DreamWorks will es noch einmal wissen: Das einst legendäre Animationsstudio hinter Klassikern wie «Shrek» und «Kung Fu Panda» hat seit der Übernahme durch Comcast mächtig an Bedeutung verloren. Doch mit der rasanten Buchadaptation «The Bad Guys» über eine charmante Gaunerbande liefert DreamWorks endlich wieder gute Unterhaltung, die Lust auf mehr macht.
In «The Bad Guys» begegnen wir Mr. Wolf (Stimme: Sam Rockwell), der zusammen mit Mr. Snake (Marc Maron), Mr. Shark (Craig Robinson), Ms. Tarantula (Awkwafina) und Mr. Piranha (Anthony Ramos) eine Bande von tierischen Kleinkriminellen bildet, die mit ihren Raubzügen eine Stadt in Angst und Schrecken versetzen. Als Mr. Wolf unverhofft eine gute Tat vollbringt, spürt er ein Kribbeln und muss plötzlich feststellen, dass sich das Leben auf der guten Seite vielleicht doch nicht so schlecht anfühlt.
Natürlich drängt sich da der Vergleich mit «Despicable Me» (2010) auf, der uns ebenfalls einen im Grunde herzensguten Schurken präsentierte. Nicht nur inhaltlich ähneln sich die beiden Filme mit ihren Protagonisten – hier der schmierige Mr. Wolf, dort der nosferatueske Gru –, denen man die Durchtriebenheit, mit der sie sich so gerne schmücken würden, keine Sekunde abnimmt: Auch produktionstechnisch liegt der Vergleich nahe, weil die Animationsabteilung von DreamWorks seit der Übernahme durch Comcast 2016 einem gewissen Chris Meledandri und seinem Studio Illumination unterstellt ist – ausgerechnet jenem Mann also, der für den Erfolg von «Despicable Me» und den Minions verantwortlich ist.

Mr. Snake (Marc Maron) und Mr. Wolf (Stimme: Sam Rockwell) / © Universal Pictures International Switzerland. All Rights Reserved.
«Das Regiedebüt von Pierre Perifel ist ein eigenständiger Film mit charmanten und schillernden Figuren, die man sofort ins Herz schliesst – allen voran die mürrische Schlange Mr. Snake.»
Doch «The Bad Guys», die Verfilmung einer gleichnamigen australischen Kinderbuchreihe, ist bei allen spürbaren Meledandri-Einflüssen mehr als nur ein neuer Aufguss des Kultfilms um Gru und seine Minions. Das Regiedebüt von Pierre Perifel ist ein eigenständiger Film mit charmanten und schillernden Figuren, die man sofort ins Herz schliesst – allen voran die mürrische Schlange Mr. Snake, die sich problemlos in die Ahnengalerie der lässigsten Animationsfilmschlangen zu Kaa aus «The Jungle Book» (1966) und Sir Hiss aus «Robin Hood» (1973) gesellen kann. Aber auch Richard Ayoade («The IT Crowd») als philanthropisches Meerschweinchen Professor Marmalade oder Alex Borstein («Family Guy») als übermotivierte Polizeibeamtin Chief Luggins sorgen für gute Laune in diesem Potpourri der schrägen Figuren.
Der Film kann zudem optisch punkten: Wie schon Sony mit «Spider-Man: Into the Spider-Verse» (2018) oder «The Mitchells vs. the Machines» (2021) wendet sich auch DreamWorks hier vom konventionellen, aalglatten 3D ab, das die Animationsfilme der späten Nullerjahre prägte. Stattdessen setzt «The Bad Guys» auf einen eigenwilligen, fast schon skizzenhaften Look, der sich vor allem in den rasanten und dynamischen Actionsequenzen von vielem abhebt, was uns die grossen Studio-Animationsfilme der letzten Jahre boten.

© Universal Pictures International Switzerland. All Rights Reserved.
Dennoch muss man festhalten: So unterhaltsam Perifels Film auch ist, so konventionell – um nicht zu sagen, ausgelutscht – ist die Geschichte, die er uns erzählen möchte. Wirklich neu ist diese Story über einen Schurken, der seine gute Seite entdeckt, wirklich nicht. Nicht nur der bereits erwähnte «Despicable Me» hatte diese Prämisse; auch Disney setzte mit Filmen wie «Wreck-it-Ralph» (2012) oder «Zootopia» (2016) auf diese Karte und bot dabei auch wesentlich mehr Tiefgang. Und während etwa das Zootopia in «Zootopia» ausgeklügelt und durchdacht wirkt, bleibt in «The Bad Guys», wo Menschen und Tiere nebeneinander, aber auch in Furcht voreinander leben, vieles unklar und schwammig.
«‹The Bad Guys› setzt auf einen eigenwilligen, fast schon skizzenhaften Look, der sich vor allem in den rasanten und dynamischen Actionsequenzen von vielem abhebt, was uns die grossen Studio-Animationsfilme der letzten Jahre boten.»
Doch zum Glück erzählt Perifel mit soviel Charme und Freude, und mit einem solchen Tempo, dass man sich daran nicht lange stört – und auch wenn Filme wie «Ocean’s Eleven» (2001), «Now You See Me» (2013) oder «Reckless Journey» (2017) in den vergangenen Jahren weitaus packenderes und überraschenderes Heist-Kino lieferten, so legt «The Bad Guys» zumindest bestens animierte Unterhaltung vor. Hoffen wir, dass DreamWorks darauf aufbauen kann.
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Kinostart Deutschschweiz: 17.3.2022
Filmfakten: «The Bad Guys» / Regie: Pierre Perifel / Mit: Sam Rockwell, Marc Maron, Anthony Ramos, Craig Robinson, Awkwafina, Lilly Singh, Richard Ayoade, Zazie Beetz, Alex Borstein / USA / 100 Minuten
Bild- und Trailerquelle: Universal Pictures Switzerland
Der wunderbar animierte «The Bad Guys» mag sich erzählerisch zwar auf altbekannten Pfaden bewegen, doch er tut dies mit so viel Charme, dass man dem Film nicht böse sein kann.
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