Aufräumen, putzen, waschen, backen, kochen, Gastgeberin und Vorzeige Ehefrau sein; so sieht Milenas (Mirjana Karanovic) Alltag in etwa aus. Natürlich meistert sie das alles auch mit Bravour. So wie das Ehefrauen so machen. So wie das gute Ehefrauen eben so machen. Bis sie eines Tages auf ein Videoband ihres Mannes stösst, dass sie vor eine Entscheidung stellt, die ihre Rolle bis aufs Fundament erschüttern könnte.
Provokant patriarchalisch und niemand stört sich daran
Der Film spielt sich in einem kleinen Dörfchen ausserhalb von Belgrad ab. Jeder kennt jeden und umso mehr brodelt die Gerüchteküche bei jedem kleinen gesellschaftlichen Fauxpas. In dieser kleinen Gemeinde herrscht auch noch im 21. Jahrhundert eine stark patriarchalische Atmosphäre. Die Männer trinken Bier und reden über Waffen, die Frauen kochen und tauschen den neuesten Tratsch aus. Dies erlebt man als Zuschauer immer aus Perspektive von Milena, die zwar versucht einen Mittelweg zwischen Unterwürfigkeit und Selbständigkeit zu gehen, dies aber nicht wirklich hinkriegt. Die einzigen Männer-unabhängigen Momente erlebt man im Frauenchor, wo sich die erwachsenen Frauen wie kleine Schulmädchen benehmen. Ansonsten ist Milena ihrem Ehemann und seinen Wünschen stets ergeben. Erstaunlicherweise wirkt die Beziehung der beiden trotz dieser Ungleichheit extrem authentisch und liebevoll. Auch sonst hat man eher selten Mitleid mit Milena, obwohl ihr Leben etwas trostlos und dominiert erscheint fühlt sie sich darin sichtlich wohl. Dies ändert sich schlagartig als sie beim Putzen – mit einem symbolisch beschrifteten «Alone»-Shirt – über die militärische Vergangenheit ihres Mannes stolpert. So ergibt sich Milena die Gelegenheit ein für alle Mal zu entscheiden was für eine Frau sie eigentlich sein will.
Gute Ehefrauen und Menschlichkeit
«A Good Wife» betört mit einem distanzierten und gleichzeitig intimen Filmstil, der sich durch den ganzen Film hindurchzieht. Man ist Milena immer sehr nahe und kann ihre Handlungen irgendwie nachvollziehen und doch hat man das Gefühl, dass sie die Kamera teilweise nicht ganz an sich heranlässt. Diese binäre Kameraästhetik unterstützt die gegensätzlichen Thematiken, die durch den Film hindurch aufgegriffen werden. Nebst der dominanten Rolle der patriarchalischen Gesellschaft thematisiert der Film vielseitige Aspekte wie Selbstverwirklichung, Verdrängung, Mut, Verrat, Fürsorge, Intimität und nicht zuletzt auch Weiblichkeit. Womöglich wäre «A Good Wife» noch intensiver geworden ,hätte man weniger hineingepackt und sich mehr auf einzelne Problematiken konzentriert.
Nichtsdestotrotz ist «A Good Wife» absolut sehenswert. Die Reise in die serbische Gesellschaft zeigt einerseits, dass die Wunden des Kriegs noch nicht ganz verheilt sind und verdeutlicht andererseits ganz allgemein, dass es manchmal heisst als gute Ehefrau selbstständige Entscheidungen zu treffen. Auch wenn die Folgen davon alles andere als einfach zu tragen sind.
Kinostart: 24.11. / Regie: Mirjana Karanovic / Mit: Mit: Mirjana Karanovic, Boris Isakovic, Bojan Navojec, Jasna Duricic, Ksenija Marinkovic
Bild- und Trailerquelle: Looknow.ch
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