailer- und Bildquellen: Praesens Film
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