Du hast «The White Lotus» durchgebingt und wartest sehnsüchtig auf neue Folgen von «Severance»? Dann kommt das lange Osterwochenende gerade recht, um ein paar neue Serienperlen zu entdecken. Die Redaktion verrät ihre persönlichen Favoriten – von unterschätzten Geheimtipps bis zu packenden Neuheiten.
«The Studio» von Seth Rogen, Evan Goldberg, Peter Huyck, Alex Gregory und Frida Perez
«The Studio» nimmt die Zuschauer*innen mit auf eine Reise durch die verrückte Welt von Hollywood, wo Seth Rogen als idealistischer Studioleiter seine kreativen Visionen und den Druck, möglichst viel Geld zu verdienen, auszubalancieren versucht. Ein grossartiger Cast und zahlreiche Gastauftritte von Hollywood-Persönlichkeiten machen die Serie zu einem witzigen Insider-Einblick – perfekt für alle, welche die Filmmetropole lieben und gleichzeitig gerne über ihre Eigenheiten lachen. / Elena Stern / Verfügbar auf Apple TV+
«Dying for Sex» von Kim Rosenstock, Elizabeth Meriwether, Shannon Murphy und Chris Teague
Eine Serie zum Weinen, Lachen, Nachdenken – und Mitsingen: «Dying for Sex» ist eine amerikanische Tragikomödie, basierend auf dem gleichnamigen Podcast. Als bei Molly (Michelle Williams) Brustkrebs diagnostiziert wird, beendet sie ihre 13-jährige Ehe und begibt sich vor dem Tod auf eine Reise zu sich selbst und ihren sexuellen Wünschen. Die Serie überzeugt mit einem herausragenden Cast, skurrilen Momenten, einem herzzerreissenden Soundtrack und einer feinfühligen Inszenierung, die das bittersüsse Schicksal nie ins Pathetische, nie ins Triviale kippen lässt. Michelle Williams («The Fabelmans», «Showing Up») brilliert in der Hauptrolle, umrahmt von ebenso starken Auftritten von Jenny Slate («Marcel the Shell with Shoes on», «It Ends with Us») und Sissy Spacek («Badlands», «The Old Man & the Gun»). «Dying for Sex» ist eine facettenreiche Ode an den Orgasmus, die Selbstliebe, die Freundschaft – und die Lust, zu leben. / Simon Keller / Verfügbar auf Disney+
«Pose» von Ryan Murphy, Brad Falchuk und Steven Canals
Madonna machte es in den Neunzigerjahren für den Mainstream berühmt, Beyoncé brachte es vor wenigen Jahren zurück ins Rampenlicht: Ballroom. Doch was steckt wirklich hinter Modewörtern wie Voguing, Realness und Co.? Und warum hat diese New Yorker Subkultur bis heute eine so grosse Bedeutung für die LGBTQIA+-Community? Die Erfolgsserie «Pose» von Ryan Murphy («American Horror Story», «Dahmer – Monster: The Jeffrey Dahmer Story»), die Stars wie Billy Porter und Michaela Jaé Rodriguez hervorbrachte, gewährt einen bewegenden Einblick in die Lebens- und Leidenswelt junger afro- und lateinamerikanischer Queers, die Ballroom zum Überleben brauchen – und dabei um die Wette schillern. / Jan Gross / Verfügbar auf Disney+
«Silo» von Graham Yost
Über 10‘000 Menschen leben in einem riesigem Silo mit über 100 Stockwerken. Niemand kann das Silo verlassen, ohne in wenigen Augenblicken zu sterben. Wie all die Menschen in das Silo kamen, weiss auch keiner. Und was draussen für Gefahren lauern, weiss erst recht keiner. Oder etwa doch? «Silo» ist kein Meisterwerk, denn dafür sind die Dialoge zu flach geschrieben. Gutes Binge-Material ist die Serie mit ihrer Spannung und den vielen Fragen, die sie aufwirft, aber allemal. / Aline Locher / Verfügbar auf Apple TV+
«Game of Thrones» von David Benioff und D. B. Weiss
Manchen wird dieser Tipp wohl hinfällig erscheinen, doch es gibt noch ein paar Prozent der Menschheit, die «Game of Thrones» noch nicht gesehen haben. Und der Stoff der Serie ist so dicht, dass sie auch einen Rewatch wert wäre. Der Name ist Programm: ein eiserner Thron, der mit der Herrschaft über sieben Königreiche daherkommt, und alle wollen darauf Platz nehmen. Das bietet über acht Staffeln hinweg Raum für ausgeklügelte Intrigen (je nach Geschmack, etwas zu viel), epische Schlachten, stimmige Fantasy-Elemente und mittendrin ein brillanter Peter Dinklage als ausgefuchster Tyrion Lannister. Perfekt für einen Oster-Binge-Watch-Marathon. / Aline Schlunegger / Verfügbar auf Sky und Microsoft Store
«Derry Girls» von Lisa McGee und Michael Lennox
Lisa McGees «Derry Girls» sind laut, kompromisslos und unerschrocken. Die vier Freundinnen Erin (Saoirse-Monica Jackson), Michelle (Jamie-Lee O’Donnell), Clare (Nicola Coughlan) und Orla (Louisa Harland) leben in der nordirischen Grenzstadt Derry in den konfliktreichen Neunzigerjahren und stellen sich Teenager-Problemen, durchleben Freundschaftsdramen und rebellieren gegen ihre Eltern – während um sie herum der viel fatalere Konflikt zwischen Katholik*innen und Protestant*innen tobt. In «Derry Girls» geht es darum, wie Normalität neben Bombenanschlägen bestehen kann. Mit provokativem Humor und Dialogen in breitestem irischem Englisch eröffnet McGees Serie eine erfrischend vielschichtige Sicht auf die Jugend in Konfliktzeiten. Unbedingt im Originalton schauen, mit Untertiteln! / Maike Müller / Verfügbar auf Netflix
«Shrinking» von Bill Lawrence, Jason Segel und Brett Goldstein
Die hervorragende Comedy-Serie «Scrubs» (2001–2008, 2009–2010) geniesst einen gewissen Kultstatus. Und das nicht zu Unrecht, denn sie bewies, dass Comedy und tiefe Emotionen gut miteinander können: Während die Figuren teils herrlich kindlichen Blödsinn anstellen, werden sie doch immer wieder vor die harte Realität gestellt – was zu wunderschönen, ernsten und sich «echt» anfühlenden Momenten führt. Einen ähnlichen Weg ging die «Fussballserie für Nicht-Fussballfans», «Ted Lasso» (2020– ), die mit ihren herzlichen und endsympathischen Figuren die Herzen der Serienfans eroberte. Für «Shrinking» haben sich zwei Köpfe hinter den beiden Serien – Bill Lawrence («Scrubs») und Brett Goldstein (Autor und Roy «Fucking» Kent aus «Ted Lasso») – noch Jason Segel («How I Met Your Mother», «The Muppets») an Bord geholt und übertragen ihre Formel mutig auf den Alltag eines Psycholog*innen-Teams und ihren Klient*innen. Das vorhandene Potenzial wird zu grossen Teilen ausgeschöpft und die Serie versprüht tatsächlich einen ähnlichen Esprit: «Shrinking» schafft es genauso, den Humor im Schmerz zu finden, und wirkt melancholisch optimistisch. Zu verdanken ist das den offenherzigen und verletzlichen Figuren, die von einem spielfreudigen Ensemble getragen werden – besonders Harrison Ford («Star Wars», «Indiana Jones») merkt man eine grosse Spiellust an, und das allein ist ein erstes Einschalten wert. / Matthias Ettlin / Verfügbar auf Apple TV+ / Zur ausführlichen Kritik
«Brand New Cherry Flavor» von Nick Antosca und Lenore Zion
Hollywood, Horror, Hexen, Surrealismus: Bei wem diese Schlagwörter Interesse wecken, sollte sich unbedingt die Netflix-Miniserie «Brand New Cherry Flavour» anschauen. Die Jungregisseurin Lisa (Rosa Salazar) wird im Hollywood der Neunzigerjahre vom erfolgreichen Produzenten Lou (Eric Lange) hintergangen und geht mit der Hexe Boro (Catherine Keener) einen Rachepakt ein. Die Rache kommt, aber der Pakt verlangt eine Gegenleistung von Lisa, die ihr bald zunehmend zusetzt. In viele atmosphärische Zwielichtbilder getaucht, ist «Brand New Cherry Flavor» ein hypnotischer, langsamer Abstieg in den Wahnsinn seiner Figuren. Ein intrigantes Kräfteziehen zwischen den drei Parteien, das sich immer wieder verschiebt und grandios gespielt wird von allen Darsteller*innen. Alle haben ihre Schwächen, und am Ende kommt nur heil raus, wer sich denen stellen kann. / Nicoletta Steiger / Verfügbar auf Netflix
«The Fall» von Allan Cubitt
«The Fall» überzeugt nicht nur als spannender Thriller, sondern vor allem durch das fesselnde psychologische Duell zwischen Ermittlerin und Täter. Gillian Anderson («The X-Files») spielt die analytische Polizistin Stella Gibson, die einen eiskalten Serienmörder (Jamie Dornan) jagt. Die Dynamik zwischen Jägerin und Gejagtem entwickelt eine beklemmende Nähe, welche die Serie tief unter die Haut gehen lässt. / Elena Stern / Verfügbar auf Netflix
«One Piece» von Matt Owens und Steven Maeda
Die Live-Action-Adaption «One Piece» zieht nicht nur Fans des Mangas oder der originalen Animeserie in seinen Bann. Monkey D. Luffy (Iñaki Godoy) will König der Piraten werden, versammelt auf seiner Suche nach dem legendären Piratenschatz «One Piece» nach und nach eine bunte Crew um sich und gerät immer wieder an aberwitzige Gegenspieler*innen. Die raffiniert-ästhetische Welt, abwechslungsreiche Kämpfe und die mühelose Live-Action-Umsetzung der Cartoon-Vorlagen machen grossen Spass. Gleichzeitig bekommen die kuriosen Figuren genug Raum, um mit unkonventionellen Wesenszügen zu überraschen. Noch dieses Jahr soll die zweite Staffel erscheinen, die hoffentlich erneut all die anderen monotonen Serien über die Weltmeere jagt. / Maike Müller / Verfügbar auf Netflix
«Ronja Rövardotter» von Pontus Klänge und Lisa James Larsson
Die Neuauflage von Astrid Lindgrens Kinderbuchklassiker, respektive des Kinderfilmklassikers von 1984, setzt auf den ersten Blick auf eine modernisierte Optik, um im Fahrwasser von grösseren Fantasyproduktionen mitzufahren. Doch Autor Hans Rosenfeldt («The Bridge») gelingt es schön, den Geist der literarischen Vorlage zu wahren, ohne auf moderne Erzählweisen zu verzichten. Die Geschichte dürfte allgemein bekannt sein: Ronja (Kerstin Linden), die Tochter des Räuberhauptmanns Mattis (Christopher Wagelin), freundet ich mit Birk (Jack Bergenholtz Henriksson), dem Sohn des verfeindeten Räubers Borka (Sverrir Gudnason), an. Trotz der Fehde zwischen ihren Vätern entwickelt sich eine tiefe Freundschaft zwischen Ronja und Birk. Für die Serie wurde ein Handlungsstrang um die Kriegerin Cappa (Vera Vitali) hinzugefügt, die im Auftrag des Bürgermeisters des nahen gelegenen Dorfs im Räuberwald endlich einmal richtig aufräumen soll. Einen wirklichen Mehrwert bringt der Zusatz nicht – ausser, dass die Zuschauer*innen etwas länger im verzauberten Wald verweilen und sich am skandinavischen Charme der Räuberfamilien und Rumpelwichte erfreuen dürfen. Matthias Ettlin / Verfügbar in der ARD Mediathek
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Bildcredits: Titelbild aus «Dying for Sex» auf Disney+, Trailers: Apple TV, Netflix, FX Studios
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