Starke Frauen im Filmgeschäft: Das sind die Lieblings-Filmbranchenakteurinnen der Maximum Cinema Redaktion
Anlässlich des Internationalen Frauentags haben die Redakteurinnen und Redakteure ihre liebsten Filmbranchenakteurinnen gewählt. Hier sind unsere starken Frauen im Filmgeschäft:
Maggie Smith
Frauen über 30 sind in der Filmbranche völlig untervertreten? Es wird Zeit für mehr starke Frauenfiguren in Filmen? Ja und ja! Über den langsamen Wandel sollte man sich beklagen. Man kann aber auch einfach schon mal ein paar Maggie-Smith-Filme schauen. Im Lauf ihrer Karriere hat sie eine Menge starke, witzige, eigenwillige, strenge und nicht zuletzt auch böse Figuren verkörpert. Ursprünglich vom Theater kommend, spielte sie in vielen Theater- und Literaturverfilmungen mit («Othello», «A Room with a View»), aber ebenso in Hollywood-Streifen («California Suite», «Sister-Act»). Zu Recht gewann sie so gut wie jede Auszeichnung, die es zu gewinnen gibt (bspw. einen Oscar für «The Prime of Jean Brodie»). Als Minerva McGonagall eroberte sie die Herzen der Harry-Potter-Fans und mit ihrer Performance als Dowager Countess in «Downton Abbey» hat sie endgültig klar gemacht, dass auch Frauen über 80 auf die Leinwand gehören. / Karla Koller
Sofia Coppola
Seien es Musikvideos (z.B. White Stripes «I Just Don`t Know What to Do With Myself«) oder Literaturverfilmungen («The Virgin Suicides»), Sofia Coppola ist eine Filmemacherin, die die Notwendigkeit eines weiblichen Perspektivenwechsels in der bisherigen Filmlandschaft nicht nur in ihren meisterhaften Werken gekonnt in Szene zu setzen weiss, sondern auch den Anstoss des Wandels in der realen Branche erfolgreich angeht. So beweist sie nicht zuletzt mit ihrem neuesten Werk «The Beguiled», dass es sich lohnt, die weibliche Sicht in den Fokus zu stellen, und starke, intelligente Protagonistinnen auch eine bekannte Geschichte neu erfinden können. Nicht unverdient gewann sie jüngst hierfür beim Cannes Film Festival in der Kategorie „Beste Regie“. Damit ist sie die zweite Gewinnerin in dieser Sparte seit Beginn dieses internationalen Filmfestivals. Und ganz ehrlich: Wer Bill Murray in einen japanischen Whiskey-Werbespot steckt, verdient einfach unsere Hochachtung. / Delfina Thon
Anna Magnani
Immer wenn ich an Anna Magnani (* 7. März 1908 ; † 26. September 1973) denke, kommt mir der Film «Mamma Roma» von Pier Paolo Pasolini in den Sinn, in welchem Magnani sich für ihren Sohn Ettore aufopfert, um ihm ein Leben in Rom in einem guten Viertel zu verschaffen. Selten habe ich auf der Leinwand eine solche Power-Frau kennengelernt, bei welcher alle anderen Darsteller auf der Leinwand verblassen. Ihre Hingabe, ihre Kraft, ihre Authentizität und ihr Ausdruck an Gefühl, ist in diesem Film so komplex wie meisterhaft schön. Sie war in jeder Sekunde eine Wucht! Anna Magnani verkörpert wie keine andere Schauspielerin die Seele und das Lebensgefühl Italiens. Fern von Glamour spielt sie einfache Frauen aus dem Volk, die um ihre Liebe, ihr Glück und ihre Kinder leidenschaftlich kämpfen und auch scheitern. Im echten Leben wie auf der Leinwand war sie eine sehr starke Frau und gewann 1955 als erste Italienerin den Oscar als beste Hauptdarstellerin im Film «The Rose Tattoo». Sie war eine Frau ausserhalb jeder Konvention, direkt und impulsiv. Und zeigte ihre Leidenschaft in Filmen grossartiger Regisseure wie Fellini, Rosselini, De Sica oder Visconti. Bei ihrer Trauerfeier 1973 sollen mehr als 100’000 Menschen ihrem Sarg gefolgt sein. Lang lebe Anna! / Simon A. Keller
Elliot Page
Mit ihrer Rolle als schwangerer Teenager in «Juno» gelang der Kanadierin Ellen Page 2007 der internationale Durchbruch. Mittlerweile kann sie eine beeindruckende Filmografie aufweisen. Sowohl in Arthouse und Indie-Produktionen («To Rome with Love», «Whip It»), als auch Blockbustern («X-Men: Days of Future Past», «Inception»), hat Page ihr Schauspieltalent unter Beweis gestellt. Nichtsdestotrotz, kämpft sie wie so viele mit der Geschlechterungleichheit und Diskriminierung im Hollywood-Geschäft. 2014 outete sie sich als homosexuell anlässlich der Human Rights Campaign in Las Vegas und sorgte damit für viel Furore, was Hollywoods Diskriminierungsproblem nur noch mehr unterstreicht. Seither steht Ellen Page offen für Gay Rights ein, was sich nicht zuletzt in ihrer Rollenwahl widerspiegelt (zum Beispiel in «Freeheld»). Seit anfangs Jahr (2018) ist sie mit der Tänzerin Emma Portner verheiratet. Congrats und bitte weiter so! Nachtrag am 8. März 2021: Letztes Jahr hat der Schauspieler sein Name auf Elliot geändert, sich getrennt und sich als Transgender geoutet / Aline Schlunegger
Reese Witherspoon
Berühmt geworden als zwar gute Schauspielerin in aber eher mauen Filmen aus den frühen 00er-Jahren wie «Cruel Intentions», «Pleasantville», oder «Legally Blonde» gilt Reese Witherspoon (41) als eine der bestbezahlten Schauspielerinnen Hollywoods. In Filmrollen wie jene der June Carter Cash in «Walk the Line» oder der Cheryl Strayed in «Wild» bewies sie dann aber, dass sie auch ein Gespür für gute Rollen in guten Filmen haben kann. Viel spannender als ihre Schauspielkarriere ist denn aber auch ihre Rolle als Produzentin: Für die HBO-Erfolgsserie «Big Little Lies» ist sie sowohl Mitglied des Schauspielcasts als auch als Produzentin involviert und hat kürzlich eine zweite Staffel (diesmal mit Meryl Streep) angekündigt (Yaaayy!!). Sie war Co-Produzentin von «Gone Girl» und «Wild» und hat es sich zur Aufgabe gemacht, starke Geschichten zu unterstützen, die von Frauen geschrieben, gespielt und/oder gemacht werden. Und sie ist eine der führenden Köpfe des «Time’s Up Movements» welches sich für Gleichberechtigung und gegen sexuelle Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz einsetzt. Man darf also gespannt sein, was für Filme (und Serien) mit ihrer Unterstützung noch produziert werden. / Corinna Haag
Ava DuVernay
Wer darüber nachdenkt, wo Hollywoods Zukunft liegt, wird unweigerlich bei der Regisseurin, Drehbuchautorin und Produzentin Ava DuVernay landen. Nach einer Handvoll kritischer Erfolge – darunter die Spielfilme «I Will Follow» (2010), «Middle of Nowhere» (2012) und «Selma» (2014), die Dokumentation «13th» (2016) und die TV-Serie «Queen Sugar» – zählt die 45-jährige Kalifornierin bereits zu den einflussreichsten Frauen im US-Filmgeschäft. Diesen Ruf wird sie diesen Frühling aller Wahrscheinlichkeit nach zementieren, wenn ihre erste Big-Budget-Regiearbeit, der Disney-Fantasyfilm «A Wrinkle in Time», in die internationalen Kinos kommt. DuVernay arbeitet an der Schnittstelle von Independent- und Studioproduktionen und steht mit ihrem sozialpolitischen Engagement für eine neue, progressivere Hollywood-Generation. Es lohnt sich, den Fortgang ihrer Karriere ganz genau zu verfolgen. / Alan Mattli
Rachel Bloom
Keine Scheu vor Authentizität und Verwundbarkeit, bissiger Humor und Sprachwitz, und obendrauf eine tolle Stimme gepaart mit viel Selbstironie: Das ist Rachel Bloom, die Schöpferin und Hauptdarstellerin der viel gelobten (wenn auch beim Publikum aus unerfindlichen Gründen nicht äusserst erfolgreichen) The CW-Serie «Crazy Ex-Girlfriend». Bloom und ihre Protagonistin Rebecca Bunch geben keineswegs das Bild der perfekten, erfolgreichen und gleichzeitig stets glücklichen Frau wieder – sie kämpfen mit ihren Dämonen, und das tun sie mit Trotz, tanzend und singend. Selbstreflexiv, wahnsinnig (auch im wörtlichen Sinne) witzig und dabei immer auch tiefgründig und scharfsinnig. / Laura Walde
Rashida Jones
Rashida Jones ist eher dem Fernseh- als dem Grossleinwandpublikum bekannt: Unter anderem wirkte Sie in international bekannten Comedyserien im Mockumentary-Stil wie «Parks and Recreation», «The Office» oder in ihrer aktuellen Leadrolle als Angie Tribeca in der gleichnamigen Serie mit. In der Filmindustrie hat Sie aber vielmehr Abseits der Filmkamera einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. 2015 produzierte sie die auf Netflix erschienene Dokumentation «Hot Girls Wanted». Das Format begleitete knapp volljährige Amateur-Darstellerinnen während ihrem Einstieg in die Pornobranche. Obwohl nicht gänzlich frei von Kritik, bewies Jones durch die Authentizität des Werkes ein Auge für ein bedeutsames Thema und löste damit die überfällige Diskussion um die Neudefinierung der Frauenrolle in der Pornoindustrie aus. Jones trug auch einen Text zur Publikation «Courage Is Contagious» bei, ein Essayband über das Wirken der ehemaligen First Lady Michelle Obama. Zusammen mit 300 weiteren Beteiligten im Dunstkreis der Filmindustrie unterschrieb und veröffentlichte und lancierte Rashida Jones die «Time’s Up»-Initiative, die sich vehement gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz (explizit über die Filmindustrie hinaus) einsetzt. Jones steht für das neue Hollywood nach der Weinstein-Katharsis: Weiblich, offen, interkulturell und entschieden, bestehende Machtstrukturen in Hollywood anhaltend zu verändern. / Max Wild
Shonda Rhimes
Serien wie «Grey’s Anatomy», «Scandal» und «How to Get Away with Murder» gehen auf ihre Kappe: Creator, Showrunner, Drehbuchautorin und Über-Produzentin Shonda Rhimes. Keine andere Person kann von sich behaupten, dass ein TV-Sender einen ganzen Abend ihren Serien widmet, was ABC die vergangenen vier Jahre unter dem Slogan «TGIT» («Thank God It’s Thursday») getan hat. Die drei obigen soapigen Dramaserien werden alle von «Shondaland», ihrer Produktionsfirma, produziert. Seit 15 Jahren bei ABC unter Vertrag, hat sie kürzlich den Wechsel zu Netflix angekündigt, wodurch sie – unschwer vorherzusagen – ihr Profil weiter ausbauen kann. Da sie als afroamerikanische Frau ganz nebenbei noch die Karrieren von Ellen Pompeo, Kerry Washington und Viola Davis massgeblich geprägt und an die Spitze der Filmbranche gebracht hat, macht sie unweigerlich zu einer der beeindruckendsten Figuren im heutigen TV- und Filmgeschäft. / Aurel Graf
Alicia Vikander
Spätestens seit ihrer beeindruckenden Performance als Roboterfrau ‚Ava‘ im Film «Ex Machina» bin ich ein grosser Fan der schwedischen Schauspielerin. Nur etwa ein Jahr nach ihrem Erfolg im Science- Fiction-Thriller wird Alicia Vikander für ihre herausragende Leistung im Drama «The Danish Girl» belohnt und erhält den Oscar als beste Nebendarstellerin. Darüber hinaus hat Alicia Vikander eine eigene Produktionsfirma namens «Vikarious» gegründet, welche unter anderem das Ziel verfolgt, Frauen in der Leitung von Filmproduktionen zu fördern. Bravo! / Lars Scheuner
Lena Waithe
Fürs Drehbuch zu einer der besten Episoden der zweiten Staffel von «Master of None» über das Coming Out ihrer Figur Denise gewann Lena Waithe als erste schwarze Frau den Emmy für Comedy Writing. Und mit «The Chi» hat sie nun ihre eigene Fernsehserie, und ihr nächstes Projekt «Twenties» ist bereits in der Pipeline. Die Geschichten aus der Feder der Autorin und Schauspielerin sind oft autobiographisch angehaucht, ohne sentimental zu werden, witzig ohne ulkig zu wirken, und smart ohne den Zeigefinger zu heben. Diese queere, schwarze Stimme ist genau das, was wir in Zukunft in TV und Film noch so viel öfters zu hören und sehen bekommen wollen. / Sabine von Rütte
Margot Robbie
Die noch sehr junge australische Schauspielerin wurde diesen Winter für ihre Verkörperung von Tonya Harding in «I, Tonya» für einen Oscar nominiert, den dann Mitstreiterin Frances MacDormand gewann (zurecht – ihre Schauspielleistung in «Three Billboards Outside Ebbing, Missouri» ist ultra tough, so wie sie selbst). Bekannt wurde Margot in Scorseses «The Wolf of Wall Street», in dem sie DiCaprios Frau spielt. Eine stigmatisierende Rolle, in der die Blondine als in Unterwäsche mit Geldbündeln bepackte Liebhaberin hauptsächlich als Augenschmaus des Milliardärs fungiert und dem „male gaze“ komplett ausgesetzt ist. Dass Margot mehr im Köpfchen hat, beweist sie mit «I, Tonya». Hier spielt sie nicht nur herausragend die Titelheldin ohne Angst vor optischem Downgrading, sondern co-produzierte den Streifen mit ihrem Ehemann. Im Jahr 2014 gründeten die beiden zusammen mit Freunden ihre eigene Production Company namens LuckyChap Entertainment und produziert seitdem eigene Filme. Ihr Ziel ist es, zusammen mit anderen Frauen Filme zu machen und junge weibliche Talente zu fördern. Margot gehört laut dem Times Magazine zu den 100 einflussreichsten Personen des Jahres 2017 und steht auf der ’30 under thirty most influential Hollywood and Entertainment‘-Liste von Forbes. Von der hübschen Schauspielerin zur Filmbiz-Unternehmerin, die die Fäden gerne selbst in die Hand nimmt – man darf gespannt auf weiteres von Margot Robbie sein. / Lola Funk
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Titelbild ist ein Fotogramm aus dem Jahre 1945 von Anna Magnani zum Film „Roma, città aperta“ (fotogramma). Quelle: Wiki Commons
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