Ein gutes Jahrzehnt nach «An Inconvenient Truth», Al Gores erstem Film zum Klimawandel, kommt nun der zweite ins Kino. An Brisanz hat das Thema nichts verloren, dem Anspruch, nun auch aufzuzeigen, wie sehr es um einen politischen und ökonomischen Machtkampf geht, wird der Film aber nicht ganz gerecht.
Gerade eben kündigte die US-amerikanische Regierung an, dass Obamas «Clean Power Plan» abgeschafft werden soll, der erneuerbarere Energien hatte fördern wollen. Al Gores «Mission» – wie er sein Engagement für den Kampf gegen den Klimawandel selbst nennt – hat damit auch elf Jahre nach dem Erscheinen seines ersten Filmes zum Thema – «An Inconvenient Truth», der damals für viele Schlagzeilen und volle Kinos sorgte -, nichts an seiner Aktualität verloren.
Der zweite Film ist über weite Strecken ein «Was-seither-geschah» – und das gleich doppelt. Einerseits werden Bilder gezeigt, die drastisch aufzeigen, welche – auch tödliche Folgen – der Klimawandel in den letzten Jahren hatte, andererseits handelt es sich um eine Nacherzählung des Kampfes für den Klimaschutz, wie ihn Al Gore und sein Team betreiben. Damit setzt sich der Film eine schwierige Aufgabe: Weder Resignation noch Optimismus dürfen überwiegen, um die erwünschte Sensibilisierung der ZuschauerInnen zu erreichen. Dazu wird Al Gore persönlich, berichtet von seinen eigener Hoffnungslosigkeit angesichts der Verhehrung und vor allem der untätigen Politik. Der Film möchte deren Beeinflussung durch grosse Konzerne, die Klimaschutz um des eigenen Profits willen verhindern wollen, aufzeigen. Das zumindest verspricht der Titel, eingelöst werden kann der Anspruch aber nicht. Wahrscheinlich müsste man sich dafür zu sehr von der emotionalen Strategie Al Gores distanzieren, von der der Film nicht nur zeugt, sondern die er auch gleich übernimmt. Es ist auffällig, dass viel weniger Tabellen und Graphiken gezeigt werden als im ersten Film, dafür aber beispielsweise mit Cliffhanger gearbeitet wird.
Ein Film für den Wahlkampf?
Dass die Machenschaften von Politik und Wirtschaft nur angestossen werden, ohne dass dabei in die Tiefe gegangen wird, dient nicht zuletzt dazu, den Aktivisten, aber eben auch Politiker, Al Gore zu porträtieren. Und irgendwann wird diesem dann tatsächlich noch die Frage gestellt, die jeder Zuschauerin auf der Zunge liegen muss: Hat er seine Niederlage gegen Bush Junior verkraftet und steigt nun wieder in die Politik ein, sodass er sich auf höchster Ebene für sein Herzensthema einsetzen kann? Al Gore weicht dem Thema elegant aus – und handelt damit wie ein Politiker: Er sei ein «recovering politician». Das hört sich nach Krankheit, gar Sucht an und schliesst einen Rückfall – pardon, eine Rückkehr – nicht aus. Ist «An Incovienient Sequel» also eigentlich ein Film für den Wahlkampf und weniger für den Klimaschutz? Dieser Verdacht lässt sich nicht ganz aus dem Weg räumen.
Kinostart: 12.10.2017 / Regie: Bonni Cohen und Jon Shenk / Mit: Al Gore, Barack Obama, Donald Trump, John Kerry, Angela Merkel
Trailer- und Bildquelle: Paramount Pictures Schweiz
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