Grosswildjagd in Afrika: Ulrich Seidls «Safari» ist ein Urlaubsfilm über das Töten und ein Film über die menschliche Natur.
Natürlich geht es nicht um „Safari“ im herkömmlichen Sinne, es geht ums Töten wunderschöner, seltener Tiere – die es zwar teilweise in Afrika noch in grossen Herden gibt – aber wohl nicht mehr wirklich lange. Die in typisch Seidl`schem Stil gehaltene Doku handelt von der Wilderei; vom Jagd -Tourismus.
Erklingendes Jagdhorn. Frontaleinstellung: Jäger im Feld. Es ist nebelig, frisch. Tau liegt schwer auf gebogenen Halmen. Sieht bis jetzt noch ganz europäisch aus. Glaube ich. Dann aber wechselt die Szenerie und der Film kommt unverblümt zur Sache. Nun befinden wir uns in der Afrikanischen Savanne. Jetzt kann der leicht verunsicherte (Tierliebe) Kinogänger dem Möchtegern-Grosswildjäger-Meister & Azubi beim anpirschen über die Schulter gucken, wie sie sich aufgeilen, zielen… -und dann geht das fröhliche Geballer auch schon los. Wir sehen stinkreiche Neandertaler in kleinen Familienverbänden, eklige Typen die mit widerlichem Machogehabe und ihren erregt kreischenden Weibern auf sterbende Giraffen zu stolzieren, um dem Tier mit an den Boden hängendem Kopfe beim Verenden zuzusehen und um gleich brav ein paar Poser-Fotos – besser zu viele als zu wenig – mit dem Prachtexemplar zu knipsen – wenn es dann endlich sterben würde. Die Wiener High-Snobiety scheint sich die Klinke – eh, den Abzug in die Hand zu geben und so können wir hässliche Menschen dabei beobachten wie sie wundervolle Geschöpfe über den Haufen mähen und auch vor den strengst geschützten «BIGFIVE» (Afrikanischer Elefant, Büffel, Löwe, Leopard & Nashorn) keinen Halt machen – obwohl die Bestände durch die Wilderei seit Jahren immer mehr zurückgehen und kaum noch vorhanden sind.
«Würdest du einen Elefanten erlegen?»
Diese Lebewesen werden «erlegt» und nicht etwa getötet. Sie bluten auch nicht – nein, sie «schwitzen» wie es im Jäger-Jargon so schön heisst, hinter dem sich diese ärmlichen Subjekte nur allzu gern versteckt halten. Es sind keine Tiere, es sind «Stücke» – die man ja nur Erlöst, der Natur ein bisschen zuvorkommt. Genau. Ja, so leicht kann man sich`s machen, indem munter argumentiert wird, dass der freundliche Weisse Grosswildjäger den armen Afrikanern ja nur hilft – denn natürlich bringt ein Jagd-Tourist viel mehr Kohle als ein normaler Tourist. Traurig aber wahr.
Drecksarbeit
Die Klassen im Film sind klar aufgeteilt: Die «Drecksarbeit» das ausweiden und zerteilen der Tiere übernehmen die Einheimischen – bettelarme Komplizen. Ein abscheulicher Anblick: Meine Augen wenden sich angewidert von der Kino-Leinwand ab, landen auf dem leeren Sitz neben mir. Am Schluss bleibt nur ein schöner Kopf als Jagdtrophäe, sonst wäre das arme Tier ja für nichts erschossen worden. Und immer wieder Tierköpfe und Häuser des Schreckens. Dann von vorn: In einem perfiden Katz & Maus Spiel werden scheue Vierbeiner von Deutschen & Österreichern durch karges Hinterland gehetzt – mit modernster Ausrüstung versteht sich. Anpirschen, ins-Visier-nehmen und ordentlich aufgeilen nicht vergessen. Dann endlich schiessen. Das Stück in einer erbärmlichen Art von Adrenalin-Rausch aufspüren – die Freudentränen fliessen stromweise. Widerlich. Es werden ein paar rührselige «Weidmannsheil» zugeprostet – dann drapieren und posieren für den Schnappschuss – oder erst noch ganz sterben lassen, weil man das arme Geschöpf einfach wider nicht richtig getroffen hat. Und immer wieder diese fetten weissen Menschen, die eingeölt in Liegestühlen brutzeln – als Zwischenschnitte, in Seidls ästhetischem Kosmos fast nicht mehr wegzudenken.
«Einen Löwen nicht, die sind so majestätisch»
Eineinhalb Stunden schaurige Widerlichkeiten – dokumentiertes Verbrechen an der Natur. Dies ist eine staubtrockene, fast schon lakonische Dokumentation über das verabscheuungswürdige Töten seltener Tiere. Ob man das sehen will? Eher nicht. Ob man es sehen sollte – bestimmt – um ein Bewusstsein zu schaffen für dass, was wir der Natur, ob direkt oder indirekt, mit unserem auf Ausbeutung und sinnlos wucherndem Wachstum fussendem Lebensstil antun.
Seidels Ansatz im Dokumentarfilm: Lange, ungeschönte Einstellungen – keine Musik. Unaufgeregt fängt die Kamera das pietätlose Tun dieser niederen Geschöpfe, welche sich selbstverliebt Homo Sapiens nennen, ein und gibt sie barer Verständnislosigkeit preis.
Kinostart: 8. Dezember 2016 / Regie: Ulrich Seidl / Mit: Gerald Eichinger, Eva Hofmann, Manuel Eichinger, Tina Hofmann, Manfred und Inge Ellinger, Marita und Volker Neemann, Markolf Schmidt, Eric Müller u.a.
Trailer- und Bildquelle: https://outside-thebox.ch/
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