Nach ihrem erfolgreichen Regiedebüt «Past Lives» wagt sich Celine Song erneut an ein Liebesdreieck heran, wo sich die Protagonistin zwischen zwei Männern entscheiden muss. «Materialists» verspricht mehr romantische Komödie und weniger Drama als Songs Erstlingswerk. Aber ist es wirklich eine?
Lucy (Dakota Johnson) ist eine erfolgreiche Heiratsvermittlerin für eine anspruchsvolles Klientel in Manhattan. Die Zeiten der Dating-Apps scheinen vorüber, sobald man als Frau auf die 30 und als Mann auf die 40 zugeht. Da will man Nägel mit Köpfen machen und in ein zukünftiges Lebensprojekt investieren, bevor die Zeit davonläuft, und sich nicht in den Profillügen der potenziellen Kandidat*innen am Smartphone verlieren. Alter, Einkommen, Grösse, Fitness und Haarwuchs sind matchentscheidend. Sympathie und Intelligenz auch, aber eher am unteren Ende der Skala, wenn die Paarungskalkulation nicht mehr aufgeht.
Lucy selbst ist überzeugter Single. Als sie für ihre neunte vermittelte Hochzeit gefeiert wird und dort als Gast erscheint, trifft sie auf den smarten Milliardär Harry (Pedro Pascal), den sie am liebsten in ihre Kartei aufnehmen möchte, denn er ist die Perfektion selbst, ein sogenanntes «Unicorn»: ein einzigartiger Mann, der alle Attribute in sich vereint. Doch Harry hat nur Augen für Lucy. Und just grätscht da auch schon Lucys Ex-Freund John (Chris Evans) als Aushilfskellner an dieser Hochzeit dazwischen, und die Verwirrung um die alte und potenziell neue Liebe beginnt.
Harry punktet mit teuren Restaurants, einem Zwölf-Millionen-Dollar-Appartement,und nie enden wollenden Diskussionen, ob Liebe nun ein Geschäft ist oder nicht, während John sich mit 37 Jahren noch immer als Schauspieler versucht, kellnert und in einer vermüllten Studenten-WG lebt, wo schon längst keiner mehr studiert. Aber das war ja auch der Grund, warum Lucy ihn vor ein paar Jahren verlassen hat.

Dakota Johnson und Pedro Pascal in «Materialists» / © Sony Pictures Releasing Switzerland GmbH
«Jeder Topf findet einen Deckel», sagt man. Davon ist auch Lucy überzeugt und versucht umso mehr, die schwer vermittelbare Sophie (Zoë Winters) «an den Mann zu bringen», was, gemessen an Sophies Ansprüchen, in der Tat schwierig ist. Diese Schere zwischen Wunsch und Realität führt zu manch komischer Situation im Film, gerade wenn Lucy ihren Klient*innen im Café gegenübersitzt und eine teilweise absurde Wunschliste vorgesetzt bekommt, der sie wie einem Einkaufszettel folgen soll.
«Mit der Romanze tut sich dieser Film allerdings schwer.»
Mit der Romanze tut sich dieser Film allerdings schwer, denn bis auf eine Szene, wo Lucy und John miteinander tanzen, ist davon wenig zu spüren. Sind es die Liebesalgorithmen, die dem im Wege stehen? Oder ist es schlicht die Tatsache, dass mit Dakota Johnson («Fifty Shades of Grey»), Pedro Pascal («The Last of Us») und Chris Evans («Avengers: Endgame») drei wunderschöne und begabte Menschen so nebeneinander spielen, als würde jede*r diesen Film für sich allein beanspruchen? Es wird viel geredet, aber aneinander vorbei. Die Dialoge sollten intelligent wirken, bleiben aber oft oberflächlich; der Funken springt nie so richtig über – auch weil die Chemie zwischen den Darstellenden nicht stimmt und sich die männlichen Figuren niemals weiterentwickeln. Da nützen weder die schicken Outfits noch die in warmes Licht getauchten Protagonist*innen noch die coolen Locations noch Daniel Pembertons Musik, um wirkliche Nähe entstehen zu lassen.
Armes Mädchen trifft Milliardär und trifft dann eine Entscheidung aus Liebe. Dieses Genre ist über die Jahrzehnte schon tausendfach in unterschiedlichsten Facetten verfilmt worden. Eine der gelungensten Versionen ist immer noch der Klassiker von 1953, Jean Negulescus «How to Marry a Millionaire» mit Marilyn Monroe und Lauren Bacall, die Mutter aller Verkuppelungsfilme, die nichts an Aktualität eingebüsst hat: schonungslos, ehrlich, witzig und zeitgemäss romantisch mit gelungenem Happy End. Das traditionell vorprogrammierte Happy End in «Materialists» ist hingegen wenig glaubwürdig, da es fantasie- und gedankenlos an all die Vorgängerfilme anknüpft.

Dakota Johnson und Chris Evans in «Materialists» / © Sony Pictures Releasing Switzerland GmbH
Einzig Lucy, die erst spät erkennt, dass berechnete Liebe Gefahren birgt, erweist sich letztlich als einigermassen nachvollziehbares Konstrukt. Und sie ist es denn auch, die am Ende Rückgrat zeigt in dieser Matchmakerwelt – und die Konsequenzen zieht. Hier beweist sich Dakota Johnson auch als Schauspielerin.
«‹Materialists› als Rom-Com zu tarnen, ist mutig, denn diesem Film fehlt an Tiefe, Romantik und Witz.»
Celine Song versucht in ihrem Zweitling eine Brücke der Liebe in die Zukunft zu schlagen, während ihr gefeiertes Debüt «Past Lives» (2023) einen Blick auf die (vielleicht) vergangene Liebe warf. «Past Lives» war aber ein äusserst authentisches Werk. «Materialists» als Rom-Com zu tarnen, ist mutig, denn diesem Film fehlt an Tiefe, Romantik und Witz.
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Kinostart Deutschschweiz: 21.8.2025
Filmfakten: «Materialists» / Regie: Celine Song / Mit: Dakota Johnson, Pedro Pascal, Chris Evans / USA / 116 Minuten
Bild- und Trailerquelle: © Sony Pictures Releasing Switzerland GmbH
«Materialists» beleuchtet die gängigen Klischees rund um die Algorithmen der Liebe – in Zeiten, in denen doch jede*r über die Tücken der Partnerschaft Bescheid weiss.











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