«The Guilty», Antoine Fuquas Remake des gleichnamigen dänischen Thrillers, ist ein durchschnittliche amerikanische Version, die dem Original nicht das Wasser reichen kann. Der Film hätte zwar das Potenzial gehabt, etwas zum Diskurs um Polizeigewalt beizutragen, doch er bleibt zu flach und plattitüdenhaft.
Polizist Joe Baylor (Jake Gyllenhaal) arbeitet in der Notrufzentrale von Los Angeles. Während er mehr oder weniger dringende Notfälle beantwortet, toben draussen Waldbrände. Und auch privat brennt es bei Joe: Am nächsten Tag steht ihm ein wichtiges Gerichtsverfahren bevor, und seine Tochter kriegt er kaum zu Gesicht. Dann erreicht ihn der Anruf einer Frau, die entführt wurde, und Joe setzt alles daran, sie zu retten.
«I’ve been an asshole. Not just today, but in general.» – «Yes, you have.»
Netflix‘ «The Guilty» ist ein Remake des gleichnamigen dänischen Originals von 2018 («Den skyldige» auf Dänisch), das von Kritiker*innen damals äusserst positiv aufgenommen wurde. Die Gyllenhaal-Version überzeugt aber leider deutlich weniger, angefangen mit Protagonist Joe, der ein durch und durch unsympathischer Kerl ist. Er nimmt Notfälle nur dann ernst, wenn sie ihn persönlich interessieren, mit seinen Kolleg*innen spricht er nur, wenn er Informationen braucht. Er ist aufbrausend, fordernd, ständig gereizt und trifft eine falsche Entscheidung nach der anderen. Dass er überhaupt als Polizist arbeiten darf, auch wenn es nur am Schreibtisch ist, wirkt geradezu fahrlässig.
Es fällt einem entsprechend auch nicht leicht, sich für seine Probleme zu interessieren, die der Film ständig in die Thrillerhandlung einfliessen lässt. Darunter leidet schliesslich auch der Thriller-Aspekt von «The Guilty»: Die Handlung, inklusive einiger überraschender Wendungen, ist durchaus packend, doch der Fokus auf den unsympathischen Protagonisten lenkt immer wieder davon ab.
«Netflix‘ ‹The Guilty› ist ein Remake eines dänischen Originals von 2018, das von Kritiker*innen damals äusserst positiv aufgenommen wurde. Die Gyllenhaal-Version überzeugt aber leider deutlich weniger.»

Jake Gyllenhaal als Joe Bayler / CR: NETFLIX © 2021.
«The Guilty» hätte durchaus das Potenzial gehabt, mit einer abgründigen Charakterstudie zum aktuellen Diskurs rund um Polizeigewalt beizutragen. Joe als Beispiel dafür, was im Exekutivsystem der USA alles falsch läuft, hätte dann auch nicht unbedingt Sympathiepunkte gebraucht, um zu funktionieren.
Doch Regisseur Antoine Fuqua («Training Day»), oder vielleicht auch eher seine Geldgeber*innen, lassen Joe am Ende zu gut dastehen. Seine Abgründe hätten tiefer sein, mehr Konsequenzen haben und kritischer dargestellt werden können. Stattdessen wird Joes Verhalten plattitüdenhaft als «broken people saving broken people» bezeichnet. Das Tüpfelchen auf dem i ist schliesslich das Ende des Films, das Joes Charakterentwicklung tatsächlich eine Art positive Wendung darstellen will, was weder Joe noch sein dänisches Original verdient haben.
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Filmfakten: «The Guilty» / Regie: Antoine Fuqua / Mit: Jake Gyllenhaal, Ethan Hawke, Riley Keough, Christina Vidal, Adrian Martinez, Peter Sarsgaard, Eli Goree, Da’Vine Joy Randolph / USA / 90 Minuten
Bild- und Trailerquelle: Netflix
Ein Remake, das es verpasst hat sein Potenzial auszuschöpfen. Und auch 90 Minuten Jake Gyllenhaal sind irgendwann einmal zu viel.
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