Der Spielfilm Erstling von Adam Smith («The Chemical Brothers: Don’t Think») fährt ein. Metaphorisch und wortwörtlich. Rasante Verfolgungsjagden gekoppelt mit feinfühliger Reflexion über gesellschaftliche Minderheiten, versprechen ein erstklassiges und packendes Kinovergnügen.
Familie geht bei der kleinen, englischen «Traveller Community» rund um Colby Cutler (Brendan Gleeson) über alles. Gleich danach kommt der Glaube – auch wenn dieser, je nach Situation angepasst werden kann. So kommt es auch, dass die Kleinverbrechen, die Colbys Sohn Chad (Michael Fassbender) zur Ernährung der Familie auf sich nehmen muss, völlig gerechtfertigt werden. Das exzessive Fluchen sowieso. Doch Chad hat genug. Aufgewachsen ohne Schulbildung und unter den prekären Verhältnissen der nomadenähnlichen Lebensweise, wünscht er sich sehnlichst eine bessere Zukunft für seine zwei Kinder. Dies unter den stets wachenden Augen von Oberhaupt Colby zu erreichen, stellt sich allerdings als beinah hoffnungslose Mission heraus. Denn nichts ist stärker als der familiäre Bund und sich diesem zu widersetzen wird dem Hochverrat gleichgestellt. Es kommt zum manipulativen Machtkampf, der bald den Frieden der kleinen, isolierten Gesellschaft zu zerstören droht.
Blood is a brutal bond
Die Logline bringt die allgemeine Atmosphäre des Films auf den Punkt. Mit ausgeprägter Symbolik zeichnet der Film das Bild einer Gesellschaft, die abgeschottet, in der legalen Grauzone lebt und sich voll und ganz auf traditionelle Werte der Familie stützt. Schnell wird aber klar, dass Blutsverwandtschaft in diesem Kontext zwei stark kontrastierende Seiten zeigt. Adam Smith gelingt es, dies auf eine einfahrende Weise zu inszenieren. Die Vaterliebe wird genau so deutlich, wie die Gefahr die schlussendlich davon ausgeht. Doch nicht nur diese stets kippende Stimmung zwischen den Protagonisten, hält die Spannung 99 Minuten aufrecht. Die Verfolgungsjagden im Auto und zu Fuss, sind fesselnd und aufs Essentielle reduziert, sodass man den Blick keine Sekunde von der Leinwand abwenden kann. Obwohl genau solche Verfolgungsjagden und Geschichten um Kleinkriminelle zu Genüge behandelt werden, hinterlässt «Trespass Against Us» einen ganz eigenen Nachgeschmack. Dies ist vor allem auf die facettenreiche Thematik des Films zurückzuführen. Während der familiäre Zusammenhalt als Ausgangspunkt dient, entwickelt sich durch den Film hindurch einen ausgedehnten Diskurs über Religion, Gesellschaft und Minderheiten. Adam Smith, der seit den 90er Jahren vor allem als Musikfilmregisseur einen Namen gemacht hat, hinterlässt mit seinem Spielfilmdebüt somit einen bleibenden Eindruck. Wir freuen uns auf mehr.
Fazit
Die Ausnahmetalente Brendan Gleeson und Michael Fassbender, als Vater und Sohn sind den Kinobesuch sowieso schon wert. Die Tatsache, dass rundherum auch alles stimmig ist, macht besagten Besuch nur noch dringlicher.
Kinostart: 03.08.2017
Regie: Adam Smith
Darsteller: Michael Fassbender, Brendan Gleeson, Lyndsey Marshal, Rory Kinnear, Sean Harris
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