Fast 30 Jahre sind vergangen, seit Dr. Sattler, Dr. Grant und Dr. Malcolm zum ersten Mal fasziniert auf die wiederbelebten Dinosaurier im zum Scheitern verurteilten Jurassic Park blickten. Nach sechs Filmen findet die Blockbuster-Franchise mit «Jurassic World Dominion» ihren Abschluss. Colin Trevorrows grosses Finale bietet viel Nostalgie, Spannung und Spektakel, vergisst dabei aber ein bisschen die eigentlichen Helden der Reihe: die Dinosaurier.
«Jurassic World: Dominion» knüpft an die Ereignisse aus dem Vorgängerfilm an. Wir erinnern uns: J. A. Bayonas mässig gelungener Gothic-Horror-Ausflug «Jurassic World: Fallen Kingdom» (2018) endete damit, dass die Dinosaurier in die Freiheit – und damit in unsere Welt – entlassen wurden. Nun muss die Menschheit nicht nur mit dieser neuen Koexistenz klarkommen; wegen missglückter Gen-Experimente droht auch ein Kollaps der Lebensmittelindustrie.
«Trevorrow war es, der die Dino-Franchise 2015 mit ‹Jurassic World› wiederbelebte, einem Film, der das Erfolgsrezept des ersten ‹Jurassic Park›-Films gekonnt replizierte und ihm gleichzeitig einen neuen, moderneren Anstrich verlieh.»
Inmitten dieses Chaos landen nicht nur Owen Grady (Chris Pratt) und Claire Dearing (Bryce Dallas Howard), die Protagonist*innen aus den beiden «Jurassic World»-Filmen mit ihrer Adoptivtochter Maisie (Isabella Sermon), sondern auch die «alte Garde» um Ellie Sattler (Laura Dern), Alan Grant (Sam Neill) und Ian Malcolm (Jeff Goldblum). Die Aufgabe ist klar: «Jurassic World Dominion» soll als Abschluss dieser Filmreihe ein grosses Nostalgie-Feuerwerk zünden.
Dass dafür Colin Trevorrow verpflichtet wurde, ist kein Zufall. Trevorrow war es, der die Dino-Franchise 2015 mit «Jurassic World» wiederbelebte, einem Film, der das Erfolgsrezept des ersten «Jurassic Park»-Films gekonnt replizierte und ihm gleichzeitig einen neuen, moderneren Anstrich verlieh. Die Rechnung ging auf: «Jurassic World» war der zweiterfolgreichste Film des Jahres 2015, übertrumpft lediglich von «Star Wars: The Force Awakens», der mit ähnlicher Formeltreue die «Star Wars»-Franchise aus ihrem Tiefschlaf wiedererweckte (und dessen Abschlussfilm «Star Wars: The Rise of Skywalker» ursprünglich auch Trevorrow hätte umsetzen sollen.)
«Es macht Spass, dem Trio Dern, Neill und Goldblum dabei zuzuschauen, wie sie mit Leichtigkeit wieder in ihre alten Rollen schlüpfen – wenngleich das dazu führt, dass umso stärker auffällt, wie blass Chris Pratt und Bryce Dallas Howard in ihren noch immer sehr stereotypen Rollen doch sind.»
Und die Nostalgie-Nummer geht auf: Es macht Spass, dem Trio Dern, Neill und Goldblum dabei zuzuschauen, wie sie mit Leichtigkeit wieder in ihre alten Rollen schlüpfen – wenngleich das dazu führt, dass umso stärker auffällt, wie blass Chris Pratt und Bryce Dallas Howard in ihren noch immer sehr stereotypen Rollen doch sind. In Anbetracht der Vielzahl an Figuren, die uns «Jurassic World Dominion» bietet, ist es aber durchaus verzeihlich, wenn nicht alle davon überzeugen können. Denn auch die Nebenfiguren gefallen: DeWanda Wise («She’s Gotta Have It») als toughe Schmuggelpilotin Kayla Watts ist ein Highlight, ebenso Campbell Scott («House of Cards»), der den undurchschaubaren Lewis Dodgson gibt.
Dodgson? Da klingelt doch was? Genau: Scotts Figur hatte bereits 1993 im ersten Film einen kurzen Auftritt – seine Rolle war für die weiteren Ereignisse im Park sogar höchst zentral. Nun kehrt Dodgson zurück, um einmal mehr für Ungemach zu sorgen. (Verkörpert wird er indes nicht vom ursprünglichen Darsteller Cameron Thor, da dieser wegen sexuellen Missbrauchs einer Minderjährigen im Gefängnis sitzt.)
An der Figur Dodgson arbeitet «Jurassic World» viele realpolitische Themen ab – von den übermächtigen und gierigen Pharmaunternehmen und drohenden Hungernöten bis hin zu toxischen Strukturen in von Guru-CEOs geführten Firmen. Trevorrow und seine Mitautor*innen Emily Carmichael und Derek Connolly greifen relevante und interessante Fragen auf, die sie gekonnt in einen spannenden, rastlosen Mega-Blockbuster packen. Nur hat das alles mit Dinosauriern leider herzlich wenig zu tun. Und darin liegt die grösste Schwäche des Drehbuchs.
Natürlich kommen in «Jurassic World Dominion» auch Riesenechsen vor – doch der Film reduziert die ganz grossen Dino-Momente auf eine Handvoll Szenen, zugunsten eines Wissenschafts-Thrillers um entführte Klon-Mädchen und bedrohliche Riesenheuschrecken. Nicht, dass das nicht interessant wäre – Trevorrow macht seine Sache gut –, aber für das grosse Dinosaurier-Spektakel, das dieses Finale sein möchte, reichen eine Raptoren-Verfolgungsjagd durch Malta und ein gruseliges Rencontre mit der «Sensenechse» dann doch nicht.
«So macht ‹Jurassic World Dominion› – trotz ausbleibendem Dinosaurier-Spektakel – gute Laune mit seinen gut aufgelegten Rückkehrer*innen und dem packenden Actionfeuerwerk.»
Immerhin sieht das alles ordentlich aus. Dadurch, dass sich die Dinosaurier nun frei in der Wildnis bewegen, kann der Film auch neue Orte abseits des immergleichen Insel- und Dschungel-Settings der Vorgängerfilme zeigen. Ob beschauliches Mittelmeerstädtchen, die schneebedeckten Dolomiten oder die wilden Weiten der Pazifikküste: Kameramann John Schwartzman fängt die Welt von «Jurassic World Dominion» in faszinierenden Bildern ein. Und auch die Action stimmt – gerade die maltesische Raptoren-Hatz ist packend inszeniert.
So macht «Jurassic World Dominion» – trotz ausbleibendem Dinosaurier-Spektakel – gute Laune mit seinen gut aufgelegten Rückkehrer*innen und dem packenden Actionfeuerwerk. Und vielleicht macht der Film auch deshalb so viel Spass, weil er sich als Abschluss dieser Franchise ankündigt. Denn – und daran ändert auch die geballte Ladung Nostalgie nichts – diese Franchise ist allmählich wirklich durcherzählt. Doch für einen versöhnlichen Abschluss reicht es allemal, und einen solchen liefert Colin Trevorrow mit «Jurassic World Dominion» definitiv.
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Kinostart Deutschschweiz: 9.6.2022
Filmfakten: «Jurassic World Dominion» / Regie: Colin Trevorrow / Mit: Chris Pratt, Bryce Dallas Howard, Laura Dern, Sam Neill, Jeff Goldblum, DeWanda Wise, Campbell Scott, Isabella Sermin / USA / 146 Minuten
Bild- und Trailerquelle:© 2022 Universal Studios and Amblin Entertainment. All Rights Reserved
Colin Trevorrows Franchise-Finale unterhält dank viel Nostalgie und einem soliden Cast – einzig die Dinos kommen in «Jurassic World Dominion» etwas zu kurz.
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