Staubig. Rassistisch. Trocken. Willkommen in West-Texas und somit zum filmischen Rahmen von „Hell or High Water“. Im sonnigen Nirgendwo der Südstaaten versucht sich Marcus Hamilton (Jeff Bridges) noch ein letztes Mal vor seiner Pension bei der Aufklärung einer Banküberfall-Reihe, welche in der Planung und Ausführung seinesgleichen sucht – hält der Film, was das Cast verspricht?
Wenn der Wilde Westen noch lebt, dann mit Sicherheit im US Bundesstaat Texas. Die Todesstrafe wird dort mit Applaus quittiert, die Republikaner scheinen die Partei des Erlösers zu sein und Waffen zählen zu den Kuscheltieren im Bett. Eine perfektere Kulisse lässt sich für die raue Gangart des Wilden Westen nicht bauen! „Hell or High Water“ bedient sich dieser prädestinierten Vorgabe und lässt das Bankräuber-Bruderpaar Tanner (Ben Foster: Wunderbar impulsiv und lebendig gespielt!) und Toby Howard (Chris Pine: Cool, cooler, Chris!) durch das Hinterland gondeln mit dem simplen Plan, genügend Geld für den Erhalt der Farm der Eltern zusammen zu klauen. Ihr Plan, durchaus mit einer gewissen Raffinesse bestückt, erzeugt schnell die ersten Erfolge und scheint ohne Makel über die Ziellinie zu flutschen. Nur Marcus Hamilton (Jeff Bridges) als alternder Ranger und die menschliche Fehlbarkeit können den beiden noch einen Strich durch die Rechnung machen…
Öde war gestern
Boom! So schnell lässt sich der „düstere, öde und abgelutschte Bazar namens Kinosommer 2016“ (Zitat: Simon Albert Keller) aufwerten! Aus dem Nichts werden wir mit staubiger Intensität bespuckt und finden uns lächelnd in einem Film wieder, welcher leider geil ist. Diese eindringliche Geschichte mit viel Augenmerk für die zwischenmenschlichen Beziehungen und das Entfalten der vielschichtigen Charakter, begeistert gänzlich. Und als Kirsche hätten wir da ja noch den Dude, Jeff Bridges. In eigentlich unnachahmlicher Marlon-Brando-Manier (als alter Pate) schleppt er sich mit dem Kinn nach vorne geschoben durch die Geschichte inklusive losem Mundwerk, maximaler Präsenz und wunderbar ironisch-rassistischem Humor. Gross!
Schwächen, die sich nicht rächen
Bei grosser Begeisterung liegt es in der menschlichen Natur, gewisse Schwächen zu suchen, denn wir haben ja von Mutti gelernt, dass alles und jeder Stärken UND Schwächen hat. In diesem Fall ist die zwar angedeutete, jedoch nicht ausgiebig erklärte Gesellschaftskritik zu nennen. Der Streifen zeigt immer wieder vorwurfsvoll auf Werbetafeln, auf welchen beispielsweise Kredite förmlich nachgeworfen werden. Oder erzählt der Partner von Marcus (Jeff Bridges) von seiner indianischen Abstammung und in diesem Zusammenhang von der blutigen Tragödie der Amerikanischen Geschichte. Themen, welche sehr wohl mehr Beachtung verdient hätten. Trotzdem: Alles in allem ist es ein orgasmisches Filmvergnügen! Geht also ins Kino, liebe Kinder, und lasst euch genüsslich die Pistole der einnehmenden Filmkunst an die Schläfe halten, ihr werdet es nicht bereuen!
Kinostart: 3. November / Regie: David Mackenzie / Mit: Katy Mixon, Jeff Bridges, Ben Foster, Chris Pine
Trailer- und Bildquelle: Ascot Elite
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