«House of the Dragon» von Ryan J. Condal, George R. R. Martin und Miguel Sapochnik: «King of the Narrow Sea» (Episode 4)
Endlich wird gefickt! «King of the Narrow Sea», die vierte Folge von «House of the Dragon», ist der bisher wuschigste Beitrag zur neuen «Game of Thrones»-Spinoff-Serie. Während sich der Machtkampf im House Targaryen immer stärker zuspitzt, lässt die träge Inszenierung einmal mehr Wünsche offen.
Ein Jahr nach seinem Sieg über den Piraten Crabfeeder kehrt Daemon Targaryen (Matt Smith) an den Hof seines Bruders, König Viserys (Paddy Considine), zurück – und stiftet mit seinem Besuch erwartungsgemäss Unruhe in King’s Landing. Viserys versucht derweil, seine Tochter Rhaenyra (Milly Alcock) zu vermählen, um seine Allianzen im Königreich zu stärken. Und das hat er auch dringend nötig: Denn die Tatsache, dass die Thronfolge noch immer nicht richtig geklärt ist, sorgt langsam nicht nur am Hof, sondern auch im Volk für Getuschel.
«Der feministische, selbstbestimmte Zugang zu Sexualität und weiblicher Lust ist bisher eines der Highlights der Serie.»
«House of the Dragon» hat nach vier Folgen nun ein Tempo gefunden, in dem von Folge zu Folge zwar genug Dinge passieren, dass man dranbleiben möchte – aber zu wenig, dass man wirklich unterhalten wird. Da ist auch die vierte Episode keine Ausnahme: «King of the Narrow Sea» ist eine ziemlich schleppende Angelegenheit, die in ihrer Trägheit nur kurz von einem sexuellen Intermezzo unterbrochen wird. Dieses hat es in sich, einerseits weil es weitaus spannender inszeniert ist als die Sexszenen in «Game of Thrones»: Anstatt des tierischen, männerdominierten Trieberfüllens, das die originale Serie so sehr prägte, wird hier lustvoll gefickt. Ob das auch damit zu tun haben könnte, dass hier mit Clare Kilner («The Wedding Date») erstmals seit der vierten Staffel von «Game of Thrones» wieder eine Regisseurin die Geschehnisse in Westeros inszeniert? So oder so: Dieser feministische, selbstbestimmte Zugang zu Sexualität und weiblicher Lust ist bisher eines der Highlights der Serie, die sehr bemüht scheint, die emanzipatorischen Elemente im Kern ihrer Erzählung allmählich herauszuarbeiten.
Die Sexszenen in «King of the Narrow Sea» tragen zudem auch dazu bei, dass in der Folge am Königshof von Westeros erst recht keine Ruhe einkehren mag – und das wäre dringend nötig, denn hinter dem Rücken von König Viserys wird weiterhin fleissig intrigiert. Während dieses Pläneschmieden der Machthungrigen in «Game of Thrones» auch für die Zuschauer*innen noch eine spannende, überraschende Angelegenheit war, bei der man nie genau wusste, wer welche Motive hatte, wird es hier aber so plump und vorhersehbar abgehandelt, dass man erleichtert wäre, es gäbe weniger davon. Rhys Ifans («Notting Hill», «Harry Potter»), der Otto Hightower, die rechte Hand des Königs spielt, und dem seit vier Folgen in dicken Lettern «Verräter» auf die Stirn geschrieben steht, wäre sicher auch froh darum, etwas mehr Nuancen in seiner Rollenbeschreibung zu finden. Dass seine Figur bisher so blass bleibt, ist eindeutig nicht seine Schuld.

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Mehr Spielfreude gibt es bei Milly Alcock («Upright») und Matt Smith («The Crown»), die als ungleiches, aber letztlich doch irgendwie gleiches Duo harmonieren: Sie, die designierte Thronfolgerin voller Hoffnungen und Ideale, er, der gefallene Königsbruder und frisch gebackene Kriegsheld, beide ungestüm und übermütig. Ihr gemeinsamer Ausflug in den Untergrund von King’s Landing ist einer der besseren Momente dieser Folge – wohl auch, weil er bestrebt ist, die menschlichen Facetten der beiden Figuren hervorzukehren. Es bleibt zu hoffen, dass wir von den beiden noch viele gemeinsame Szenen sehen werden.
«Die Frage ist, ob die Macher*innen endlich etwas Tempo in die Serie bringen – oder ob sie ein ewiges Aneinanderreihen von Auftakten bleiben wird.»
Das bisherige Fazit zu «House of the Dragon» bleibt also auch nach Folge vier gleich: «King of the Narrow Sea» bietet für sich alleine zu wenig, um überzeugen zu können – erst recht bei einer Laufzeit von mehr als einer Stunde. Aber die Ausgangslage, die sie für interessante Entwicklungen im fragilen Machtgefüge von Westeros bietet, ist vielversprechend. Die Frage ist, ob die Macher*innen diese Chance auch nutzen und endlich etwas Tempo in die Serie bringen – oder ob sie ein ewiges Aneinanderreihen von Auftakten bleiben wird.
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Seit 22. August auf Sky, neue Episoden jeweils montags
Serienfakten: «House of the Dragon» / Creators: Ryan J. Condal, George R. R. Martin, Miguel Sapochnik / Mit: Paddy Considine, Milly Alcock, Emma D’Arcy, Matt Smith, Emily Carey, Olivia Cooke, Steve Toussaint, Eve Best, Fabien Frankel, Sonoya Mizuno, Rhys Ifans / USA
Bild- und Trailerquelle: © 2022 Home Box Office, Inc. All rights reserved HBO® and related channels and service marks are the property of Home Box Office, Inc.
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