Marvels gewalttätigste Quasselstrippe ist zurück: In «Deadpool 2» bestreitet der Titel gebende Antiheld erneut ein ebenso blutiges wie witziges Abenteuer. Wer den ersten Teil mochte, wird auch hier bestens bedient.
Der Reiz des Konzepts Deadpool ist simpel, egal ob im Comic oder auf der Leinwand: Deadpool alias Wade Wilson weiss, dass er ein Comic-Superheld ist. Das mag ein etwas billiger Gimmick sein, ein Relikt aus den selbstreflexiven Neunzigerjahren, in denen der Supersoldat mit Selbstheilungskräften erfunden wurde. Doch gewitzte Autoren wissen daraus viel Kapital zu schlagen.
Beweisstück A: Tim Millers «Deadpool» (2016), geschrieben von Rhett Reese und Paul Wernick. Hier schlüpfte Ryan Reynolds – nach einem notorisch schlecht geschriebenen Kurzauftritt im unter Fans verhassten «X-Men Origins: Wolverine» (2009) – zum zweiten Mal in die Rolle und begeisterte mit frechen Sprüchen, unzähligen Anspielungen auf die Ära der Superhelden-Franchisen und einer konsequenten Absage an die Jugendfreiheit. Bei Deadpool wird fröhlich geflucht, derweil seine Gegner nicht verhaftet, sondern auf äusserst fantasievolle Art und Weise in ihre Einzelteile zerlegt werden. Erzählerisch zerriss der Film zwar keine grossen Stricke, doch mit einer atemberaubend hohen Gagdichte – und einer Trefferquote von geschätzt 70 Prozent – lieferte er grossartig dreckige Unterhaltung.
Beweisstück B: «Deadpool 2». Viel hat sich nicht geändert: Zum Autorenduo Reese und Wernick ist wiederum Ryan Reynolds dazugestossen, hinter der Kamera übergab Miller das Zepter an «Atomic Blonde»-Regisseur David Leitch. Die Handlung ist fokussierter geworden; rund um Deadpool beginnt sich die X-Force – die geschlechtsneutrale Alternative zu den X-Men – zu formieren. Ansonsten jedoch gilt für Teil zwei dasselbe wie für Teil eins: viel Action, viel Blut, üppig Pointen und Querverweise.
Dieses Mal befindet sich der praktisch unsterbliche Deadpool aus Trauer auf einer hoffnungslosen Selbstmordmission. Doch schon bald kommt ihm der mysteriöse Cyborg-Söldner Cable (Josh Brolin – derzeit auch als Bösewicht Thanos in «Avengers: Infinity War» zu sehen) in die Quere, der es auf den jungen Mutanten Russell (Julian Dennison, bekannt aus Taika Waititis «Hunt for the Wilderpeople») abgesehen hat. Zeit für Deadpool, den Superhelden zu markieren.
Während «Deadpool» ironisch als Romanze vermarktet wurde, versteht sich «Deadpool 2» mehr als dysfunktionaler Familienfilm («like ‹Saw 7›!»). Das gibt dem Ganzen, sofern das bei dieser Franchise überhaupt möglich ist, tatsächlich so etwas wie eine funktionierende emotionale Grundlage. Aber natürlich liegt die ganz grosse Stärke des Films in seinem Humor, seinem forsch vorgetragenen Zynismus. Blutiger Slapstick wechselt sich ab mit rasanten Dialogen, Verweisen auf die fundamentale Lächerlichkeit von Superhelden und Seitenhieben auf allerlei Popkultur, die auch vor dem Marvel-Rivalen DC nicht Halt machen (Stichwort: «Martha»).
Ja, die Grenzen des guten Geschmacks werden bisweilen etwas überstrapaziert. Doch es fällt schwer, einem gewollt überdrehten, derart mit Witzen überladenen Film einen Strick daraus zu drehen, dass er sich hin und wieder im Ton oder im Thema vergreift. Grundsätzlich hat «Deadpool 2» das Herz am rechten Fleck.
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Kinostart Deutschschweiz: 17.5.2018
Filmfakten: «Deadpool 2» / Regie: David Leitch / Mit: Ryan Reynolds, Josh Brolin, Morena Baccarin, Julian Dennison, Zazie Beetz, Karan Soni, Eddie Marsan / USA / 119 Minuten
Bild- und Trailerquelle: 20th Century Fox
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