Heute Abend geht die 15. Ausgabe des Fantoche zu Ende. Das grösste Schweizer Animationsfestival sorgte mit seinem vielseitigen Filmprogramm einmal mehr für grossen Andrang. Was mit einer eher vergessenswürdigen Eröffnungszeremonie begann, mauserte sich im Lauf der Woche zu einer weiteren soliden Ausgabe eines Festivals, das immer mehr an internationalem Format gewinnt. Mit der immer breiteren Ausrichtung und dem stärkeren Fokus auf Schnittstellen zwischen Animation, Games und VR wird das Festival auch über die Landes- und Branchengrenzen hinaus zu einem wichtigen Player. Mit rekordmässigen 26’300 Eintritten kann das Festival die Zuschauerzahlen gegenüber den Vorjahren (2015: 25’500, 2016: 24’000) auf einem konstanten Niveau halten.
Noch eindrücklicher ist das, wenn man beachtet, dass das Festival in diesem Jahr komplett auf Vorpremieren massentauglicher US-Produktionen verzichtet hat. Das Fantoche hat das breite Publikum zwar nicht vergessen, aber es hat ihm etwas zugetraut – und das hat sich ausgezahlt. «Loving Vincent», ein komplett aus Ölgemälden bestehendes Biopic über Vincent van Gogh etwa war regelmässig ausverkauft. Der Film von Dorota Kobiela und Hugh Welchman, der am Festival auch ein Making Of präsentierte, wurde zum erwarteten Publikumsliebling. Zu Recht gilt dieser einzigartige Animationsfilm bereits als heisser Kandidat für die Award Season. Für mich ist der Film – zusammen mit «Le Grand Méchant Renard» von Patrick Imbert und Benjamin Renner – eines der Highlights des diesjährigen Festivals.
Das Herzstück einer jeden Ausgabe des Fantoche ist natürlich der Kurzfilmwettbewerb, und das war heuer natürlich nicht anders. Dieses Jahr wurden dem Publikum in den beiden Wettbewerbskategorien insgesamt 58 Filme präsentiert. Was mir seit einigen Jahren bereits auffällt, hat sich dieses Jahr noch einmal eindrücklich bestätigt: Während die Selektion des internationalen Wettbewerbs bestenfalls durchschnittlich ist, wird die Konkurrenz im Schweizer Wettbewerb Jahr für Jahr stärker.
Die Preisträger
Im Grossen und Ganzen gehen die Preisträger für mich in diesem Jahr in Ordnung: Im Internationalen Wettbewerb geht der grosse Preis völlig verdientermassen an die absurde schwedische Tieroperette «The Burden» von Niki Lindroth von Bahr, die bereits dieses Jahr am Animationsfestival in Annecy abgeräumt hatte. Fast noch mehr freue ich mich darüber, dass der Publikumspreisan die berührende Vater-Sohn-Geschichte «Negative Space» von Max Porter und Ru Kuwahata und damit meinen klaren Favoriten geht. Beide Filme haben in den letzten Monaten schon einige Preise angehäuft, sodass es nicht unwahrscheinlich ist, dass wir im Hinblick auf die Oscar-Season noch einmal von ihr hören.
Mit acht Abschlussfilmen unter 24 Kandidaten war die Hochschule Luzern bereits im Vorfeld der grosse Gewinner des Schweizer Wettbewerbs. Und auch nach der Preisverleihung sieht das nicht anders aus – insgesamt vier der sechs Preise gehen in die Innerschweiz. Nur beim Hauptpreis (etwas überlang aber technisch einwandfrei: «Airport» von Michaela Müller) und dem Publikumspreis (der wunderschöne «In a Nutshell» von Fabio Friedli) gehen die Nachwuchsfilmer leer aus.
Alle Gewinner im Überblick:
«INTERNATIONALER WETTBEWERB»
Best Film: «The Burden», Niki Lindroth von Bahr, SE 2017
High Risk: «Vilaine fille», Ayce Kartal, FR 2017
New Talent: «Ugly», Nikita Diakur, DE 2017
Best Sound: «Impossible Figures and Other Stories II», Marta Pajek, PL 2016
Special Mention: «Nachtstück», Anne Breymann, DE 2016
Publikumspreis: «Negative Space», Max Porter, Ru Kuwahata, FR 2017
«SCHWEIZER WETTBEWERB»
Best Swiss: «Airport», Michaela Müller, CH/HR 2017
High Swiss Risk: «Living Like Heta», Bianca Caderas, Isabella Luu, Kerstin Zemp, CH 2017
New Swiss Talent: «Immersion», Lalita Brunner, CH 2016
Fantastic Swiss: «OOZE», Kilian Vilim, CH 2017
Swiss Youth Award: «OOZE», Kilian Vilim, CH 2017
Special Mention: «La bataille de San Romano», Georges Schwizgebel, CH 2017
Publikumspreis: «In a Nutshell», Fabio Friedli, CH 2017
«KINDERFILM-WETTBEWERB»
Best Kids: «Ethnophobia», Joan Zhonga, AL/GR 2016
Kinderpublikumspreis: «Ethnophobia», Joan Zhonga, AL/GR 2016
Bildquellen: fantoche.ch
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