Vom 27.9. – 7.10. geht das Zurich Film Festival in die 14. Auflage und verspricht eine vielfältige Auswahl an filmischen Perlen aus aller Welt. Wir haben für Euch 14 vielversprechende Filme zusammengestellt, die ihr nicht verpassen solltet.
1. «Roma» von Alfonso Cuarón
Was macht eigentlich Alfonso Cuarón? Seit er 2014 den Regieoscar für seinen Weltraumthriller «Gravity» erhielt, hat man nicht mehr viel vom mexikanischen Ausnahmeregisseur («Harry Potter and the Prisoner of Azkaban», «Children of Men») gehört. Nun meldet er sich mit einem zutiefst persönlichen Projekt zurück: Bei «Roma» führte er nicht nur Regie, sondern schrieb auch das Drehbuch, wirkte am Schnitt mit und war alleine für die Kameraarbeit verantwortlich. In gestochen scharfem Schwarzweiss entführt er sein Publikum ins turbulente Mexico City der Siebzigerjahre und porträtiert ein Jahr im Leben einer Mittelklasse-Familie. Dafür setzte es in Venedig den Hauptpreis. Noch ein Grund, «Roma» beim Zurich Film Festival zu sehen: Die Rechte hat sich Netflix geschnappt, weshalb das bildgewaltige Drama in der Schweiz womöglich nie auf der grossen Leinwand zu sehen sein wird. Alan Mattli
2. «Ballon» von Michael Herbig
Michael «Bully» Herbig am Zurich Film Festival? Muss das denn sein? Der Komiker, der spätestens nach dem Filmdebakel seiner «Bullyparade» seine lustigsten Jahre hinter sich zu haben scheint, wartet mit einem ernsthaften Film auf: «Ballon» erzählt die wahre Geschichte der sogenannten «Ballonflucht» zweier ostdeutscher Familien in den Westen. Ein packender Thriller über ein Himmelfahrtskommando im wahrsten Sinne des Wortes. Owley Samter
3. «Beautiful Boy» von Felix van Groeningen
Felix van Groeningens («The Broken Circle Breakdown», «Belgica») englischsprachiges Regiedebüt ist ein biographisches Drama, das von Drogenabhängigkeit, Vaterliebe, Machtlosigkeit sowie Hoffnung erzählt. In den Hauptrollen als Vater und Sohn, sind Steve Carell («Foxcatcher») und Timothée Chalamet («Call Me By Your Name») zu sehen. Catherine Seraphim
4. «Dragonfly Eyes» von Bing Xu
In der neuen ZFF-Filmreihe #BigData gibt es acht Filme zu sehen, die brandaktuelle Themen wie Datenhandel, Artificial Intelligence und Genforschung im digitalen Zeitalter behandeln. In «Dragonfly Eyes» erfindet die junge Chinesin Qing Ting eine neue Identität im Internet, die zu wahrer Prominenz aufsteigt. Sehr zum Leid ihres Angebeteten, der fortan die reale Identität seiner Herzensdame annimmt. Das Besondere: Regisseur Bing Xu erzählt die Geschichte nur mittels einer Auswahl aus 10’000 Stunden gefundenem Materials von Überwachungskameras, was «Dragonfly Eyes» zu einem experimentellen Paranoia-Erlebnis zwischen Fiktion und Realität macht. Lola Funk
5. «High Life» von Claire Denis
Nach den guten Erfahrungen, die seine einstige «Twilight»-Filmpartnerin Kristen Stewart im französischen Kino gemacht hat («Clouds of Sils Maria», «Personal Shopper»), zieht nun Robert Pattinson nach: Er spielt die Hauptrolle in Claire Denis‘ erstem englischsprachigen Film. Denis, die vor allem für Dramen wie «Beau travail», «White Material» oder «Un beau soleil intérieur» bekannt ist, schickt Pattinson in «High Life» auf eine Weltraummission, was den Film zu einer der spannendsten Affichen des Zurich Film Festivals macht. Alan Mattli
6. «Green Book» von Peter Farrelly
«Green Book», der Eröffnungsfilm des 14. Zurich Film Festivals, spielt in den Sechzigerjahren und schickt einen Türsteher (Viggo Mortensen) und einen der weltbesten Jazz-Pianisten (Mahershala Ali) auf die Reise in den konservativen Süden der USA. «Green Book» erzählt die Geschichte einer einmaligen Freundschaft, die auf wahren Ereignisse beruht. Catherine Seraphim
7. «Juliet, Naked» von Jesse Peretz
Kaum ein Buchautor wurde in der Vergangenheit so zufriedenstellend verfilmt wie Nick Hornby. «High Fidelity» und «About a Boy» waren gelungene Kassenschlager, und auch «A Long Way Down» mit Pierce Brosnan wurde der Vorlage mehr als gerecht. Nun kommt mit «Juliet, Naked» die nächste Adaptation eines Hornby-Romans, der ein bisschen der spirituelle Nachfolger von «High Fidelity» ist: Annies Leben verläuft zu ihrem Missfallen eher unspektakulär – zumindest, bis sie sich ausgerechnet in den Lieblingsmusiker ihres Mannes verliebt. Die unbeschwerte Komödie mit Rose Byrne, Ethan Hawke und Chris O’Dowd dürfte die nötige Portion Kitsch für die kalten Herbsttage bieten. Owley Samter
8. «Der Läufer» von Hannes Baumgartner
In der Wettbewerbsreihe «Fokus Schweiz, Deutschland, Österreich» läuft der Zürcher Regisseur mit seinem nervenaufreibenden Langspielfilmdebüt gegen sieben weitere Beiträge um die Auszeichnung des Goldenen Auges. Jonas (Max Hubacher) gilt als einer der besten Schweizer Läufer, arbeitet nebenbei als Koch und zieht bald mit seiner Freundin Simone (Annina Euling) zusammen. Doch die Erinnerung an seinen verstorbenen Bruder verfolgen den Berner und treiben ihn nachts auf die städtischen Strassen. Von einem bekannten Schweizer Kriminalfall inspiriert verleiht Baumgartner seinem Protagonisten ein düsteres zweites Gesicht. Lola Funk
9. «Rafiki» von Wanuri Kahiu
Wer hierzulande «Rafiki» hört, denkt wahrscheinlich an die weise Nebenfigur aus Disneys «The Lion King». Nach dem Zurich Film Festival dürfte das anders aussehen: «Rafiki» ist Swahili für Freund und der Titel des neuen Films der kenianischen Regisseurin Wanuri Kahiu («From a Whisper»). Das Drama, das in Kahius Heimatland bis vor Kurzem wegen «Propagierung von lesbischer Liebe» verboten war, erzählt von der Liebe zwischen Kena (Samantha Mugatsia) und Ziki (Sheila Munyiva) – den Töchtern zweier prominenter Politiker. Von «Rafiki» darf man sich berührendes Weltkino in farbenprächtigen Bildern versprechen – schon seit der Cannes-Premiere wird über Fremdsprachenoscar-Chancen gemunkelt. Alan Mattli
10. «Wildlife» von Paul Dano
Das Regiedebüt von Paul Dano («Prisoners», «Swiss Army Man»), spielt mitten in den Sechzigern und portraitiert die Ehekrise von Jack (Jake Gyllenhaal) und Jeanette (Carey Mulligan), wobei der Blickpunkt ihres Sohnes, Joe (Ed Oxenbould), auf die Geschehnisse in den Fokus rückt. In «Wildlife» soll Carey Mulligan ihre bislang beste Performance abgeliefert haben. Wir sind gespannt. Catherine Seraphim
11. «Aquarela» von Victor Kossakovsky
Der russische Dok-Filmemacher Victor Kossakovsky widmet sich in seinem neusten Werk ganz dem Element Wasser. Um das nasse Blau in seiner vollen Facettenreichtum von reiner Ästhetik bis dringlicher Notwendigkeit zu porträtieren, reiste er um die halbe Welt. Mit 96 Frames pro Sekunde überflutet «Aquarela» wortwörtlich den Kinosaal mit berauschenden Bildern des Lebenselixiers, das sich in seiner Urkraft und mit falschen Ingredienzien gemischt von seiner zerstörerischen Seite zeigen kann. Lola Funk
12. «The Miseducation of Cameron Post» von Desiree Akhavan
Die zweite Regiearbeit der iranisch-amerikanischen Regisseurin Desiree Akhavan dürfte ein designierter Hit sein: «The Miseducation of Cameron Post» ist eine Verfilmung des gleichnamigen Young-Adult-Romans von Emily M. Danforth. Im Zentrum steht die junge Titelheldin, gespielt von Chloë Grace Moretz («Suspiria», 2018), die im Sommer 1993 aufs Land in die sogenannte «Reparativtherapie» geschickt wird – auf Deutsch: Cameron soll die Homosexualität ausgetrieben werden. Doch dagegen wehrt sie sich mit Händen und Füssen, gemeinsam mit ihren neuen, rebellischen Freunden Jane («American Honey»-Star Sasha Lane) und Adam (Forrest Goodluck, bekannt aus «The Revenant»). Alan Mattli
13. «Puzzle» von Marc Turtletaub
Marc Turtletaubs Spielfilmdebüt «Puzzle» feierte im Rahmen des Sundance Festivals seine Weltpremiere. Agnes (Kelly Macdonald), die ihre Bedürfnisse für Mann und Kinder in den Hintergrund stellt, entdeckt eine Leidenschaft für Puzzlespiele, woraufhin sich ihr noch nicht da gewesene Wege zur Selbstverwirklichung eröffnen. Catherine Seraphim
14. «Loro» von Paolo Sorrentino
Zehn Jahre, nachdem er sich in «Il divo» der Biografie des früheren italienischen Premiers Giulio Andreotti annahm, knöpft sich Paolo Sorrentino («La grande bellezza», «The Young Pope») die nächste zwielichtige Figur der italienischen Politik vor: Silvio Berlusconi, der wie schon Andreotti von Toni Servillo verkörpert wird. «Loro» heisst der Zweiteiler, in dem Sorrentino auf bissige Art und Weise mit dem schmierigen italienischen Politiker, und vor allem auch mit dem Kult um seine Person, abrechnet. Einziger Wermutstropfen: Das Zurich Film Festival zeigt nicht beide Filme, sondern nur die zusammengestutzte Ein-Film-Fassung – auf Kosten von einer Stunde Material. Owley Samter
Das Rahmenprogramm
Den Golden Icon Award darf dieses Jahr Judi Dench entgegennehmen, die auf eine jahrzehntelange Schauspielkarriere zurückblicken kann und aus dem kollektiven Filmgedächtnis nicht mehr wegzudenken ist. Dasselbe gilt für Donald Sutherland: Nachdem er an den diesjährigen Oscars mit dem Ehren-Oscar für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde, folgt nun das Zürcher Pendant, der Lifetime Achievement Award, begleitet von einer Retrospektive seiner bedeutendsten Filme und einer Master Class am ZFF.
Bereits zum 7. Mal findet im Rahmen des Zurich Film Festival der beliebte Internationale Filmmusikwettbwerb statt, in dem fünf Finalisten live ihre neu komponierte Vertonung des Kurzfilmes «Happiness» von Steve Cutts uraufführen. Nach der Preisverleihung gibt es dann noch ein Filmmusikkonzert zum rasanten Thema «Thriller».
Hier findet ihr das ganze Programm: https://zff.com/de/programm/
Bild- und Trailerquellen: Zurich Film Festival / Schweizer Filmverleiher
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