In ihrem neuen Film nimmt Sally Potter («The Man Who Cried», «Orlando») die politische und akademische Elite der britischen Gesellschaft auf die Schippe. In Zeiten des Brexit und politischen Unruhen nicht nur aktuell sondern vor allem höchst amüsant – «The Party» ist britisches Kino vom Feinsten!
Die zielstrebige Janet (Kristin Scott Thomas) hat endlich ihr Ziel erreicht und wird zur Gesundheitsministerin gewählt. Um dies anständig zu feiern, gibt es natürlich eine exquisite Party, wie es sich in der „british Upperclass“ gehört – vol-aux-vents inklusive. Eingeladen sind alle ihre ebenso intellektuellen, feministischen und erfolgreichen Freunde der linksliberalen Partei. Der Einzige, der ganz offensichtlich schlechte Miene zum guten Spiel macht ist Ihr Ehemann Bill (Timothy Spall). Und das zu Recht, denn auch er hat etwas zu verkünden, das wohl niemanden erfreuen wird – oder nur wenige.
Klischees und Totschlag
Einer schlechten Nachricht folgt die Nächste, die Diskussionen werden immer hitziger, Ideologien und Standpunkte werden auf den Kopf gestellt. Kurz gesagt, alle drehen durch und die Situation eskaliert. Obwohl der Film sich eigentlich einer simplen Story bedient und aus knapp fünf Kulissen besteht, ist die Wirkung gross. Potter versteht es mithilfe des britischen Humors, subtile Gesellschaftskritik auszuüben, die extrem amüsant ist. Die Dialoge sind teilweise so absurd, dass man nicht genau weiss, ob es tragisch oder zum Brüllen ist. Fast immer fällt die Wahl auf Letzteres. Dies erinnert schon fast ein wenig an Frank Ozs «Death At A Funeral», wo ebenfalls in ganz britischer Art Tragik auf derben Humor trifft. «The Party, kommt allerdings viel dezenter, cleverer und auch stilvoller daher, was bestimmt auch dem hervorragenden Cast zu verdanken ist. Jede Figur ist so feinfühlig und glaubwürdig ausgearbeitet, dass die verzerrte Realität, in der alle leben auch wirklich den Zuschauer erreichen. Highlight ist unter anderem Bruno Ganz, der als Esoterik-Freak Gottfried als Einziger die Ruhe zu bewahren scheint. Die Tatsache, dass der Film in schwarz-weiss gehalten ist, verleiht dem ganzen Tumult einen dramatischen, theatralischen Aspekt. Notwendig wäre es nicht gewesen, aber man wird von den ersten Minuten an dermassen von dem raffinierten Dialogabtausch eingenommen, dass keine Zeit bleibt sich tatsächliche Gedanken dazu zu machen.
Fazit
In knackigen siebzig Minuten gelingt Sally Potter, was bei vielen nicht in zwei Stunden hinhauen möchte; nämlich differenzierte Gesellschaftskritik mit erstklassiger Unterhaltung zu vereinbaren. Und das durchgehend. «The Party» ist absolut sehenswert und wird bis zur letzten Minute niemanden ohne Überraschung oder Grinsen im Kinosessel sitzen lassen.
Kinostart: 27.07.17
Regie: Sally Potter / Darsteller: Patricia Clarkson, Kristin Scott Thomas, Timothy Spall, Bruno Ganz, Cherry Jones, Emily Mortimer, Cillian Murphy
Trailer- und Bildquelle: Filmcoopi
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