Wenn man Peggy Guggenheim’s Leben in ein künstlerisches Werk übersetzen müsste, dann käme das Ergebnis bestimmt nahe an Kandinsky’s Composition VII; Bunt, aufregend und aussergewöhnlich. Das kommt im Dokumentarfilm «Peggy Guggenheim – Ein Leben für die Kunst» durch den fesselnden Inhalt und die Aufbereitung auch stark rüber.
Peggy Guggenheims Vater ging mit der Titanic unter, er starb wie ein Gentleman, heisst es. Ihre Schwester musste immer alles dreimal wiederholen. Ihre Tochter Pegeen beging Selbstmord und ihr Sohn Sindbad fand nie einen guten Draht zu seiner Mutter. Zwei gescheiterte Ehen und etliche Affären. In Peggys Leben gab es viele Enttäuschungen. Die Kunst aber gab ihr Kraft, das war ihre absolute Leidenschaft. In einem letzten Interview vor ihrem Tod beschreibt sie sich selbst als Süchtige, die nicht mehr aufhören konnte, Kunst zu sammeln. Zwischen Paris, London, New York und Venedig lebte sie ihr buntes Leben, inmitten von bekannten Künstlern wie Calder, Jackson Pollock, Samuel Beckett, Marcel Duchamp und Kandinsky (um nur ein paar zu nennen). Sie wusste im richtigen Moment auf die richtigen Leute zu hören und nach deren Ratschlägen zu handeln. Peggy sammelte nicht nur, sie förderte auch. Sie erkannte Talent weit vor anderen und steckte so viel Hoffnung in unterschiedliche Künstler, dass sie ihnen damit sogar manchmal zum Erfolg verhalf. Sie war die Hebamme der modernen Kunst, sozusagen.
Eine so gute Dokumentation über einen so faszinierenden Menschen wie Peggy Guggenheim ist selten. Die schillernden Beschreibungen von Kunsthistorikern, Kuratoren und Kunstschaffenden, Bilder aus jeder Lebensphase von Peggy und deren eigene Stimme aus dem besagten Interview, werden in einem ausgeglichenen Verhältnis zusammengesetzt wie ein Puzzle. Das finale Produkt ist schön anzusehen und bietet Einblicke in die moderne Künstlerwelt in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Aber noch mehr; es liefert einen unglaublich intimen Zugang zu Peggys Persönlichkeit. Dennoch bleibt sie ein Faszinosum, eine schwer zu fassende, unterschiedlich beschriebene Persönlichkeit. Die Rebellin, die Sammlerin, die Leidende, die Liebende.
USA 2015 / Regie: Lisa Immordino Vreeland / Länge: 96 min / Kinostart: 09.06.2016
Trailer- und Bildquelle: DCM Film Distribution
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