Vier Teenager und ein verfressener sprechender Hund lösen paranormale Rätsel: Das ist das simple Erfolgsrezept hinter «Scooby-Doo», der hauptsächlich animierten Kinderfernseh-Franchise, die im vergangenen Jahr ihr 50-jähriges Jubiläum feierte. In Tony Cervones «Scoob!» wird versucht, das Format an die Geschmäcker einer smartphone- und marvelaffinen Generation anzupassen.
Wer sich ein Bild davon machen will, wie der etwas angestaubte Sechzigerjahre-Charme von «Scooby-Doo» auch im Jahr 2020 noch ziehen könnte, wird im Prolog von «Scoob!» fündig. Hier, unter den Palmen von Venice Beach, trifft der einsame kleine Sandwich-Enthusiast Shaggy (gesprochen von Iain Armitage) einen streunenden Hund (Frank Welker), den er sofort ins Herz schliesst und Scooby tauft. Wenig später vergrössert sich die Freundesgruppe, als Shaggy und Scooby an Halloween zusammen mit Velma (Ariana Greenblatt), Fred (Pierce Gagnon) und Daphne (Mckenna Grace) ein angebliches Geisterhaus unter die Lupe nehmen.
Ja, diese Szenen beinhalten unmotivierte Anspielungen auf Ruth Bader Ginsburg und allerlei Popkultur-Produkte von Warner Bros., dem Studio hinter «Scoob!». Aber sie zeichnen sich durch farbenfrohe Animation und expressive Hintergründe sowie einen sympathischen Tonfall aus, dem eine gesunde Balance zwischen Nostalgie und augenzwinkernder Verballhornung des klassischen Scooby-Schemas gelingt.
Doch Tony Cervones Franchisen-Reboot ist leider kein Film, bei dem Konsistenz gross geschrieben wird. Nach einer wunderbaren 3-D-Neuinterpretation des klassischen Serienvorspanns von «Scooby-Doo, Where Are You?» (1969–1970) trifft das Publikum Shaggy (nun gesprochen von Will Forte), Velma (Gina Rodriguez), Fred (Zac Efron) und Daphne (Amanda Seyfried) als junge Erwachsene wieder, die sich als Jungunternehmer*innen versuchen: Als professionelle Mysterienlöser*innen wollen sie den berüchtigten Talentshow-Richter Simon Cowell als Investor gewinnen. Dieser identifiziert jedoch den tollpatschigen Shaggy und den faulen Scooby als Klötze am Bein der aufstrebenden Firma. So kommt es, dass Shaggy und Scooby ihren eigenen Weg gehen und vom Superhelden Blue Falcon (Mark Wahlberg) und seinem Roboterhund Dynomutt (Ken Jeong) aufgelesen werden, um den bösen Dick Dastardly (Jason Isaacs) daran zu hindern, ein Tor zur Hölle zu öffnen.
«Während ‹Scoob!› sich in seinen ersten zehn Minuten ziemlich erfolgreich als eine Adaption verdingt, die sich mit den Eigenheiten des Quellenmaterials auseinandersetzt, bedient der Rest austauschbare Kinderfilmelemente, die wenig bis gar nichts mit dem zu tun haben, was ‹Scooby-Doo› zu einem Klassiker des Samstagmorgen-Cartoons gemacht hat.»
Mit anderen Worten: Während «Scoob!» sich in seinen ersten zehn Minuten ziemlich erfolgreich als eine Adaption verdingt, die sich mit den Eigenheiten des Quellenmaterials auseinandersetzt, bedient der Rest austauschbare Kinderfilmelemente, die wenig bis gar nichts mit dem zu tun haben, was «Scooby-Doo» zu einem Klassiker des Samstagmorgen-Cartoons gemacht hat. An die Stelle von kinderfreundlichem Spuk und liebenswerten Figuren mit sichtbaren Eigenschaften und Marotten treten ein generischer «Avengers»-Plot, halbgare Cameos – ist Simon Cowell dem Zielpublikum überhaupt ein Begriff? – und weitestgehend willkürliche Popkultur-Referenzen, von Dabs und Hitsongs bis hin zu bezugslosen Dialogzeilen wie «Toxic masculinity?». Weit über das Credo «Wenn man es erkennt, ist es lustig» scheint das Humorverständnis der sage und schreibe vier Drehbuchautoren nicht hinauszugehen.
«Kinder unter zehn Jahren dürften sich von ‹Scoob!› dennoch angemessen unterhalten fühlen. Dafür bietet das Ganze mehr als genug Explosionen, hektische Verfolgungsjagden und Slapstick-Momente, die hin und wieder sogar kreativ inszeniert sind.»
Kinder unter zehn Jahren dürften sich von «Scoob!» dennoch angemessen unterhalten fühlen. Dafür bietet das Ganze mehr als genug Explosionen, hektische Verfolgungsjagden und Slapstick-Momente, die hin und wieder sogar kreativ inszeniert sind. Schade nur, dass auf einen scheinbar massgeschneiderten «Scooby-Doo»-Prolog ein Film folgt, in dessen Zentrum letztlich irgendein beliebiges Figurenteam – von «DuckTales» bis «Powerpuff Girls» – stehen könnte.
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Kinostart Deutschschweiz: 9.7.2020
Filmfakten: «Scoob!» / Regie: Tony Cervone / Mit den Stimmen von: Will Forte, Frank Welker, Gina Rodriguez, Zac Efron, Amanda Seyfried, Mark Wahlberg, Jason Isaacs, Ken Jeong, Simon Cowell / USA / 94 Minuten
Bild- und Trailerquelle: “Scooby-Doo” and all related indicia are trademarks and copyright of Hanna-Barbera Productions © 2020 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved
Trotz einiger Lichtblicke bleibt «Scoob!» eine enttäuschend fantasielose Adaption des klassischen «Scooby-Doo»-Formats. Für Kinder dürfte der Film aber wohl genug Unterhaltung bieten.
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