Das neues Politdrama «Brexit: The Uncivil War» versucht sich an einem Balanceakt zwischen Sozialkritik und Unterhaltungssatire. Das Resultat ist eine Analyse des Brexit-Entscheides, die trotz ihrer Unausgewogenheit einleuchtet.
Mit seinem neuen TV-Film «Brexit: The Uncivil War» nimmt sich Regisseur Toby Haynes («Doctor Who» und «Sherlock») dem aktuell heissdiskutieren Referendumsentscheid an und wirft einen Blick hinter die Kulissen der kontroversen Kampagne. Im Fokus steht dabei nicht etwa der weitaus berühmtere UKIP-Politiker Nigel Farage, sondern der unscheinbare Stratege hinter dem Austrittsprojekt, Dominic Cummings (Benedict Cumberbatch). Anfangs noch hadernd, marschiert der desillusionierte Zyniker mit Halbglatze schon bald in das Hauptquartier der pro-Brexit Kampagne und schreibt mit Grossbuchstaben «OUT» an die Wandtafel. Seine EU-kritischen Mitstreiter werden immer wieder von seinen Geistesblitzen überrumpelt, die gegen jede politische Konvention verstossen. Und doch werden sie mitgerissen, wenn Cumberbatchs Mastermind, in bester «Sherlock»-Manier, Schlagwörter verknüpft und seinen Slogan an die Tafel kritzelt: «Take Back Control».
IN or OUT
Auf ambitionierte Weise versucht «Brexit», den nationalen Unmut einzufangen, der zum EU-Austritt geführt hat. Die zentrale Fragestellung des Films ist jedoch nicht, ob sondern wie sich die politische Situation ändern soll. Denn ein Referendum ist kompromisslos und zwingt die Nation in zwei extreme Lager: «IN or OUT». Diese ambivalente Entscheidungsgrundlage wird von Cummings selbst verkörpert, der zugleich Systemkritiker und Speerspitze der Fehlinformation ist. Einerseits scannt er mit fragwürdigen Algorithmen die sozialen Netzwerke nach einer unangetasteten Wählerschaft, wird aber gleichzeitig von Selbstzweifel geplagt, wenn diese Methoden funktionieren.
Vordergründig ist «Brexit» eine Plattform für Cumberbatch, der durch Monologe in die Kamera mit den politischen Spielern von «House of Cards» gleichgesetzt wird. Und doch scheint es der Produktion schwer zu fallen, Cummings als einheitliche Figur darzustellen. Immer wieder verfällt «Brexit» der Versuchung, Cumberbatch als einfühlsamen Antihelden aufzubauen und zwingt den britischen Superstar zu einem unglaubwürdigen Doppelspiel zwischen Sympathieträger und ruchlosem Extremisten. Letztendlich kann «Brexit» dieses Defizit aber wettmachen, indem es den politischen Überblick behält und aufzeigt wie die binäre Vereinfachung politischer Entscheide eine Nation auseinanderreisst.
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Bild und Trailerquellen: Channel 4 / HBO
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