Volker Schlöndorffs Adaption von Max Frischs Erzählung Montauk nimmt sich die Freiheit, die gute Literaturverfilmungen auszeichnet. Aber von der Ich-Bezogenheit des Erzählers kommt sie nicht los.
Volker Schlöndorffs Genre ist die Literaturverfilmung («Die Blechtrommel», «Die Fälschung»), nicht zum ersten Mal arbeitet er sich an Max Frisch ab. Auch nicht das erste Mal nimmt er es dabei mit der Vorlage so genau. So hat er bereits für seine Verfilmung «Homo Faber» den Schweizer Protagonisten zum Amerikaner gemacht und – viel amerikanischer geht es nicht mehr – einen Flugzeugabsturz erleben lassen.
Montauk ist Frischs wohl persönlichste Erzählung: Die Ereignisse darin sind offensichtlich aus dem Leben des Autors gegriffen, der Erzähler trägt seinen Vornamen und auch Frischs Liebhaberinnen waren leicht wiederzuerkennen. Schlöndorffs Film «Return to Montauk» nimmt die damit verbundenen Diskussionen um Identität, literarischer und realer Wirklichkeit gekonnt auf und spielt ein ähnliches Versteckspiel, die Änderung des Titels lässt es vermuten. So heisst auch sein Protagonist Max, erhält aber den Nachnamen Zorn (gespielt von Stellan Skarsgård). Auch den Ausflug nach Montauk gibt es noch, er spielt aber in unserer Gegenwart. Auf Rückblenden, die Frischs Erzählung durchziehen, wird konsequent verzichtet, stattdessen kehrt der Protagonist einer alten Geliebten aus Studienzeiten, die nun eine erfolgreiche Anwältin ist (Nina Hoss), zurück auf Montauk.
Das Spiel mit der Vorlage fasziniert, immer wieder treten Figuren auf, die man bei Frisch nur in Rückblenden kennenlernt, und werden Szenen aufgegriffen, aber verändert. Volker Schlöndorff weiss, dass gute Literaturverfilmungen den Mut zur Differenz haben müssen, dass sie selbst erzählend mit der Erzählung, die als Vorlage dient, spielen sollten, um ihr gerecht zu werden.
Das tröstet aber nicht darüber hinweg, dass bei Schlöndorff wie bei Frisch ein alternder Mann um sich selber kreist. Der Protagonist idealisiert seine frühere Beziehung im Rückblick, nun da sie längst – und nicht ganz unverschuldet – verflogen ist, und hat gleichzeitig gar keine Augen dafür, wie er seine aktuelle Freundin – aber auch die wiederentdeckte Geliebte – behandelt. Auch der Film lässt diese Frauen nicht wirklich zu Wort kommen, zwängt sie in die Rolle des unverständlichen, fernen Gegenübers, dem man nur in seltenen, kurz aufblitzenden Momenten intellektuell und emotional nahe sein kann. Dieser Ausgangslage sind auch die schauspielerischen Leistungen Nina Hoss’ nicht gewachsen.
Kinostart Deutschschweiz: 22.6.2017 / Regie: Volker Schlöndorff / Mit: Stellan Skarsgård, Nina Hoss
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