Mal wieder keinen Plan, was man sich für einen Film auf Netflix anschauen könnte? Wie wärs mit «Beach Rats» von Eliza Hittman. Der auf 16mm-gedrehte (♡) Coming-of-Age Film feierte am Sundance Film Festival 2017 Premiere und kommt wie ein überlanger Lana-del-Rey-Clip daher – langweilen tut er aber überhaupt nicht!
Ein nackter, männlicher Oberkörper – die Dreissig-Kilo Hantel – eine schwarze Baseball-Mütze – ein Gesicht, noch nicht ganz Mann aber auch nicht mehr Junge: Die Selfies, die Frankie (Harris Dickinson) schiesst sind cool, sie zeigen wie Frankie nach aussen hin ist, und vor allem wie man mit 18 oder 19 zu sein hat aber ganz und gar nicht was er eigentlich fühlt.
«I don’t really know, what I like»
Denn in Frankies Leben ist gerade eigentlich nichts wirklich sicher. Sein Vater liegt im Sterben, seine Mutter hätte gerne, dass er mal eine Freundin mit nach Hause bringt. Was Frankie will, weiss er selbst nicht, («I don’t really know, what I like» – und zwar in JEDER Hinsicht). Da ist einerseits die hübsche Simone (Madeline Weinstein) die ihn gerne zum Freund hätte, und die ein guter Fang wäre, da sind aber auch die nächtlichen, männlichen Chatbekanntschaften, die Frankie immer wieder locken.
Seine Gefühle kann er niemandem wirklich anvertrauen. Für seine Freunde ist «Schwulsein» eine Beleidigung und nicht ernst zu nehmen. Für sie ist es wichtiger, die Muskeln spielen zu lassen, das nächste Mädchen zu knallen (auch wenn das nie passiert) und an die nächsten Drogen zu kommen. Mit seiner Mutter kann er nicht sprechen, das traut er sich nicht und Simone ist bestimmt nicht die richtige Person dafür.
Was zählt ist die Oberfläche, das Image und da passt die verwirrende Gefühlswelt in der Frankie gerade steckt, absolut nicht hin.
Zart verträumte Bilder
Regisseurin Eliza Hittman fängt die Zerrissenheit und das Lebensgefühl, welches die Jugendlichen, allen voran Frankie, aber auch Simone mit ihrer Leo-Unterwäsche und falschen Fingernägeln oder Frankies Freunde mit ihren Tanktops und vorlauten Sprüchen in zarten, verträumten Bildern ein.
Mit einer ausgereiften Bild-Ästhetik, die immer sehr nah am Geschehen und vor allem an den Protagonisten ist, lässt Hittman den Zuschauer ganz nah an die Gefühlswelt ihrer Darsteller/Innen. Vor allem der gekonnte Wechsel zwischen 16mm und Web- /Handycam-Optik (Ausgezeichnete Kameraarbeit von Hélène Louvart) hilft dabei enorm.
«Wo andere Coming-of Age Filme vielfach versuchen, die kalte und harte Realität einer Generation auf die Leinwand zu bringen, versucht «Beach Rats» viel behutsamer und sanfter auf die jeweiligen Realitäten einzugehen.»
Wo andere Coming-of Age Filme vielfach versuchen, die kalte und harte Realität einer Generation auf die Leinwand zu bringen, versucht «Beach Rats» viel behutsamer und sanfter auf die jeweiligen Realitäten einzugehen. Dies ist eine willkommene Abwechslung und lässt auch gerne über die zum Teil doch eher seichte Story hinwegsehen. Am Sundance Festival heimste die Regisseurin für ihren zweiten Spielfilm den Regiepreis an – wohlverdient!
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Auf Netflix Schweiz / Regie: Eliza Hittman / Cast: Harris Dickinson, Madeline Weinstein, Kate Hodge
Trailer- und Filmquelle: https://www.beachratsfilm.com/
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