Am 4. März wird über die No-Billag-Initivative abgestimmt. Welche Auswirkungen deren Annahme für die Fernseh- und Radiosender der Schweiz haben könnte, zeigt der Blick auf die Lage der Tagespresse. Dieter Fahrers Dokumentarfilm sieht den JournalistInnen beim Lichterlöschen zu. Hoffnung bleibt nur für neue, digitale Formate.
Maximum Cinema sagt klar: NEIN zu No-Billag!
Ein Leben lang «Bund»-Leser: Dieter Fahrers Eltern hatten die Zeitung abonniert, jeden Tag lag sie auf dem Tisch, sogar in die Ferien wurde sie nachgeschickt. Nun sind sie ins Altersheim gezogen, ihr Radius hat sich verkleinert, den «Bund» aber lesen sie weiterhin. Aber wie lange noch? Wird es ihn in ein paar Jahren noch geben? Und wie steht es um den Wirkungskreis der Tagespresse in der Schweiz?
In seinem Dokumentarfilm «Die vierte Gewalt» wirft Dieter Fahrer («Thorberg») einen Blick auf die Lage der von der Digitalisierung gebeutelten Presse. Deren Haupteinnahmequelle – Inserate für Wohnungen und Stellen – ist ins Netz abgewandert. Ebenso viele LeserInnen, Nachrichten verbreiten sich im Internet schliesslich schneller und – auf den ersten Blick zumindest – sogar kostenlos. In den Redaktionen der klassischen Tageszeitungen, für die «Der Bund» exemplarisch steht, scheint die Resignation Überhand zu nehmen. Was kann gegen die Sparmassnahmen von Medienkonzernen unternommen werden, gegen die Zentralisierung und Verkleinerung von Redaktionen?
Dieter Fahrer besucht neben dem «Bund» auch das «Echo der Zeit»-Team und die «watson»-Redaktion. Die SRF-Journalisten verbindet viel mit den Redaktoren der gedruckten Presse: die Bemühung um unabhängige Distanz, das Internet als Herausforderung, aber auch ergänzende Plattform für Inhalte. Die No-Billag-Wolke am Horizont versucht man auszublenden.
In der «watson»-Redaktion dagegen ist man frohen Mutes. Die Zahlen sehen gut aus, man meint zu wissen, was die LeserInnen wollen: Schnell muss es gehen, kurz muss es sein – und unterhaltend. Dieter Fahrer sitzt dabei in den verschiedenen Redaktionssitzungen, man kann den Journalisten beim Arbeiten, beim Denken zusehen. Bereits die Dynamik der Meetings zeugt vom jeweils herrschenden Selbstverständnis. Fahrer befragt die JournalistInnen aber auch zu ihrem Berufscredo. Die immerwährenden Kompromisse faszinieren: drängendes Alltagsgeschäft auf der einen, Reflexion auf der anderen Seite, der Anspruch, Fakten neutral darzustellen, versus das Bedürfnis, gute Geschichten zu erzählen, die Not, viele Leser zum Klicken zu animieren, und die Hoffnung, durchs Schreiben etwas verändern zu können.
Und dann – der Film ist schon fortgeschritten – taucht neue Hoffnung am Horizont auf. Plötzlich – so scheint es – ist da eine Gruppe von Journalisten und Medienmacher, die ausbrechen möchte aus dem unter Druck stehenden System. Ein digitales Magazin soll her, bei dem Abonnenten Verleger sind, wo schnelle News der fundierten Recherche weichen müssen. «Die Republik» wird aus der Taufe gehoben. Dieter Fahrer, dessen Film manchmal wie ein Abschiednehmen – von den Eltern, der Zeitung, der Welt wie sie war – wirkt, erhält eine optimistische Note.
Wird das neue Modell Erfolg haben? Das werden die LeserInnen entscheiden. Diese kommen in «Die vierte Gewalt» leider etwas zu kurz. Ebenso wie die Wochenzeitungen – viele von ihnen verzeichnen seit einer Weile wieder steigende Leserzahlen. Aber dass die Krise der Medien konsequent von innen gezeigt wird, lässt den Zuschauer deren Ausmass umso klarer erkennen – und könnte als Warnung dienen.
Zuletzt sei ein Hinweis erlaubt: Von einem Ja zur No-Billag-Initivative wären auch Filmschaffende stark betroffen. Zahlreiche Schweizer Filmproduktionen sind Kooperationen mit öffentlich-rechtlichen Sendern und können nicht allein von privaten Produktionsfirmen finanziert und realisert werden. Betroffen wären sowohl Fernseh- als auch Kinoproduktionen, Dokumentar- ebenso wie Spielfilme. Maximum Cinema sagt klar: NEIN zo No-Billag.
Trailer und Bilder: www.dieviertegewalt.ch
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