Mehr als ein halbes Jahrzehnt ist vergangen, seit Disney mit «Wreck-It-Ralph» einen ziemlichen Überraschungserfolg landete. Nun legt das Studio mit einem zweiten Teil nach. «Ralph Breaks the Internet» schickt den liebenswerten Hünen Ralph in die Weiten des Internets – mit Folgen. Die Fortsetzung kann qualitativ nicht an den überragenden ersten Teil anknüpfen, punktet aber mit lustigen Gags und geschickten Popkulturverweisen.
Aus der Arcade ins Internet
Man glaubt es kaum, aber «Ralph Breaks the Internet» ist erst die vierte Fortsetzung im über 80 Jahre umspannenden Disney-Katalog. Ja, selbst das verhältnismässig junge Pixar hat bereits mehr Sequels zu eigenen Filmen produziert als der Mickey-Mouse-Konzern. Zwar gab es um die Jahrtausendwende unzählige günstig produzierte Disney-Fortsetzungen, doch diese «Drecksarbeit» liess das Studio stets vom kleinen Bruder Disneytoon verrichten. Nun liess sich Disney aber trotzdem dazu verleiten, eine Fortsetzung zu drehen. Warum es ausgerechnet «Wreck-It-Ralph» trifft, ist nicht ganz verständlich, denn trotz grossartigen Kritiken und einer treuen Anhängerschaft war der erste Teil an den Kinokassen alles andere als erfolgreich: Nur gerade ein Disney-Film spielte in den letzten zehn Jahren weniger Geld ein.
Rich Moore, der bereits beim ersten Teil Regie führte, und Phil Johnston schicken den Titelhelden (gesprochen von John C. Reilly) und seine Freundin Vanellope (Sarah Silverman) diesmal also aus der angestaubten Arcade ins Internet. Die kleine Rennfahrerin hat von der öden und zuckersüssen «Sugar Race»-Strecke nämlich die Schnauze voll und sehnt sich nach neuen Abenteuern. Und von denen bergen die Weiten des Internets bekanntlich so manche. Trotz neuem Setting setzt «Ralph Breaks the Internet» auf Altbewährtes: Wie der erste Film, bei dem die zahlreichen Gastauftritte bekannter Videospielfiguren den Reiz ausmachten (Bowser, Q*bert oder Sonic, um nur wenige der fast 200 Cameos aus der Gaming-Welt zu nennen), strotzt auch der zweite Teil nur so von geschickt platzierten Referenzen – diesmal zum Internet.
Oh My Disney
Während sich die meisten dieser Gastauftritte auf schlichtes Name-Dropping beschränken, wie etwa ein Google-Schriftzug an der Hausfassade, beschenkt sich Disney selber mit deutlich mehr Aufmerksamkeit. Denn Vanellope verschlägt es im Internet ausgerechnet auf die Website Oh My Disney, eine Art Buzzfeed im Disney-Gewand, das aber bei weitem nicht den Bekanntheitsgrad haben dürfte, den die Macher uns hier weismachen wollen. Dieser etwas gar an den Haaren herbeigezogene Storystrang dient letztlich auch nur dazu, die diversen Lizenzen, die dem Mauskonzern gehören, in den Film zu integrieren, was sich aber überraschenderweise als gute Idee entpuppt.
Denn angesichts der Fülle an Figuren und des potenziellen Fanservice, der damit betrieben werden könnte, überrascht es ein bisschen, wie sehr sich die Regisseure (oder eher der Konzern, der dahinter steht) beherrschen können. Einzig eine Schar überdrehter Disney-Prinzessinnen rückt in «Ralph Breaks the Internet» in den Fokus, und dies auf so selbstironische und charmante Art und Weise, dass man Disney diese Selbstbeweihräucherung gerne verzeiht. Und weil Vanellope ja irgendwie auch eine Prinzessin ist, darf in diesem Film natürlich auch die disneytypische Prinzessinnen-Gesangseinlage nicht fehlen.
Während die Anspielungen und vor allem die Gags im Film zünden (Stichwort: Abspannszenen), bleibt uns die Story einiges schuldig. Die Geschichte über Ralph, der seine Freundin aus Angst, nicht zu genügen, einengt, hat zwar ihre rührenden und lehrreichen Momente, doch der Eindruck bleibt, dass sich die Figuren seit dem ersten Teil kaum weiterentwickelt haben. Die Probleme und Konflikte von «Ralph Breaks the Internet» sind im Grunde dieselben wie schon im ersten Film. Und entsprechend ist es auch kein Zufall, dass sich diese Fortsetzung mit ihren 112 Minuten Laufzeit entschieden zu lang anfühlt.
Kinostart: 24. Januar 2019 / Regie: Rich Moore, Phil Johnston / Stimmen: John C. Reilly, Sarah Silverman, Gal Gadot, Taraji P. Henson, Alan Tudyk.
Trailer- und Bildquelle: Disney Schweiz
«Ralph Breaks the Internet» fehlt zwar die Frische des ersten Teils, doch mit seinen aberwitzigen Einfällen und zahlreichen Referenzen weiss diese Fortsetzung bestens zu unterhalten.
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