Ästhetisch auf hohem Niveau entfaltet sich das Familiendrama um Julieta herum. Die grossen Emotionen bleiben aber aus.
Roter Satinstoff, darunter tiefe Atemzüge. Der Stoff bewegt sich leicht. Langsame Bewegungen. Hände, die eine kleine Kunstskulptur sorgfältig verpacken. Ein Karton voller Erinnerungen, darin ein blauer Briefumschlag. Was da wohl drin ist?
«Julieta» fängt vielversprechend an. Schon zu Anfang wird klar: Dies wird ein Augenschmaus. Intensive Farben, eine ruhige, exzellente Kameraführung und hübsche Schauspielergesichter. Julieta (Emma Suarez) erinnert sich zurück an ihre Jugend und beginnt in einem Heft ihre Vergangenheit aufzuarbeiten, in Form von einem Brief an ihre verschollene Tochter Antia. Darin möchte sie ihr nun alles offenbaren und erklären. In verschiedenen Rückblenden kriegen wir zu sehen, wie die junge Julieta (Adriana Ugarte) Antias zukünftigen Vater Xoan kennenlernt und mit ihm anfängt, ein Leben aufzubauen. Nach dem tragischen Tod Xoans einige Jahre später fällt Julieta in eine tiefe Depression und muss von der jungen Antia und ihrer besten Freundin Bea beaufsichtigt werden. Als Antia volljährig wird, verschwindet sie ohne Erklärung und meldet sich nie wieder. Warum, das hat Julieta bis heute nicht erfahren.
Trotz reizenden Bildern und einer vielversprechenden Konstruktion eines Familiendramas, misslingt der Versuch, wahre Emotionen zu vermitteln. Zwar trieft die Geschichte nur so von Trauer, Schmerz und Enttäuschung, diese Gefühle aber überzeugen höchstens im letzten Drittel. Und auch da tut die Wahl der melodramatischen Klänge der filmischen Wirkung keinen Gefallen. Der Inhalt des blauen Briefumschlags – ein in Stücke verrissenes Bild von Mutter und Tochter – steht fast schon metaphorisch für die zerstückelte und etwas verwirrend präsentierte Geschichte Julietas.
Wunderbare Farben und eine ausgezeichnete Kameraarbeit machen den Film aber doch sehenswert. Wer sich jedoch die grossen Emotionen erhofft, sollte mit gesenkten Erwartungen ins Kino spazieren.
ES 2016 / Regie: Pedro Almodóvar / Darsteller: Emma Suárez, Adriana Ugarte und Daniel Grao / Jetzt im Kino!
Bild- und Trailerquelle: http://www.pathefilms.ch/
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