Ballspielende Nonnen, ein kettenrauchender Papst – Mit «The Young Pope» beweist der Maestro des zeitgenössischen italienischen Kinos Paolo Sorrentino, warum es sich lohnt, wenn arrivierte Filmemacher sich aufs TV-Parkett wagen.
Die Prämisse von „Young Pope“ ist eigentlich recht simpel: Im Vatikan herrscht Aufruhr; Unerwarteter Weise wurde der junge und unbekannte Amerikanische Erzbischoff Lenny Belardo (Jude Law) zum Papst gewählt. Ziemlich schnell stellt sich heraus, der neue Papst wird sich nicht an die ungeschriebenen Gesetze des alterwürdigen Vatikans halten. Pius der XIII will die Katholische Kirche von Grund auf revolutionieren. Doch nicht wie man als Zuschauer zu Beginn hofft als liberaler Reformer – Nein, Lenny Belardo sehnt sich zurück in eine Zeit in der die Katholische Kirche unermessliche Macht hatte, der Vatikan noch Angst und Schrecken und Erfurcht auszulösen vermochte. Er wünscht sich religiöse Ergebenheit, verachtet Toleranz. Homosexualität, Abtreibungen, Scheidungen – all dies soll von der Kirche wieder strengstens geächtet werden.
Pius XIII – religiöser Fanatiker mit Daddy Issues
Papst Pius XII, so ahnt man, ist nicht was man allgemein als guten Menschen bezeichnen würde. Er ist kein ’normaler‘ Antiheld mit dem Herz am rechten Fleck. Pius XIII ist ein religiöser Fanatiker mit Daddy Issues – und gleichwohl ein waschechter Heiliger, der Kranke heilt und Wunder geschehen lässt. Sorrentinos Papst ist grössenwahnsinniger Führer, der mit Hass und Angst operiert – Vergleiche mit einer bestimmten Figur aus der zeitgenössischen Weltpolitik wurden daher sofort und zahlreich gezogen. Aber „The Young Pope“ hat reichlich mehr zu bieten als reinen Kommentar zur politischen Weltlage.

Jude Law in «The Young Pope»
Die prunkvolle und zugleich absurde Welt des Vatikans ist wie geschaffen für Sorrentino. Themen wie Berühmtheit Macht, Korruption, und Schönheit zogen sich schon durch Paolo Sorrentinos Kinofilme wie «Il Divo», «La Grande Bellezza», oder auch «Youth». Der Italiener scheint sich regelrecht auszutoben im cinematografischen Potential der goldenen Papstroben, roten Kardinalhauben und Fussballspielenden Nonnen. Sorrentinos Kameramann und langjähriger Kollaborateur Luca Bigazzi schafft dazu atemberaubende Bilder: Von schimmerndem gleissendem Licht, das an die Heiligenscheine religiöser Malerei erinnert, zum hell-dunkeln Chiaroscuro des Barocks – Bigazzi rückt die mysteriöse Welt des Vatikans stets ins rechte Licht. Und was Lichtarbeit, Bildgestaltung und Kamera nicht schaffen, liefert der umwerfende Soundtrack nach.
Fazit
Neben dem beängstigend guten Jude Law als Papst Pius XIII, überzeugt «The Young Pope» vor allem auch als Ensemble-Stück. Da ist etwa die hervorragende Diane Keaton als Lennys Ziehmutter Sister Mary, oder der komisch-hinterhältige Silvio Orlando als politischer Strippenzieher des Vatikans, Kardinal Voiello. Die limitierte Serie aber ist eher als gut 10-stündigen Film zu sehen. Wer serielle Narration und Cliffhanger-Spannung erwartet, wird von «The Young Pope» enttäuscht. Ansonsten, ein filmisch-fernseherisches Meisterwerk, das uns noch lange im Gedächtnis bleiben wird!
Regie: Paolo Sorrentino / DarstellerInnen: Jude Law, Diane Keaton, Silvio Orlando uvm.
Trailer- und Bildquelle: HBO.
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